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Marc Bauer (1975 in Genf, lebt in Bruxelles und Amsterdam), Shahryar Nashat (1975 in Teheran, lebt in Paris) und Alexia Walther (*1974 in Genf, lebt in Paris) haben in den neunziger Jahren an der Ecole Supérieure d’Art Visuel in Genf studiert. Während ihrer Ausbildungszeit haben sich die drei Kunstschaffenden befreundet und intensiv ausgetauscht. Alexia Walther und Shahryar Nashat haben zudem 2002/2003 einen gemeinsamen Aufenthalt am Istituto Svizzero in Rom verbracht. Bereits 1998 haben die drei Freunde unter dem sinnigen Titel can’t do this alone in einer Genfer Galerie zusammen ausgestellt. Bauer, Nashat und Walther gehören zu den interessantesten jungen Kunstschaffenden aus der Romandie. Alle haben den Eidgenössischen Kunstpreis gewonnen und ihre Werke bereits in Museen und Galerien des In- und Auslandes zeigen können. Shahryar Nashat wird 2005 zudem die Schweiz an der Biennale von Venedig vertreten.

Für das Kunstmuseum Solothurn bereiten die drei Kunstschaffenden nun eine grosse Ausstellung in sieben Sälen vor, die weit über den üblichen Rahmen einer Gruppen-ausstellung hinausgeht. In enger Zusammenarbeit konzipieren sie unter dem Titel Overthrowing the King in His Own Mind eine Präsentation, in der sich ihre Werke zu einem atmosphärischen Gesamtbild schliessen. Grosse Bedeutung kommt dabei installativen und räumlichen Aspekten zu, die zur Intensität von Stimmung und Atmosphäre beitragen. Obwohl sich die drei Künstler in ihren individuellen Bildsprachen ausdrücken – Bauer vorwiegend mit Zeichnungen, Nashat mit Filmen und Installationen, Walther mit Filmen und Fotografien – , verbindet sie ein vergleichbares Interesse für existentielle und politische Fragen. Zentral ist die Beschäftigung mit gesellschaftlichen und familiären (Macht-) Strukturen, mit Hierarchie, Sexualität und Gewalt. Ein rätselhaftes Gefühl von Gefahr, Lust und Leid bestimmt ihr Schaf fen. Allen gemeinsam ist das Interesse für Inszenierungen, für angedeutete Erzählungen und Handlungen, die sich zwischen verschiedenen Akteuren abspielen. Jedoch bleibt das Gezeigte unklar, zuweilen bizarr, voller Andeutungen, die den Betrachter für eigene Vorstellungen und Fantasien öffnen. Trotz der Künstlichkeit und Stilisierung des Gezeigten sind die Szenen so suggestiv, dass sie unvermittelt ansprechen. Dazu trägt auch die ausgesprochene Sinnlichkeit, der überlegte Einsatz von Licht und Farbe bei. Ihre kafkaeske Bildwelt ist intim und verschwiegen. Oft fühlen wir uns wie Voyeure, die privaten Szenen und Ritualen beiwohnen. Damit stellen die Künstler auch die Macht und Verführung der eigenen Bilder zur Diskussion. Darauf zielt letztlich auch der Ausstellungstitel Overthrowing the King in His Own Mind, der sich auf eine Textstelle des russischen Schriftstellers Andrei Bielyi (1880-1934) bezieht. Gemeint ist die Verführung und Überwältigung des Mächtigen (sprich: des Publikums) dank subtilster Einfühlung und genauester psychologischer Kenntnisse grundsätzlicher Bedürfnisse und Sehnsüchte.

Geht Nashat in seinem Schaffen zumeist von einer politisch bedingten Gewaltausübung aus, die mit seinem biografischen Hintergrund korrespondiert, beschäftigen sich Walther und Bauer mit familiären Machtstrukturen. Allen drei Künstlern aber gelingt es, Individuelles und Allgemeines zusammenzuführen. Das Nebeneinander verschiedener Orte und Handlungen sowie das unentschiedene Miteinander von Tätern und Opfern lässt das gemeinsame Bildthema von Macht, Leid und Sehnsucht als allgegenwärtig und allgemeingültig erkennen.

Mit der grossen Solothurner Ausstellung wird Marc Bauer, Shahryar Nashat und Alexia Walther die bislang umfangreichste Präsentation ermöglicht. Zur Ausstellung erscheint bei Revolver. Archiv für aktuelle Kunst in Frankfurt am Main ein umfangreiches Katalogbuch.

Christoph Vögele

Pressetext