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Oswald Oberhuber hat als Künstler, Ausstellungsmacher und Lehrender bereits mehrfach Kunstgeschichte geschrieben und war immer ein kritischer Betrachter seiner Zeit. Sein kulturpolitisches Denken durchwirkt sein gesamtes Schaffen – als Professor und Rektor der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien wie in der Konzeption von über 150 Ausstellungen. Auch in seiner künstlerischen Arbeit setzt er mit seinem konsequenten Auflehnen gegen das Verharren in ästhetischen Stereotypen klare Signale. Die breite Palette seiner Arbeit ist Ausdruck für eine diskursive Kunstauffassung, in der sich Text und Bild gegenseitig durchdringen. Oberhuber lässt sich von Werken der Kunstgeschichte und auch vom aktuellen Kunstgeschehen inspirieren - „Ich kopiere alles“. Seine künstlerische Vorgehensweise bezieht sich immer auf das Vergangene und zielt darauf ab, neue Sichtweisen anzubieten. Sein Werk entfaltet sich über weite Strecken unter dem Deckmantel des Nebenproduktes, wie er eine von ihm 1970 organisierte Ausstellung betitelte. Dahinter verbirgt sich ein antiheroischer, gegen die kultische Behandlung des künstlerischen Gegenstandes gerichteter Ansatz, aus dem sich auch die zentralen Stationen seiner Entwicklung erklären.

ZUR AUSSTELL UNG Für die Ausstellung in der Orangerie hat Oberhuber eine raumgreifende Installation gestaltet, welche er der außergewöhnlichen Persönlichkeit des Prinzen Eugen von Savoyen, dem Erbauer und zeitweiligen Bewohner des Belvedere, widmet. In einer künstlerischen Verbeugung setzt er sich mit dem Feldherrn, Mäzen, Kunstkenner und Bauherren auseinander. Als Instrumente für diese ästhetische Untersuchung dienen die dynamisch geführte Umrisslinie, das zarte Aquarell, die kompakte Farbfläche und das Monochrom, Figuration und Abstraktion, die schematische Planzeichnung und die Collage sowie die grafisch-fragile oder überdimensionale, karikierende Skulptur. Unter den Motiven: Prinz Eugen zu Pferde, die Schlacht bei Zenta 1697, das Schloss Belvedere oder der Löwe, das „dem Prinzen treu ergebene Tier“. In opulenter Aneinanderreihung der großteils für die Ausstellung entstandenen Werke unterzieht Oberhuber die Bautätigkeit, die Sammelleidenschaft, sowie die humanistische Bildung des Prinzen Eugen einer belanglosen Struktur, indem er sie wie in einem Kartenspiel nach Gebäuden, Tieren, Pflanzen, Porträts und Kriegsbildern ordnet.

In "Die Leidenschaften des Prinzen Eugen" steht nicht das einzelne Werk im Vordergrund, sondern bringt das Gefüge aus Bildern, Objekten und Skulpturen die Ausstellung, das Kunstwerk hervor.

Dieser Gedanke, der 1923 erstmals mit dem Prounenraum El Lissitzkys formuliert worden war, intendierte zunächst eine große ikonoklastische Zerstörung: „Das Gemälde stürzte zusammen mit der Kirche und ihrem Gott, dem es als Proklamation diente, zusammen mit dem Palais und seinem König, dem es zum Throne diente, zusammen mit dem Sofa und seinem Philister, dem es die Ikone der Glückseligkeit war“, schreibt Lissitzky. Aus dem „zerstörten“ Bild ging das Ausstellungsbild hervor und wurde Teil einer konzeptuellen Ordnung. Die Ausstellung wurde damit zu einer Struktur, die sich in institutionelle oder räumliche Bedingungen einfügt bzw. auf diese reagiert. Es erfolgte eine Verschiebung vom Kultwert zum Ausstellungswert, wie es Walter Benjamin in seiner Schrift „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ beschreibt.

