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Das Museum Moderner Kunst Passau präsentiert in dieser Ausstellung rund 110 Werke zweier außergewöhnlicher Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts mit dem Ziel, Gemeinsamkeiten und Gegensätze dieser unterschiedlichen künstlerischen Temperamente aufzuzeigen.

Max Beckmann richtete lange Zeit sein Leben und seine Karriere nach Paris aus ("Paris schreit nach uns", 1926), dem damaligen Zentrum der Weltkunst. Mit Picasso (Matisse, Léger, Braque, u.a.) wollte er sich messen und so suchte er den kreativen Wettstreit mit den Heroen seiner Zeit. Als Beckmann 1931 eine Ausstellung in der Pariser "Galerie de la Renaissance" hatte, soll Picasso - nach Günther Franke - bemerkt haben: "Il est très fort" (Er [Beckmann] ist sehr stark).

Als Picassos Werk "Guernica" neben Beckmanns Triptychon "Abfahrt" im Museum of Modern Art in New York während der Kriegsjahre präsentiert wurde, bemerkte ein Kritiker: "Nur Picasso kommt in seinen von der Bombardierung von Guernica inspirierten, aufgeregten Arbeiten der ästhetischen Kraft Beckmanns nahe ...", was wohl eine befriedigende Anerkennung für den deutschen Künstler bedeutete.

Picasso und Beckmann haben sich niemals persönlich kennen gelernt, doch scheinen viele ihrer Werke in einer latenten Weise miteinander in Verbindung zu stehen. Oftmals ist eine stilistische Nähe in den Werken zu beobachten, die auch darauf zurückzuführen sein mag, dass beide Künstler Cézanne und Van Gogh als wichtige Wegbereiter der Moderne verstanden. Picasso wie Beckmann stützten ihr Werk auf die europäische Kunsttradition, wobei sie in Auseinandersetzung mit der modernen Welt ihren ganz persönlichen Stil entwickelten. Darüber hinaus schätzten beide bestimmte Motive und Themen, so etwa die Welt des Theaters und des Zirkus. Beide bieten einen reichen Schatz symbolischer Motive und schöpfen aus dem Spektrum der Mythologie und Theologie, ohne jedoch den Boden der Realität zu verlassen und den Bezug zur Wirklichkeit zu verlieren. Picasso und Beckmann sind erschüttert von den Ereignissen des Krieges und bringen dieses historische Faktum in ihrer Kunst als Protest gegen die Brutalität und Grausamkeit des Krieges zum Ausdruck. Im Jahr der Entstehung von "Guernica" (1937) notierte Picasso: "Künstler, die mit geistigen Werten arbeiten und leben, sollten einem Konflikt nicht gleichgültig gegenüberstehen, bei dem die höchsten Werte der Zivilisation und Humanität auf dem Spiel stehen."

Ein sich auf die Bildwerke niederschlagender Unterschied zwischen den beiden Künstlern mag in ihrem charakterlichen Naturell zu finden sein: Beckmann, der sich seiner Umgebung oft mit scharfer Ironie, düster und apokalyptisch zeigte und die leidvollen Seiten des Lebens hervorhob - wie etwa den Zusammenbruch der Zivilisation in Kriegszeiten und der daraus entstehende Schrecken bzw. Grauen des Seins. Picasso hingegen erscheint poetisch, lebenslustig und sinnlich. Der Betrachter spürt in seinem Werk immer eine große Liebe zum Dasein sowie eine große Lebensfreude. In Picassos druckgrafischem Werk lässt sich nicht nur vortrefflich nachvollziehen, wie sich sein Stil immer wieder verändert hat, sondern auch welche traditionellen Themenkreise er in seinem übrigen Oeuvre behandelt: Portraits und Stillleben, sowie Einzelfiguren und Tiere in seinen mythologischen Interpretationen, etc. Von den ausgemergelten Protagonisten im "kargen Mahl" bis hin zur wuchtigen Plastizität der Körperrundungen in seinen erotischen Frauenaktdarstellungen, die in der Passauer Ausstellung zu sehen sein werden. Besonders die Techniken der Radierung (in Verbindung mit anderen technischen Methoden) und der Lithographie kommen Picassos Spontaneität der "Zeichnung" zur Umsetzung seiner Bildideen in expressiver Dynamik der Strichführung am meisten entgegen. Hier wird sein großes Genie evident, wie er mit einer Vielfalt von Linien, Flächen und Formen seine Bildwerke konstruiert.

Sowohl Picasso - dem Universalkünstler des 20. Jhds. schlechthin - als auch Beckmann, dem "metaphysischen Realisten", ging es in erster Linie um das elementare Sein und nicht um ästhetischen Schein und stilistische Phänomene.

"Wenn man nur unsere Bilder einmal zusammen sehen könnte" notierte Max Beckmann einst. Das MMK Passau initiiert nun durch diese Ausstellung ein derartiges Zwiegespräch der beiden großen Künstler und intendiert dadurch ein vertieftes Verständnis ihrer vielfältigen Kunst. Die speziell für Passau zusammengestellte Ausstellung wird Arbeiten aus der Privatsammlung Kerstan - die in diesem Umfang erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird - präsentieren und somit einen interessanten Einblick in das herausragende Meisterwerk der graphischen Druckkunst beider Künstlergenies geben.

Pressetext

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Pablo Picasso - Max Beckmann
Druckgraphik und Zeichnung aus der Sammlung Kerstan
Kuratoren: Hans-Peter Wipplinger, Anjalie Chaubal