press release only in german

Mit der Ausstellung „natura forte“ unternimmt die Galerie Gölles in Fürstenfeld einen Blick auf ein Thema, das die Kunst seit Jahrhunderten beschäftigt. Die Wahrnehmung der Natur und die Darstellung unterschiedlicher Phänomene in diesem Kontext werden exemplarisch anhand einiger markanter Positionen österreichischer Gegenwartskunst beleuchtet. Herbert Brandl, Alois Mosbacher, Franziska & Lois Weinberger sowie Alfred Resch widmen sich in ihrer künstlerischen Praxis intensiv der Auseinandersetzung mit einer Ästhetik der Natur. Dabei werden klassische Fragen virulent wie: Ist die Natur ein Vorbild oder ist sie ein Nachbild der Kunst? Letztlich ist seit dem Auftritt der neuzeitlichen Wissenschaft keine einheitliche Natur mehr da, die zum Ausgangspunkt einer geschlossenen Theorie des Daseins in und mit Natur werden könnte. Von der Physik über die Bio- und Geowissenschaften, den medizinischen oder psychologischen Therapieansätzen, bis zur Natur des privaten Nutzgartens und den Erscheinungen ästhetischer Landschaftsvorstellungen, gibt es jeweils divergierende Methoden. Bspw. eine Landschaft kann im romantischen Sinn in der bildenden Kunst abgebildet sein – egal in welchem Medium, sie kann vermessen werden und in Kartenwerken aufgezeichnet werden, oder sie kann im ökonomischen Sinn auf ihre Nutzfähigkeit innerhalb der Agrikultur bzw. der Rohstoffproduktion untersucht und genutzt werden.

Das menschliche Gefallen an der Natur schließt hier gleichsam an. Drei Grundmodelle bieten sich dabei an: Die Natur als Ort der beglückenden Distanz zum täglichen Handeln. Die Natur als Ort des anschaulichen Gelingens menschlicher Praxis. Die Natur als bildnerischer Spiegel der menschlichen Welt. Kontemplation, Korrespondenz und Imagination könnte man zusammengefasst sagen. Das Problem beginnt dort, wo eine Überlegenheit des einen gegenüber dem anderen beansprucht wird. Die Ökologiebewegung setzt in diesem Spannungsverhältnis an und versucht einen Ausgleich zu schaffen.

Für die künstlerischen Positionen der Ausstellung „natura forte“ gibt es hier zahlreiche Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten zur Detailforschung. So bemühen sich Franziska & Lois Weinberger mit den Funktionsweisen sowohl der Natur, als auch des darin handelnden Menschen umzugehen. Das betrifft einerseits die Formen der Selbstordnung der Natur, aber auch die Einflussnahmen des Menschen auf die Vorgänge in ihr. Zusätzlich bringen sie – speziell in Arbeiten wie „Home Voodoo“ – eine tief verankerte Spiritualität ins Geschehen. Rituelle Handlungen, wie Räuchern, die Nutzung körperwirksamer Gewächse, wurden dabei genauso untersucht, wie der Verlauf von Wegen der Holzwürmer, deren Linienführung Ausgangspunkt zur ästhetischen Gestaltung dienen.

Herbert Brandl bedient sich, wie Alfred Resch und Alois Mosbacher, eines der klassischsten Medien – der Malerei. In seinen als Naturabstraktionen anzusprechenden Bildern oszilliert Brandl zwischen Sichtbarem und Empfundenem hin und her – auf der Flucht vor Romantizismen. Seine Malerei ist in dem Bereich angesiedelt, in den konventionelle Sehgewohnheiten nicht mehr hinreichen, aber das visuelle Erlebnis noch existent bleibt. Das eminent malerische Problem steht hier vor der inhaltlichen Fragestellung. Vereinfacht ausgedrückt ist hier die Frage inkludiert, inwieweit die ästhetische Darstellung der Natur erst diese konstruiert.

Bei Alfred Resch begegnet man auch dem Phänomen der Naturabstraktion. Er verfolgt dabei einen konzeptuellen Ansatz im Formalen, indem er vorgefundene Bilder abmalt und sie ineinander zu einem einzigen Motiv verschneidet. In seiner Vorgangsweise der Mehrschichtigkeit von Bildebenen erzielt er gleichzeitig einen poetischen, wie auch einen technoiden Charakter. So wird auch in einem anderen Fall die Akkumulierung von unterschiedlichen grünen und gelblichen Linien in der Imagination des Betrachters sofort zu einem Ausschnitt einer Wiese –womit auch die Frage nach der grundsätzlichen Möglichkeit von abstrakter Kunst aufgeworfen wird.

Alois Mosbacher stellt den Menschen ins Zentrum seiner Überlegungen. Für ihn ist die Natur gleichsam der Handlungsraum des Menschen, womit er sich in grundsätzlicher Weise mit Franziska & Lois Weinberger trifft, jedoch an der Weggabelung in eine andere Richtung abbiegt. Allerlei eigenartige Performances vollführt der Mensch in seinem Lebensraum, der oft auch als Rückzugsgebiet begriffen wird. Von herkömmlicher sportlicher Betätigung bis zum tragischen Gewaltverbrechen im tiefen, dunklen Wald – einer in gleichem Maße mythischen, wie kinematografischen Idee folgend – veranstaltet der Mensch absurd anmutende Ereignisse in der Natur. Die Wildnis suchend, nach der Idylle strebend, scheitert der Mensch oft letztlich an seiner eigenen Grausamkeit und Lächerlichkeit. Die Kulte, die wir in anderen eingeborenen oder vergangenen Kulturen suchen, pervertieren sich in Mosbachers Bildern und lassen die Szenarien unheimlich erscheinen. Isoliert betrachtet wirkt sogar der speziell gekleidete und ausgerüstete Spaziergänger zu einem Fremden im eigenen Lebensraum.

Egal, ob man diese performative Ebene bedient oder die Naturabstraktion in der Malerei betrachtet, ist unsere Tradition in puncto Natur bzw. Landschaft das Produkt einer gemeinsamen Kultur. Sie ist ebenso sehr eine Geschichte von reichen Sedimenten von Mythen, Erinnerungen und Obsessionen und dem verzweifeltem Kampf dagegen.

Günther Holler-Schuster