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Der erste Blick erschließt viel. In den Künstlerbüchern, die als eigenständige Werkgruppe seit 15 Jahren entstehen, finden die künstlerischen Ideen Nora Schattauers in neuer Form zusammen. In ihren Büchern wird das, was sonst Bild, Zeichnung und Fotografie ist, zu einem vom Betrachter zu steuernden "Ablauf von Bildern in der Zeit". Die Unikat-Bücher erscheinen geöffnet als liegendes Bild, sie zeigen feingliedrige Oberflächen aus gezeichneten Netzen, Farbgittern und Kreismustern. Zartes Silber-Violett und Zwischentöne von verschwommenem Grau-Grün oszillieren wegen der leichten Farb-Unschärfen zwischen nah und fern. Verblüffende Gesetzmässigkeiten von Formen und Strukturen gehen auf den malerischen Einsatz eines ungewöhnlichen Materials zurück, feinstofflich aktive kristalline Salze. Prozesse, Übergänge, Veränderungen haben im Buch, in der Sequenz der Seiten, eine adäquate Form. Schattauers Bücher legen es darauf an, den Blick zu verlangsamen: Kristalline Flüssigkeiten wie Kupfersulfat und Silbernitrat durchdringen in alchimistischer Manier das Papier und entwickeln erst nach dem Malvorgang eine strukturierte Farbigkeit. Da das Bild in das Blatt einsickert, ist es auf der Vorder- und Rückseite zugleich sichtbar: dies ist ein idealer Ausgangspunkt für die zu blätternde Seitenfolge eines Künstlerbuches.

Nora Schattauer nimmt mit ihrer "nicht gemalten" Malerei und ihrer Methode der Blindzeichnung durch Kohlepapier eine singuläre Position ein, die als prozess-orientierte Verfahrensweise sowohl experimentell wie systematisch präzise angelegt ist. Dem Betrachter ihrer experimentellen Arbeiten eröffnet sich eine neue Welt: die einer überraschenden Ästhetik von chemischen Prozessen, von Naturstrukturen und deren Form-Gesetzen.

Was in der Zeichnung unvorgesehen, aber nicht zufällig aus der Rhythmisierung der Linie entsteht, zeigt in den Büchern eine stille Präsenz.

Von der Künstlerin als abgeschlossene Schaffensräume, als gesammelte Zeit begriffen, sind die unikaten Bücher Spiegel der Werk-Entwicklung.

Fotografische Nachforschungen richten sich auf Linien-Phänomene in der Natur und leuchten einen Wahrnehmungs-Raum aus: Wie Wolken, Wasser, Zweige, Gras als Strichfolgen gesehen werden können, wird in einer Serie von Auflagen-Heften exemplarisch ausgebreitet und reflektiert. Die Materialität des Buches, seine Gestaltung und die Sinnlichkeit erzeugen eine eigene Aufmerksamkeit.

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Nora Schattauer
Geöffnet. Künstlerbücher
Ort: Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln