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Gera verleiht Otto-Dix-Preis an Jan Brokof Preisträger und vier weitere nominierte Künstler präsentieren in der Kunstsammlung 116 Einzelarbeiten in Ausstellung „Otto-Dix-Preis 2012. Junge deutsche Gegenwartskunst“

Der renommierte Otto-Dix-Preis der Stadt Gera wird am Donnerstag zum neunten Mal verliehen. Die Auszeichnung geht an Jan Brokof. Der in Berlin lebende Künstler wurde bereits Anfang März von einer sechsköpfigen Expertenjury gekürt. Er wird den mit insgesamt 20.000 Euro dotierten Preis – je zur Hälfte Preisgeld und zum Ankauf von Werken - zur Vernissage (Beginn 19.00 Uhr) in der Orangerie der Kunstsammlung Gera symbolisch aus den Händen von Sozialdezernentin Sandra Schöneich entgegennehmen. Der Otto-Dix-Preis sei einer der am höchsten dotierten deutschen Preise für junge Gegenwartskunst, sagte sie. Er wolle junge Künstlerinnen und Künstler im deutschsprachigen Raum fördern, „die engagierte Zeitnähe mit reflektiertem Selbstbewusstsein verbindet, beidem künstlerischen Ausdruck verleiht und sich gängigen Rezeptionsmustern entzieht.“

Dem wird der Dix-Preisträger 2012 nach dem Votum der Juroren gerecht. 1977 in Schwedt geboren, studierte er von 1999 bis 2006 an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Ralf Kerbach. Jan Brokof hat sich insbesondere den grafischen Künsten verschrieben, erweitert die traditionelle Dimension des Holzschnittes und fügt seine Arbeiten zu dreidimensionalen Installationen zusammen. Seine bildkünstlerischen Ziele verbindet er mit gesellschaftlichen Fragestellungen. Die Jury schätzte deshalb besonders die Thematisierung von Aspekten der deutsch-deutschen Geschichte in seinem Werk, das einen zeitgemäßen Bezug zur Gegenwart hat und zur Auseinandersetzung anregt.

Davon können sich die Besucher der Ausstellung überzeugen, die im Anschluss an die Preisverleihung in der Orangerie der Kunstsammlung Gera eröffnet wird. Dazu realisiert Jan Brokof gemeinsam mit andcompany&Co die Lecture Performance „Das Deutschlandhaus spricht“. Die Schau präsentiert nicht nur die Arbeiten des Dix-Preisträgers, sondern auch die der vier weiteren nominierten Künstler Robert Barta, Peggy Buth, Wolfgang Lugmair und Monika Stricker. Das ist eine der Besonderheiten dieses Kunstpreises. Schon im Vorfeld der Ausstellung hatten sich die Künstler mit der konkret-räumlichen Situation in der Orangerie vertraut gemacht und ihren Ausstellungsbeitrag entwickelt. „Die Exposition stellt sehr individuelle künstlerische Sprachen vor und vereint auch in den Techniken und Medien unterschiedliche Ansätze“, erläutert der Leiter der Kunstsammlung, Holger Peter Saupe. Die Besucher könnten Gemälde, Zeichnungen, Grafiken, skulpturale Arbeiten, Objekte und raumgreifende Installationen in Augenschein nehmen. „Auf diese Weise gelingt ein differenzierter Einblick in die jüngere zeitgenössische Kunstentwicklung.“ Insgesamt sind 116 Arbeiten - 5 Installationen, 3 Objekte, 8 Gemälde, 38 Zeichnungen, 9 Collagen, 3 Holzschnitte und 50 Überzeichnungen – zu sehen.

Der Otto-Dix-Preis der Stadt Gera wird seit 1992 ausgelobt. Möglich wird dies seit Anbeginn nur durch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Kultur- und Kunstförderung der privaten Wirtschaft. Partner der Stadt Gera für den Otto-Dix-Preis ist bereits seit 2008 die GDF SUEZ Energie Deutschland AG. Das Unternehmen ist seit 2002 Partner der Stadtwerke Gera und hat seitdem zahlreiche bedeutende Ausstellungs- und Kunstprojekte in Gera unterstützt, so erst die Mitte März erfolgreich zu Ende gegangene Ausstellung „Otto Dix: retrospektiv. Zum 120. Geburtstag“ des Künstlers.

Der Preisträger Jan Brokof gehört zu den gesellschaftskritischen und bisweilen radikal provozierenden Künstlern, denen es darauf ankommt, mit den Mitteln der Kunst das Bewusstsein für die gesellschaftspolitischen, sozialen, ökonomischen, aber auch nationalistischen Konflikte und Widersprüche zu schärfen. Brokof ist vor allem durch großformatige Holzschnitte vom Lebensalltag und dem Wohnumfeld der stereotypen Plattenbausiedlungen seiner ostdeutschen Heimatstadt Schwedt bekannt geworden. Seit einigen Jahren fließen in die Kunst von Brokof schärfere zeitgeschichtliche Aspekte und politische Inhalte ein. Das Thema seines Ausstellungsbeitrages ist die künstlerische Auseinandersetzung mit der deutschen Nationalismusproblematik und den in unterschiedlichen Ausprägungen weiter bestehenden sozialen Konfliktsituationen zwischen Ost- und Westdeutschland.

