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Zehn Jahre nach der Wende wird vielerorts Bilanz gezogen. Die Galerie für Zeitgenössische Kunst schaltet sich aktiv in diese Bestandsaufnahme ein. Unter dem ebenso nachdenklichen wie ironischen Titel „Neues Leben“ lädt sie acht sächsische und internationale Künstler/-teams nach Leipzig ein, um Kunst-projekte für den Stadtraum zu entwickeln. Die Orte für ihre Arbeiten bestimmen die Künstler selbst und eröffnen damit neue und erfrischende Sichtweisen auf die Topographie der Stadt.

Dabei kann und soll es durchaus geschehen, dass Betrachter abseits von den Pfaden des Tourismus in der „Heldenstadt“ auf weniger prominente Schnittstellen zwischen Vergangenheit und Gegenwart treffen. Mit verschiedensten Medien – Performance, Videoprojektion, Fotografie, Skulptur – greifen die Künstler in das Geschehen ein und sensibilisieren neu für die Veränderungen der letzten Dekade und für Symptome des „Neuen Lebens“ heute. Unscheinbare Plätze treten ans Licht, öffentliche Einrichtungen werden zu Kunstorten. Dafür sorgen Schrat & Reinigungsgesell-schaft im hiesigen Arbeitsamt und Hinrich Sachs & Asier Perez Gonzalez mit einem Volksfest plus EXPO-Lotterie. Das Charakter-istische ist: hier werden Menschen einbezogen, die nicht allzu-viel mit Kunst zu tun haben – Arbeitssuchende, Beamte, Passanten und andere Neugierige. Tiong Ang aus Holland beschäftigt sich genauer mit einem ambivalenten Symbol des Leipziger Herbstes ‘89; er plant Remakes von Schlüsselszenen des Films „Nikolai-kirche“ sowie eine neue Schlussversion, die in der Gegenwart spielt. Das geschieht in Zusammenarbeit mit der Leipziger Theatergruppe LOFFT und dem Schriftsteller Josef Haslinger. Diese Art Kunst spielt sich nicht im luftleeren Raum ab, sondern trifft uns an einem persönlichen Nerv. Manche Äußer-ungen sind ganz lapidar und alle kommen sie ohne erhobenen Zeigefinger aus. Im Stadtraum gibt es zahllose Herausforder-ungen: bizarre Zusammenstöße planerischer Konzepte aus Vor- und Nachwendezeiten, Relikte, Visionen. Dabei soll keineswegs einmal mehr harmlose „Kunst am Bau“ in den „öffentlichen Raum“ implantiert werden.

Eva Hertzsch & Adam Page werden auf eine verlassene Bebauungs-lücke am Wilhelm-Leuschner-Platz reagieren und sie als temporären Event-Schauplatz anbieten. Erik Göngrich, wach für Verlassenes und Unsichtbares inmitten unvermindert boomender Bautätigkeit, entdeckte auf seinen Streifzügen durch die Stadt das Zentralstadion für sich. Er wird Relikte daraus an uner-warteten Orten inszenieren. Andree Korpys & Markus Löffler werden für ihren Film über den BDI-Präsidenten Hans Olaf Henkel eine Premiere und Präsentations-Events organisieren. Christian Jankowski sucht noch nach einheimischen Partnern für eine sich vor Ort entwickelnde Interaktion. Auch er bevorzugt eher das zwischenmenschliche Experiment und bindet sich dabei nicht an ein festes Medium. Schliesslich und getreu seiner Auffassung, dass Kunst auch zu erfreuen habe, wird der Schotte Ross Sinclair eine Brandmauer bemalen lassen: monumental und weit über das Neue Leben hinausragend. Die Besucher sind zur aktiven Teilnahme aufgefordert und erschliessen sich mit den einzelnen Stationen sowohl die Stadt selbst als auch die eigene Position zur jüngsten Geschichte: Involviertsein und Distanz. Das zeigt sich besonders in einem Projekt wie „PLAY-RECORD“ von Anne König, das die Betrachter zu Archivaren akustischer Stadtlandschaft ernennt. Die Galerie für Zeitgenössische Kunst fungiert als Schaltstelle und Ausgangsort für die Projekte. Hier werden neben Führungen und einer Karte zum Erschliessen des Neuen Lebens auch Veranstaltungen und Installationen des Rahmenprogramms angeboten. Als Begleitmedium erscheint alle vier Wochen eine „Zeitung zum Projekt“. „Neues Leben #1“ stellte die Künstler, ihre Ideen und bisherigen Werke in anregender Weise vor. Die Ausgaben #2 und #3 verfolgen den Entstehungsprozess der einzelnen Beiträge. Die Ausgaben #2 und #3 verfolgen die Entstehungsphasen der einzelnen Beiträge, während die #4 die Resultate des Prozesses beleuchtet.

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neues leben - Projekte im öffentlichen Raum im Rahmen der Expo2000 - Wendepunkt Leipzig
Kuratoren: Klaus Werner, Raphaele Jeune

KünstlerInnen: Tiong Ang, Erik Göngrich, Asier Perez Gonzalez & Hinrich Sachs, Eva Hertzsch & Adam Page, Korpys / Löffler, Henrik Schrat & Reinigungsgesellschaft , Ross Sinclair, Christian Jankowski