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NASAN TUR RICHTET BEI BLAIN|SOUTHERN BERLIN EINE LIVE-DRUCKWERKSTATT EIN

Für FUNKTIONIEREN, seine neueste Ausstellung bei Blain|Southern, verwandelt der in Berlin lebende Künstler Nasan Tur vom 26. November 2016 bis 28. Januar 2017 das Erdgeschoss des 40 Meter langen Galerieraums in eine Druckwerkstatt.

In der Ausstellung wird der Konzeptkünstler vor Ort arbeiten und jede einzelne Phase der Herstellung eines Kunstwerks transparent machen. Unterstützt von einem Team von Assistenten schnitzt der Künstler Statements und Slogans in Holzblöcke, die anschließend für die Anfertigung verschiedener Drucke benutzt werden. Die so entstehenden Drucke werden als Teil der Installation gehängt, sodass sich der Raum während der Laufzeit mehr und mehr füllt. Die Holzblöcke, die Drucke und das Atelier, in dem diese entstehen, werden zu individuellen Kunstwerken als Teil dieser selbstreferentiellen Ausstellung.

Die Installation beinhaltet Tische, Regale, Schnitzwerkzeuge, Computerausrüstung, Druckutensilien und Gestelle zum Trocknen der Drucke. Mit den durch die Holzschnitt-Technik ermöglichten endlosen Reproduktionen wird eine ganze Sammlung von Drucken mit Turs polemischen Aphorismen und philosophischen Statements entstehen, wie „KNOWLEDGE IS DANGEROUS“ und „CONTROL IS NECESSARY“.

Tur spielt in seiner Arbeit auf die Geschichte des Galeriegebäudes an, in der früher die Druckerei der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel untergebracht war. Durch diesen Bezugspunkt zur schnellen, heute trotzdem schon veralteten, Medienproduktion und den Kontrast zum Holzschnitt, der ältesten und langsamsten Drucktechnik, stellt der Künstler die zunehmende Mühelosigkeit der Informationsverbreitung heraus. Dabei liegt sein Fokus auf den sozialen und politischen Auswirkungen im digitalen Zeitalter, in dem die öffentliche Meinung mit einem Klick beeinflusst werden kann.

Im Obergeschoss der Galerie werden zwei Serien gezeigt, die in Bezug zueinander stehen und in denen Tur die Thematik ausweitet. Präsentiert werden fotografische Panoramaaufnahmen von Meereslandschaften. Diese scheinbar erhabenen Meerespanoramen sind tatsächlich bearbeitete Pressebilder der Flüchtlingskrise, von denen jeglicher Hinweis auf menschliche Anwesenheit, wie Flüchtlinge oder sinkende Boote, entfernt wurde. Sie zeigen auf, dass es unmöglich ist, diese Krise zu ignorieren oder zu vergessen.

Tur beschreibt die Meere als Friedhöfe und als solche umgibt er die Meerespanoramen mit kleinen Aquarellen, die wie Grabsteine den Toten gedenken. Um der Marginalisierung der Zahl der Toten in der täglichen Berichterstattung entgegenzuwirken, begann der Künstler die Zahl der gemeldeten Todesfälle zu malen, zusammen mit Datum und Ort eines jeden Ereignisses. Mit den sorgfältig gemalten Zahlen hält der Künstler die Erinnerung an die Geschehnisse wach und thematisiert die Unmöglichkeit, einen solchen Schmerz messen zu wollen.

In seiner Einzelausstellung Running Blind, die vom 15. November 2016 bis 5. Februar 2017 im Kunst Haus Wien gezeigt wird, behandelt Tur ähnliche Themen.