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Die Künstlerin Patrizia Karda arbeitet ortsbezogen. Sie fotografiert Innenräume und konfrontiert diese mit den Gegebenheiten des realen Raumes. Die fotografierten Innenräume sind menschenleer und erscheinen ereignislos. Sie bezeichnen Passagen oder Übergangsräume, die offensichtlich vom Menschen benutzt, aber doch verlassen sind. Die bauliche Gesamtheit wird bei den Abbildungen nie sichtbar und die Ausschnitte aus größeren Raumzusammenhängen sind immer das Resultat eines Konzentrates der vorgefundenen Raumsituation. Die Aufnahmen sind gekennzeichnet durch formale Prägnanz, atmosphärische Dichte sowie karges Inventar und behaupten sich durch ihr Beharren auf Unspektakulärem. In das Bild wird immer digital eingegriffen, um störende Elemente zu retouchieren und so die fotografierten Räume auf sich selber zu reduzieren. Doch diese Eingriffe sind meist nicht zu erkennen. Patrizia Karda setzt das mimetische Verfahren der Fotografie, das eine perfekte Illusion suggeriert, bewusst ein, um realistische Erweiterungen des Raumes zu simulieren. Die Fotografie ist nicht nur ein Bild an der Wand, sie wird zu einem architektonischen Teil des Raumes. Man steht nicht ›vor‹ einem Bild, sondern scheinbar ›im‹ fotografierten Raum selbst.

Die Fotografien von Patrizia Karda haben keine festgesetzten Maße, sie werden auf den jeweiligen Raum angepasst und zugeschnitten. Die Fotografien können so je nach Situation vergrößert, verkleinert, als Wandbild, als Tapete oder auch als Diaprojektion in den Raum eingreifen, um diesen neu zu strukturieren und inszenieren. Die Bildmotive treten in einen Dialog mit dem realen Raum, erweitern ihn und fächern weitere Raumebenen auf.

In der Ausstellung »KABELPEITSCHE« arbeitete Patrizia Karda mit großformatigen Fotoabzügen, die sie fast wandfüllend im Raum befestigte. Somit entstand eine Gesamtinszenierung des Raumes oder vielmehr eine Rauminstallation, welche die Raumsituation komplett transformierte. Gleichzeitig legte die Künstlerin Rohre und Kabelstränge im Ausstellungsraum frei, die für gewöhnlich verborgen bleiben, um eine ästhetisierte Ausstellungssituation zu schaffen. Ausgehend von diesen verborgenen bzw. bewusst versteckten Elementen des Raumes konzipierte Patrizia Karda ihren künstlerischen Eingriff in den Raum.

Patrizia Karda konfrontierte in »KABELPEITSCHE« ein Herrenzimmer eines 1905 erbauten Hauses im Jugenstil-Dekor mit Abbildungen einer ausgebrannten Scheune und implantierte somit eine Abbruchsituation in einen repräsentativen Raum. Die Farbe der Fotografien war der Raumfarbe ähnlich und somit schien der abgelichtete Raum nahtlos in den Ausstellungsraum überzugehen. Die Fotografien selbst bestachen durch die vom Feuer modellierten Material- und Raumstrukturen, die durch den Lichteinfall in Szene gesetzt wurden.

Durch das Freilegen der Kabel und Rohre entlarvte sie museale Ausstellungsstrategien, die sich dem Ausstellungsraum als ›white cube‹ verschrieben haben und das Zusammenspiel von Fotografien, Kabel und Herrenzimmer verweist auf die unterschiedlichsten alltäglichen, repräsentativen, musealen und ruinösen ›Rauminszenierungen‹. Ferner versuchte sie mit dieser Rauminstallation einerseits der Historie des Raumes anhand der auffindbaren Indizien auf die Spur zu kommen. Andererseits erweiterte sie durch die Verknüpfung mit den auf den Fotografien abgelichteten Räumen den realen Raum ins Fiktive und ließ neue Geschichten entstehen, die sich durch den Titel noch potenzierten.

Pressetext

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Patrizia Karda KABELPEITSCHE
Installative Fotografie