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Ab dem 25. Juni wird in der JULIA STOSCHEK COLLECTION eine Neupräsentation der Sammlung zu sehen sein. Die 44 Werke von insgesamt 35 KünstlerInnen umfassende Ausstellung dokumentiert bisher noch nie gezeigte Arbeiten, Neuerwerbungen der letzten Jahre sowie ortsspezifische, räumliche Interventionen. Für jede Arbeit wurde eine sorgfältig durchdachte Präsentationsarchitektur initiiert. Statt einer thematischen Zusammenstellung verfolgt die Konzeption der Ausstellung verschiedene inhaltliche Stränge und spiegelt aktuelle Themen der zeitgenössischen Kunstproduktion wider. Der Titel „Cities of Gold and Mirrors“ rekurriert nicht nur auf den in der Ausstellung gezeigten Film von Cyprien Gaillard, sondern steht metaphorisch für die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Fragestellungen in Hinblick auf Stadtentwicklung und Urbanismus und der Beziehung des Menschen zur Architektur und zu seinen persönlichen Sehnsüchten und Eitelkeiten.

Im ersten Ausstellungsgeschoss stehen Positionen wie die von Gordon Matta-Clark, Cyprien Gaillard oder Francis Alÿs beispielsweise für die Maßstäblichkeit und das Verhältnis von Wirtschaft, Architektur und Mensch.

Mit seinen räumlichen, skulpturalen Eingriffen oder „Building Cuts“ konterkarierte Matta-Clark bereits in den 1970er Jahren die traditionelle Raumwahrnehmung und wirft zugleich eine Kritik an Stadtplanung und den Bedingungen von öffentlichem Leben und privatem Raum auf. Die Auswahl der gezeigten Filme sind nicht nur Dokumente seiner teils anarchistischen Aktionen, sondern die einzigen Überbleibsel dieser prozesshaften Interventionen und karthographieren die Stadt als urbanen Raum in all seinen Facetten.

Im titelgebenden 16-mm-Film „Cities of Gold and Mirrors“ (2009) verbindet Cyprien Gaillard fiktive Elemente der japanisch-französischen Fernsehserie „The Mysterious Cities of Gold“ mit Szenen des Pauschaltourismus. Er kontrastiert in seinem Film die in den 1970er Jahren entstandene Hotelanlage im mexikanischen Cancún mit den Ruinen einer ehemals mächtigen Maya-Hochkultur. Nicht in der Rolle eines Archäologen, sondern eines Dokumentaristen zeigt Gaillard amerikanische Studenten, die vor der eindrucksvollen Fassade, der an die Pyramidenbauten erinnernden Hotelanlage, ihren „Spring Break“ mit exzessivem Kampftrinken zelebrieren und konfrontiert den Betrachter mit der Banalisierung von Kultur.

„Rehearsal I (Ensayo I)" (1999-2001) lautet der Titel der zentralen Arbeit des belgischen Künstlers Francis Alÿs. Wie der „moderne Sysiphos“ versucht ein roter VW Käfer - im Rhythmus einer mexikanischen „Mariachi“-Blaskapelle - einen Hügel hinaufzufahren. Kurz bevor er die Spitze erreicht, hört die Kapelle auf zu spielen und der Wagen rollt wieder hinunter. In der nächsten Sequenz geht das Ganze von vorne los. Das Video ist eine existentielle Metapher für die politische Situation in Mexiko und die wirtschaftliche Diskrepanz, die Mexiko und die USA voneinander trennen.

Im zweiten Ausstellungsgeschoss wird die klare filmische Ausrichtung aufgebrochen. Positionen wie die von Mark Manders oder Andro Wekua stehen exemplarisch für die Komplexität der Ausdrucksformen.

