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PATRICK BAUMÜLLER GRAN NADA Installation & Fotografie 21.September bis 10. November 2012 Vernissage: Donnerstag, 20. September 2012 um 18 Uhr

Galerie Michaela Stock & NEXT DOOR galerie michaela stock, Schleifmühlgasse 18, 1040 Wien

KUNST ALS BALANCEAKT Hochkonzentriert blickt der Mann im gepflegten Nadelstreif und weißem Hemd in die Höhe, denn was er tut, erfordert seine gesamte Aufmerksamkeit. Sieben Rackets wirbelt er in seiner Jonglage durch die Luft. Wurfhöhe, Flugzeit und Wurffrequenz der Objekte – all das lässt sich mathematisch genau berechnen – nur ein kleiner Moment der Unachtsamkeit genügt und schon verschieben sich die Konstanten, geraten die Dinge außer Kontrolle. Dass Patrick Baumüller für das fotografische Selbstporträt, das eines von drei Versatzstücken seiner aktuellen Ausstellung in der Galerie Michaela Stock bildet, in die Rolle des Jongleurs schlüpft, ist gleichermaßen bezeichnend für sein Selbstverständnis als Künstler wie charakteristisch für die Beschaffenheit der meisten seiner Arbeiten. Mit dem Jongleur teilt der bildende Künstler den Außenseiterstatus in der Gesellschaft. So lässt sich die Kunst des Jonglierens zwar in den verschiedensten Kulturen jahrtausende zurückverfolgen, doch nicht immer genossen die Artisten Ansehen. Oft wurden sie als Taugenichtse abgestempelt, der Sinn ihrer Tätigkeit in Zweifel gezogen. Auch die freie, ohne Auftrag handelnde, bildende Kunst gerät immer wieder unter Rechtfertigungsdruck. Erfolgreich Kunst zu machen bedeutet einen Jonglageakt zwischen gesellschaftlicher Anpassung und Unabhängigkeit zu vollziehen. Als Künstler überleben zu wollen, erfordert oft finanzielles Jongliergeschick. Wie es aussieht hat der Artist Patrick Baumüller in seinem Selbstporträt alles gut im Griff. In Wirklichkeit aber scheint er kein Problem damit zu haben, den Schläger auch mal fallen zu lassen. Denn das allzu Perfekte interessiert ihn nicht, wird dem Betrachter nur suggeriert, um ihn heranzulocken an die Objekte, die sich sogleich jeglicher Vereinnahmung entziehen. Zu gerne würde man die einzelnen Teile der als „Bento“ betitelten Installation anfassen. Die weichen Formen in satten Farben, anziehend präsentiert auf scheinbar frei im Raum schwebenden Glasplatten, bestechen durch ihre enorm haptische Qualität. Doch was sich so kompakt präsentiert ist nicht von Dauer, würde Berührungen nicht standhalten, sondern zu Farbstaub zerfallen. Baumüller vollzieht in dieser Arbeit einen Balanceakt zwischen Anziehung und Verweigerung. Diese Polarität kennzeichnet auch sein drittes Objekt in dieser Ausstellung, ein vergoldetes Abflussrohr, dass die Spuren seiner Veredelung deutlich zu erkennen gibt, indem die Banalität des Ausgangsmaterials offensichtlich bleibt. „All that glisters is not gold” (es ist nicht alles Gold was glänzt), hörte man schon den Prinzen von Marokko in Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ sagen. Baumüller, viele seiner früheren Werk-/ und Ausstellungstitel lassen es erahnen, hat viel übrig für Redewendungen wie diese. „Fix is Nix“ nannte er zum Beispiel sein für ein Bankgebäude konzipiertes Treppen-Geländer, dessen Handlauf sich formal auf die Index-Kurve des Dow Jones zur Zeit des Börsencrashs Ende der 1930er Jahre bezieht.

„Gran Nada“ nennt Baumüller nun diese Ausstellung, ein Titel den man wortwörtlich als „Das große Nichts“ übersetzen könnte. Ein vergoldetes Abflussrohr, Kleinplastiken, die bei Berührung in sich zusammenfallen und ein Künstler, der so tut als beherrschte er die Kunst des Jonglierens (denn tatsächlich verdankt sich Baumüllers akrobatische Virtuosität der digitalen Montage)… all das ist Illusion, ist Zaubertrick, ist Fake, summa summarum ein ausgeklügeltes Spiel mit Schein und Sein.

Manisha Jothady

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Patrick Baumüller
GRAN NADA
Installation & Fotografie