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Next Generations. Aktuelle Fotografie made im Rheinland
27.01.2019 - 05.05.2019

Mit Arbeiten von Alexander Basile, Johannes Bendzulla, Mia Boysen, Louisa Clement, Natalie Czech, Owen Gump, Alwin Lay, Peter Miller, Anne Pöhlmann, Johannes Post, Sebastian Riemer, Morgaine Schäfer, Berit Schneidereit, Shigeru Takato, Christoph Westermeier, Anna Vogel, Moritz Wegwerth und Matthias Wollgast

Die Fotografie als wesentliches künstlerisches Ausdrucksmittel unserer Zeit erfährt auf Biennalen und Festivals, in Ausstellungsreihen und auf Symposien mehr denn je eine Befragung und Analyse ihrer momentanen Beschaffenheit. Hintergrund ist ein radikaler Wandel in Produktion, Gebrauchsweisen und Verbreitung des Mediums. Begleitet wird dies durch die stetig wachsende, Schwindel erregende Anzahl neuer Fotografien in der Welt. Massentechnisch produzierte Bilder werden geteilt und kopiert und im Zeitalter der digitalen Revolution als riesiges Bildvolumen immer fluider (derzeit entstehen ca. 260 Millionen neue Bilder pro Tag).

Schon immer gab es gerade im Rheinland eine reiche und intensive Beschäftigung mit dem Medium. Wie reagieren Künstlerinnen, die durch die „Fotografieschulen“ des Rheinlands geprägt sind, auf diese Entwicklungen? Welche Rolle spielen die künstlerischen Errungenschaften ihrer Lehrer für die heutige Bildproduktion? Welche Erkenntnisse hält die Fotografie noch bereit? Diese Fragen stellt sich die aktuelle Ausstellung Next Generations. Aktuelle Fotografie made im Rheinland. Die Ausstellung zeigt Werke von Künstlerinnen, die in den 1970er und 1980er Jahren geboren sind und während ihrer Ausbildung an der Kunstakademie Düsseldorf oder an der Kunsthochschule für Medien in Köln studiert haben. Sie setzt damit den Fokus auf den aktuellen Diskurs zur zeitgenössi-schen Bildproduktion und befragt das Medium Fotografie exemplarisch in achtzehn unterschiedlichen künstlerischen Statements.

Die „Fotografieschulen“ des Rheinlands waren und sind international prägend: Die Auseinandersetzung mit Fotografie als konzeptuelles Medium verbindet sich im Rheinland mit den Namen Bernd und Hilla Becher. Bernd Becher wurde 1976 als Professor für Fotografie an die Kunstakademie Düsseldorf berufen. Damit trat er nicht nur die erste Professur für Fotografie in Deutschland überhaupt an. Er legte vielmehr gemeinsam mit seiner Frau den Grundstein für eine bis heute anhaltende Tradition konzeptueller Fotografie: Die berühmte „Becher-Schule“ entstand. Aus ihr sind bis heute bekannte Künstler*innen wie Andreas Gursky, Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Ruff und Thomas Struth hervorgegangen. Thomas Ruff und Andreas Gursky kehrten als Professoren an die Kunstakademie zurück und führten – wie aktuell Christopher Williams – den Diskurs um das fotografische Medium weiter. Indem sie in ihren künstlerischen Prozessen die Grenzen des Mediums verschoben, erweiterten sie ganz grundlegend die Vorstellung davon, was Fotografie sein kann.

1990 wurde mit der Kunsthochschule für Medien in Köln und dem damals einzigen Diplom-studiengang „Audiovisuelle Medien“ ein völlig neuer, zukunftsweisender Ort künstlerischer Lehre und Praxis für die Fotografie geschaffen. Die Professur für Künstlerische Fotografie an der KHM wurde 1994 mit Jürgen Klauke besetzt. Nach einer Vertretungsprofessur durch Boris Becker leitet Beate Gütschow seit 2011 die Klasse. Das konzeptuelle Arbeiten an der Erweiterung des Fotogra-fischen führte über ein medienreflexives und genreübergreifendes Experimentieren mitunter auch zur völligen Verwerfung der herkömmlichen Fotografie mit all ihren tradierten Zuschreibungen und Bildherstellungstechniken.

Die Künstlerinnen der Ausstellung Next Generations. Aktuelle Fotografie made im Rheinland verschieben die Grenzen jedweder Einordnung. Im Kern einem konzeptuellen Ansatz folgend, wird die Fotografie in den Raum, in das Bewegtbild, die Malerei, die Poesie, die Grafik und Fotografik erweitert: Extended Photography, made im Rheinland. Die hier nachkommenden Generationen von Künstlerinnen wissen um die Flüchtigkeit von Bildern im Netz. Sie reflektieren ihre Überpräsenz in unserer alltäglichen Wahrnehmung ebenso wie die Bedingungen ihrer Konstruktion und Reproduktion als Hybride zwischen analogen und digitalen Herstellungstechniken. Vor der Folie der Fotografiegeschichte verabschieden sie die alte Vorstellung von Fotografie als Abbild der Realität und binden das einst so verlockende Wirklichkeitsversprechen als langsam verhallendes Echo in ihre künstlerischen Arbeiten ein. Sichtbar wird die Differenz zwischen Abbildung und Abgebildeten und damit indirekt auch das Making-Of: die Fotografie als konstruiertes Bild. Warum die Fotografie trotz dieser Einsichten nichts an visueller Überzeugungskraft eingebüßt hat, erzählt die Ausstellung anhand von achtzehn aktuellen künstlerischen Positionen, die das Medium Fotografie für zukünftige Gebrauchsweisen öffnen.

Kuratorinnen der Ausstellung sind Heide Häusler und Stefanie Kreuzer.