Mark Manders' Skulptur „Large Figure with Thin Newspaper“ (2010) ist Teil seines seit 1986 kontinuierlich fortgesetzten künstlerischen Entwurfs eines „Self portrait as a building.“ Das bisher noch nicht abgeschlossene Projekt ist Ausdruck von Manders' Archiv an Erfahrungen, Gedanken und Bezügen seiner eigenen Realität. Die aus dieser Auseinandersetzung mit sich selbst entstandenen Installationen oder Skulpturen können viele Erscheinungsformen annehmen und Objekte seiner Alltagswelt oder ganze Raumkonstellationen mit einschließen. Seine Werke sind hermetische, selbstreferentielle, humoristische oder zutiefst poetische Abbilder einer abstrahierten Biografie. Sie bestehen aus mehreren Bausteinen und sind geprägt von einer tiefen Emotionalität und Melancholie.

Ähnlich wie Manders inszeniert und visualisiert Andro Wekua in seinem Video „Never Sleep with a Strawberry in your Mouth“ (2010) seine imaginäre Biografie. In einer alptraumhaften Kulisse begibt sich sein Alter Ego in der Gestalt eines maskierten Jungen zurück auf die Spuren seiner Kindheit. Seine Bildsprache ist eine Mischung aus Science-Fiction und Horror und kein stimmiges Abbild seiner Erinnerung, sondern ein Konstrukt aus erinnerter und realhistorischer Vergangenheit. Im Titel schwingt eine Warnung mit, die nur durch eine angedeutete Assoziation eine verführerische Kraft entwickelt. Das Video folgt keiner Narration, sondern erinnert in seinen absurden Bildern und der Farbgebung an Traumsequenzen. Wekuas Arbeiten fußen auf theatralischen Kompositionsprinzipien: Podeste und räumliche Eingriffe sind wesentliche Merkmale, die die auratische Kraft seiner Installationen noch verstärken.

Im Vordergrund der Ausstellung stehen, der Fokussierung der Sammlung gemäß, filmische Arbeiten. Gleichwohl sprengen Werke wie die bereits beschriebenen Positionen von Mark Manders oder Andro Wekua, sowie Simon Denny, Jon Kessler, Zilvinas Kempinas oder Wolfgang Tillmans die klare mediale Einschränkung und machen einmal mehr die Virulenz der komplexen Themen deutlich.

Begleitend zur Ausstellung wird ein Katalog erscheinen.

Folgende KünstlerInnen sind in der Ausstellung vertreten: Francis Alÿs, Charles Atlas, Salvatore Bevilacqua, Johanna Billing, David Claerbout, Jane Crawford, Keren Cytter, Simon Denny, Olafur Eliasson, Robert Fiore, Cyprien Gaillard, Andreas Gursky, Nancy Holt, DAS INSTITUT und Adele Röder, Zilvinas Kempinas, Jon Kessler, Mark Manders, Gordon Matta-Clark, Jessica Mein, Adrian Paci, Oliver Payne, Davide Pepe, Rob Pruitt, Nick Relph, Robin Rhode, Christoph Schlingensief, Jeremy Shaw, Robert Smithson, Wolfgang Tillmans, Clemens von Wedemeyer, Andro Wekua, Christoph Westermeier, Tobias Zielony

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NUMBER FIVE:
CITIES OF GOLD AND MIRRORS

Künstler: Francis Alÿs, Charles Atlas, Salvatore Bevilacqua, Johanna Billing, David Claerbout, Jane Crawford, Keren Cytter, Simon Denny, Olafur Eliasson, Robert Fiore, Cyprien Gaillard, Andreas Gursky, Nancy Holt, DAS INSTITUT  & Adele Röder, Zilvinas Kempinas, Jon Kessler, Mark Manders, Gordon Matta-Clark, Jessica Mein, Adrian Paci, Oliver Payne & Nick Relph, Davide Pepe, Rob Pruitt, Robin Rhode, Christoph Schlingensief, Jeremy Shaw, Robert Smithson, Wolfgang Tillmans, Clemens von Wedemeyer, Andro Wekua, Christoph Westermeier, Tobias Zielony