„DAS SICH PERMANENT VERÄNDE RNDE BILD “ Oswald Oberhuber, der in den 1950er-Jahren begann, als Maler zu arbeiten, orientierte sich in dieser Zeit stark am Informel, jener Tendenz in der Malerei, der es um den unmittelbaren Ausdruck, um eine Steigerung der Intensität ging. Informel und Tachismus bezogen sich – als Reaktion auf die geometrische Abstraktion – auf die körperliche Beziehung und das dynamische Verhältnis von Körper, Pinsel und Leinwand. Oberhuber interessierte sich für das lyrische Informel und begann bereits damals die Grenzen zwischen den Medien zu durchbrechen und aufzulösen. Zunächst arbeitete er an der informellen Plastik, an Relief- und Schrifttafeln, auf denen sich Zeichen und Formen durchdringen, und an Gemälden, die er mit Tropf- und Schüttspuren sowie mit automatistischer Linienführung überzog. Schon bald begann er mit Materialien genauso zu experimentieren wie mit Sprechweisen. Das Schaben und Kratzen, Collagieren und Schreiben setzte er nicht ein, um zu einem ästhetischen Essenzialismus zu gelangen, sondern entwickelte vielmehr eine Form der diskursiven Malerei. 1969 setzte er auf einen Spiegel den Schriftzug „Das sich permanent verändernde Bild“. Dies kann als Leitmotiv von Oberhubers Kunst bezeichnet werden. Mit der permanenten Veränderung zielt er nicht nur auf die zeitbedingten Veränderungen, sondern auch auf die stilistischen und ästhetischen Veränderungen, die die Kunst selbst mittels Aneignung und Differenz produziert.

PRINZ EUGEN VON SAVOYEN Oswald Oberhuber: „Die Leidenschaften des Prinzen Eugen von Savoyen zeichnen sich aus durch seine unermesslichen Fähigkeiten als Feldherr, Bauherr, Förderer der Wissenschaft und Kunst und seiner Neigung zur Natur und der Vielfalt der Tierwelt.

Das ist die Ausgangsbasis, die mich beschäftigt und als künstlerische Vision vorgezeichnet ist. Ein schwieriges Unterfangen, das in seiner Theatralik einer umfassenden Beschreibung verlangt. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich die künstlerische Ausdrucksweise völlig verändert und ermöglicht eine Spielweise, die bis heute eine offene Mischform aufzeigt. Diese Mischform beinhaltet Malerei, Skulptur und darüber hinaus Fotografie und ist von einer Materialbezogenheit geprägt, welche Aussagen ermöglicht, die in dieser Zeit die schwierigsten Themata zusammenfassen können.

Das Geschichtsbild des Prinz Eugen fokussiert sich auf seine militärische Tätigkeit und lässt andere Fähigkeiten außer Acht. Nun wird es notwendig, die komplette Persönlichkeit mit seinen vielen Eigenheiten und Fähigkeiten mit den Mitteln der Kunst darzustellen. Ein Vorgang, der vielleicht nur in einem Roman möglich ist, aber einen besonderen Reiz darstellt, wenn mit den Mitteln der bildenden Kunst gearbeitet wird. Es ist ein Unterfangen, das begeistern kann, denn es wird nur eine Verehrung, ein Zeichen wie ein Denkmal, welches hier steht, wo man sich verneigen kann und seine Zweifel anbringen muss und zum Nachdenken gezwungen wird, wie begrenzt doch Personen am Ende sind, die durch ihre Willenskraft Leistungen gesetzt haben. Wie kann dies alles dargestellt werden, wenn jede Art von Psychologie außer Acht gelassen wird und nur der direkte Nachvollzug durchgeführt wird, der in klarer Ausdrucksform die verschiedenen Tätigkeiten und Leistungen definiert und in ihrer zeitlichen Abfolge nebeneinander stellt. Bilder sagen mehr und haben immer auch suggestive Kraft.“