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Obwohl Patricia Wallers neue Ausstellung “nightmares©¯ (Albträume) betitelt ist, entlocken uns die Häkelobjekte zunächst einmal ein ungläubiges und vergnügtes Lachen. Makabre, skurrile oder beißend ironische Inhalte erscheinen in Wallers Werk allesamt im Gewande von Häkelarbeiten, eine traditionell feminin besetzte Technik, die man eher mit Häuslichkeit und Handarbeit als mit Kunst assoziiert. Wallers Arbeiten sind witzig, aber nicht im Sinne von unschuldiger Heiterkeit, sondern eher in dem von Freuds Analyse “Der Witz und seine Beziehung zum Unterbewussten©¯. Denn man soll sich nicht täuschen: Nichts an Wallers Arbeiten ist unschuldig, auch wenn sie häufig bewusst und durchtrieben mit Assoziationen von Unschuld spielen. Schließlich ist kein Spiel mit der Unschuld jemals unschuldig.

Für Freud fungieren Witze nämlich in vieler Hinsicht so wie Träume als Umwandlungsprozesse psychischer Vorgänge. Indem sie bekannte Worte, Zeichen oder Bilder neu und unerwartet kombinieren, arbeiten sie mit Verschiebungen und Verdichtungen, Ersetzungen und Modifikationen, Umkehrungen und Doppelsinn. Eine überraschende Wendung, ein verblüffendes Aufeinandertreffen unvereinbarer Dinge erzeugen einen Bruch im normalen Verlauf der Dinge, durch den hemmende Energien freigesetzt werden. Eine treffende Beschreibung von Wallers eigener Verfahrensweise.

In Wallers Spiel mit Albträumen ist der Humor natürlich ein sehr schwarzer. Die Künstlerin selbst meint dazu: “Grundsätzlich interessiert es mich Bilder zu finden, die den Umgang mit unseren Ängsten und die Fähigkeit, diese zu verdrängen, zum Inhalt haben." In den Arbeiten in dieser Ausstellung spielt sie mit verschiedenen Themen, die wir sonst lieber ausblenden: Ängsten vor Alter, Krankheit und Gebrechen (Gehwägen), nur dürftig verhohlener Sensationslust, irrationalen Phobien, gefährlichen Gelüsten (Rabbits). Niedliche Plüschtiere entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Missgeburten (Siamesische Zwillinge) oder Mutanten (Meerjungfrauen).

Es ist natürlich gerade die Harmlosigkeit der Form, die Waller erlaubt, Bereiche auszuloten, die sonst nur schwer zugänglich wären. Wallers Arbeiten betreiben dabei bewusst ein Spiel mit verschiedenen Wahrnehmungsebenen. Die überaus taktile Form der kuscheligen Häkelobjekte nimmt zunächst einmal unmittelbar die Sinne für sich ein. Der makabre oder groteske Inhalt des Dargestellten stößt dagegen ab, entsetzt oder beunruhigt. Gleichzeitig infizieren sich die beiden Ebenen gegenseitig. Das Sinnliche der Form überträgt sich auf den Inhalt und mildert nicht nur dessen Härte, sondern verweist gleichzeitig auf die heimliche Lust, die wir trotz allem auch am Dargestellten selbst empfinden. Der Inhalt hingegen wirft ein neues Licht auf die Heimeligkeit der Form, die so gefärbt ins Unheimliche umschlägt: Das Kuschelige der Häkelarbeiten erscheint plötzlich pervers.

Zusammengenommen entsteht ein komplexer Effekt, der bewirkt, dass wir gleichzeitig angezogen und abgestoßen werden. Obwohl wir die Perfidität von Wallers witzigen Albträumen durchschauen, können wir uns ihrer Faszination nicht entziehen: die perfekte Verführung.

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Patricia Waller: Nightmares