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Never Memorize Poems in Landscape Leeway
mit Arbeiten von Discoteca Flaming Star, Constanze Fischbeck und Abraham Oghobase

Eröffnung: Freitag 7. Dezember, 19 Uhr Begrüßung und Einführung: Veronika Witte

Ausstellung: 8. Dezember 2018 - 12. Januar 2019, Di-Sa 13-19 Uhr

Die Künstler*innen des deutsch-nigerianischen Projektes hinterfragen wechselseitige Strategien kollektiver Erinnerungsprozesse in zwei sehr unterschiedlichen Regionen und Kontinenten. Ihr künstlerisches Interesse gilt den Zusammenhängen zwischen devastierten Landschaften, dem Aufstellen von Denkmälern („usable past“) und Formen des kollektiven Gedächtnisses in zwei Bergbauregionen. In der Lausitz wurde der schrittweise Ausstieg aus der Braunkohleförderung 2017 beschlossen und begonnen. Enugu im Südosten Nigerias verliert seit 15 Jahren immer mehr an energiepolitischer und industrieller Bedeutung. Ihres wirtschaftlichen Nutzens und ihrer Funktion enthoben, bleiben die ehemaligen Bergbauregionen als „Landschaften“ zurück und verändern sich – hier wie dort. Die möglichen Transformationen beider Orte – hin zu einer gestalteten Kulturlandschaft oder einer Wiederaneignung durch eine wild wuchernde Natur – stehen zur Disposition. Zwischen Landschaft und Wandel besteht ein untrennbarer Zusammenhang.

Die Ausstellung zeigt die individuellen Zugänge und verschiedenen Strategien von drei Künstlerpositionen aus Lagos und Berlin und deren Beziehung zum Wandel der Landschaft, den Konstruktionen von Utopien, Erinnerungen und Fiktionen aus Musik und Bild.

Abraham Oghobase aus Lagos stellt beide Gebiete bildlich gegenüber und befragt die Zukunft der sich transformierenden Bergbaufolgelandschaften der Lausitz, die den verlassenen gegenwärtigen Stätten des heutigen Enugu zukünftig gleichen könnten. Seine gewagt romantischen Kombinationen aus großformatigen Fotografien und Holzkohlezeichnungen deuten die Möglichkeit einer Landschaft an, die als frei von Ausbeutung, kultureller Zerstörung oder Verwertung vorstellbar ist.

Constanze Fischbeck versteht den derzeitigen Zustand der beiden Bergbauregionen als „Landschaften auf Zeit“. Diese symbolisieren eine Gegenwart, in der sich Landschaften und Orte schneller verändern, als das menschliche Gedächtnis dies verarbeiten kann.

Musik hingegen speichert Erinnerungen und evoziert Emotionen über verlorengegangene Orte und Menschen. In ihrer Videoinstallation befindet sich der Betrachter zwischen den Landschaften in der Lausitz und Enugu, die von einem gemeinsamen Soundtrack geeint werden.

Discoteca Flaming Star (Cristina Gómez Barrio und Wolfgang Mayer) haben eigens für die Ausstellung ein weiteres Kapitel ihres seit 2003 entstehenden Filmzyklus „Ingrid“ entwickelt, in dem sie ihre Protagonistin durch die ehemalige Minenlandschaft der Lausitz schicken, welche sich im Blick des Betrachters in eine heroische nordamerikanische Landschaft verwandeln könnte. Das Fragment mit dem Titel „Landscape Leeway“ ist Teil einer Horror­komödie, die in der Lausitz beginnt und über versunkene Dorfruinen möglicherweise in Enugu enden wird ...

Wie verändern also Ortstransformationen unsere visuellen und oralen Narrationen – zwischen Dokumentation und Fiktion –, die den Raum eines Ortes konstituieren?

Im räumlichen Dispositiv der drei künstlerischen Ansätze wird die Galerie Nord zum Austragungsort über das komplexe Verhältnis von Natur, Landschaft und Wandel, Übermittlung von kulturellem Erbe und Geschichte sowie geopolitischen Utopien.