Der 1975 in Prag geborene und heute in Berlin lebende Künstler Robert Barta absolvierte von 1998 bis 2005 sein künstlerisches Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München und von 2002 bis 2003 am San Francisco Art Institute in den USA. Der Künstler arbeitet in seinen raumgreifenden Objekten und Installationen mit sparsamen Mitteln, in denen meist auch physikalische und technische Prozesse Berücksichtigung finden. Dabei unterwandert er sehr präzise unser Denken und unsere Wahrnehmung und spielt ironisch mit Irritationen und der Um- und Verkehrung der Dinge. Barta hat einen interaktiven Kunstbegriff und bezieht den Betrachter in seine Werke ein. Ein Beispiel dafür ist die im Nordflügel der Orangerie realisierte Installation „Limits of Control“ (2012). Dabei handelt es sich um einen mit beweglichen Stahlkugeln ausgelegten Raum, in dem die Besucher einen „motorischen Kontrollverlust“ erleben und ihre Fortbewegung nur durch gegenseitige Hilfe fortsetzen können.

Die 1971 in Berlin geborene und derzeit in Paris lebende Künstlerin Peggy Buth studierte von 1994 bis 2002 an der Hochschule für Bildende Künste Leipzig. Für Peggy Buth spielen „Kommunikations- und Sprachprozesse“ eine wichtige Rolle. Ihr Interesse gilt hierbei dem Zeichensystem von Sprache und Schrift, dass sie hinsichtlich ihrer Konstitution, Bedeutungsaufladung und –verschiebung befragt. „In der Arbeit Nominativ (2010) dekliniert Peggy Buth alle möglichen Kombinationen der acht deutschen Personalpronomen durch, ohne jedoch diese im Sinne einer grammatikalischen Übung zu systematisieren. Jedem Pronomen hat sie ein in das Glas des Rahmens gekratztes Gegenüber zugewiesen, welches in Größe und Schriftbild variiert. Ein monologisches Sprechen existiert nicht, der Bezug zu den anderen, zum Anderen ist immer mit eingeschrieben.“ (Susanne Holschbach)

Von dem 1976 in Dachau geborenen und heute in Berlin lebenden Künstler Wolfgang Lugmair, der von 1998 bis 2005 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe studierte, wird Malerei präsentiert. Die figürliche und gegenständliche Bildwelt des Malers erscheint auf den ersten Blick still und vertraut. Beim näheren Betrachten wirken seine Figuren, Szenerien, Dinge und Landschaften jedoch seltsam entrückt und verharren in einem eigenwilligen Schwebezustand. Lugmair versteht es der sichtbaren Welt das Unwirkliche abzuringen und in atmosphärisch aufgeladenen Bildern zu vergegenständlichen, die sich nicht nur auf die äußere Wahrnehmung beziehen, sondern Vorstellungen aus dem Unbewussten heranziehen und mitunter zwischen Traum- und Erinnerungsbildern anzusiedeln sind.

Die 1978 in Düsseldorf geborene und der konzeptuellen Kunst verpflichtete Künstlerin Monika Stricker absolvierte ihr Studium an der dortigen Kunstakademie. Für die Ausstellung in Gera hat sie eine raumgreifende Arbeit entwickelt. Inspirationsquelle für ihre minimalistische Installation waren Filme der 1980er Jahre. Die Künstlerin präpariert für ihre Arbeit verschiedenfarbige Jerseystoff-Bahnen mit synthetischem Schweiß. Der von der Industrie zu Farb- und Beständigkeitsprüfung eingesetzte Schweiß ist vollkommen geruchlos und dadurch ohne Körperfunktion. Das zur Temperaturregulierung einsetzende menschliche Schwitzen wird hier entkörperlicht und es entsteht ein anderes „Bild des Schwitzens“, das vielfältige Deutungsmuster evozieren kann.

Die Ausstellung, die von einem durch die GDF SUEZ Energie Deutschland AG geförderten Katalog begleitet wird, ist bis 23. September 2012 in der Kunstsammlung Gera/Orangerie zu sehen. Alle Geraer Museen erwarten ihre Gäste dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 11.00 bis 18.00 Uhr. www.gera.de

Chronologie der Otto-Dix-Preisträger Dix-Preis 1992 – Preisträger: Michael Scheffer, geb. 1953 (Fotografie) Dix-Preis 1994 – Preisträgerin: Asta Gröting, geb. 1961 (Skulptur, Installation) Dix-Preis 1996 – Preisträger: Rolf Bier, geb. 1960 (Malerei, Installation) Dix-Preis 1998 – Preisträger: Daniel Richter, geb. 1962 (Malerei) Dix-Preis 2001 – Preisträger: Tobias Rehberger, geb. 1966 (Concept art, Installation) Dix-Preis 2003 – Preisträger: Markus Wirthmann, geb. 1960 (Installation, Skulptur) 2005 und 2007 wurde kein Dix-Preis vergeben Dix-Preis 2008 – Preisträgerin: Jorinde Voigt, geb. 1977 (Zeichnung) Dix-Preis 2010 – Preisträger: Matthias Bitzer, geb.1975 (Zeichnung und Skulpturen)

Die Juroren des Dix-Preises 2012 Matthias Bitzer - Künstler und Otto-Dix-Preisträger 2010 Melanie Bono - stellv. Direktorin des LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster Dr. Marc Wellmann - Ausstellungsleiter Georg-Kolbe-Museum Berlin Kathleen Rahn - Direktorin Kunstverein Nürnberg/Albrecht Dürer Gesellschaft Holger Peter Saupe - Leiter Kunstsammlung Gera Irina Thiele – Vertreterin der GDF SUEZ Energie Deutschland AG (ohne Stimmrecht)

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Otto-Dix-Preis 2012
Junge deutsche Gegenwartskunst
Preisträger: Jan Brokof

Künstler: Jan Brokof & Robert Barta, Peggy Buth, Wolfgang Lugmair, Monika Stricker