press release only in german

Paul Pfeiffer, der 1966 in Honolulu, Hawaii geboren wurde und in New York lebt, zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstlern, die mit digitalen Bildverfahren arbeiten. Aus diesem Grund bereitet K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit Paul Pfeiffer eine Ausstellung mit Werken der letzten drei Jahre vor. Ausgehend von der Arbeit Self-Portrait as a Fountain von 2000, werden Videoarbeiten, Skulpturen und Fotografien ausgestellt, an denen sich zentrale Fragestellungen innerhalb des Werkes ablesen lassen.

Eines der Themen, mit denen sich Paul Pfeiffer beschäftigt, ist die Frage nach Identität, ihrer Entstehung und ihrer Rekonstruktion in einer von den Massenmedien bestimmten Welt. Dabei interessieren den Künstler vor allem die von den Medien verbreiteten Bilder von Stars, die tief in das kollektive Bewusstsein jedes Einzelnen innerhalb der globalen Gesellschaft eingedrungen sind. Mit Hilfe dieser Bilder kann er die konstruierte Identität von Stars vorführen, welche die eigentliche Persönlichkeit hinter einer Fassade verschwinden lässt. Gleichzeitig zeigt er die Orientierung des Individuums an den künstlich geschaffenen Rollenmodellen der Mediengesellschaft auf.

Gerade die unbewussten Beziehungen zwischen dem Einzelnen und dem Objekt seiner Beobachtung und Bewunderung spielen eine große Rolle innerhalb seiner Arbeiten. Aus diesem Grund bedient er sich häufig bekannter Bilder von „globalen Ikonen", wie Marilyn Monroe, Tom Cruise oder Muhammad Ali, für seine digital bearbeiteten Fotografien und Videos, bei denen die Medienbilder zerstückelt, fragmentiert oder ausgelöscht werden. So entfernt er zum Beispiel bei 24 Landscapes (2000) die Figur von Marilyn Monroe aus berühmten Fotografien von George Barris und lenkt den Blick auf romantisch anmutende Landschaftsaufnahmen eines Strandes. Bei den drei Versionen von The Long Count (2000/2001) benutzte er das historische Filmmaterial der drei wichtigsten Boxkämpfe von Cassius Clay alias Muhammad Ali. Es handelt sich dabei um den Kampf gegen Sonny Liston 1964 in Miami Beach, den gegen George Foreman 1974 in Kinshasa und den gegen Joe Frazier 1975 in Manila. Bei seinen Versionen sind die Boxer und die Kampfrichter in der Art aus den Aufnahmen gelöscht worden, dass sie nur noch als Schatten wahrnehmbar sind und der sie umgebende Raum, der Boxring und die Zuschauer in den Mittelpunkt des Interesses treten. Vor allem die medialen Spektakel der Pop-Kultur, die sich in großen, vom Fernsehen live übertragenen Sport- oder Musik-Events manifestieren, besitzen eine unmittelbare Wirkung auf das Individuum und tragen zur Veränderung und Auslöschung von historischem Bewusstsein bei. Nicht der Star als Person, sondern als Prototyp sowie das künstlich geschaffene Ambiente bleiben in Erinnerung. Das Individuum beginnt scheinbar erst für ein beobachtendes Publikum zu existieren, die Beobachter-Perspektive wird zum dominanten Faktor der Selbstwahrnehmung.

Neben den „Stars“ bedient sich Pfeiffer aber auch bekannter Vorbilder aus der Filmwelt, vor allem des Genres Horrorfilm bzw. Thrillerfilm. Self-Portrait as a Fountain (2000) besteht aus der vergrößerten Filmkulisse der bekanntesten Szene aus Alfred Hitchcock Films Psycho – der Dusche. Alle Protagonisten, der Regisseur, die Schauspieler und das Filmteam fehlen, werden aber durch die anwesenden Kameras, die exakt den Einstellungen Hitchcocks entsprechen, ersetzt. Mit dieser Arbeit lenkt Pfeiffer das Interesse des Betrachters verstärkt auf die kollektive Bildwelt des Films, aber auch auf die Frage, was man sieht, wenn man „Nichts“ sieht.

Daneben untersucht Pfeiffer die Grundlagen der Bildgenerierung in der heutigen Zeit. Er unternimmt in seinem Werk eine Suche nach einer Kontinuität zwischen dem traditionellen, alten Medium Malerei und dem modernen Medium Fernsehen, Video bzw. Live-Übertragung. Pfeiffer interessiert dabei vor allem die Nähe einiger Bilder von Fernsehaufzeichnungen verschiedener Sport-Events zu Motiven klassischer Malerei. Und das obwohl die Fernsehaufnahmen unter den speziellen Bedingungen der Live-Übertragung gemacht wurden, ihren Fokus auf besonders spektakuläre Bilder und gute „Starporträts“ legen und nicht auf eine ästhetische Gestaltung des Bildes. Aber auch die 2003 entstandene Arbeit Morning after the Deluge spielt mit dem Gegensatz von kunsthistorischem Zitat und auf den Kopf gestellter Naturbeobachtung. Hier steht jedoch die Irritation der Betrachter-Perspektive sowie die Verwischung von Wahrnehmungsgrenzen stark im Vordergrund. Für diese Arbeit hatte der Künstler in Cape Cod Sonnenauf- und –untergänge gefilmt und diese digital zu einem Bild vereinigt. Die Sonne bleibt stets als ruhender Punkt in der Mitte der Projektion stehen, während der Horizont und winzige Details wie Vögel oder Flugzeuge sich wie in Zeitlupe von oben nach unten durch das Bild der Sonne bewegen.

Während der Ausstellung wird in der Passage vor dem Eingang von K20 die Videoarbeit Orpheus Descending auf einem Monitor zu sehen sein. Das Video zeigt über 75 Tage den rund um die Uhr aufgezeichneten Lebenszyklus von Schlachthühnern, vom Ausbrüten in Brutkästen, über das Schlüpfen und die Aufzucht bis zur Schlachtreife. Pfeiffer erzeugt mit seiner Arbeit eine Parallelwelt, die von permanenter Überwachung durch Kameras bestimmt wird. Zum ersten und einzigen Mal von April bis Juni 2001 im World Trade Center, New York zu sehen, wird sie im Rahmen der Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen wieder präsentiert.

Paul Pfeiffer hat am San Francisco Art Institute und am Hunter College in New York studiert. 1997-1998 hat er am Whitney Museum of American Art ein Independent Study Program absolviert. Anlässlich der Whitney Biennial erhielt Paul Pfeiffer als erster Künstler einen der bedeutendsten Preise für zeitgenössische Kunst, den mit 100.000 US-Dollar dotierten „Bucksbaum Award“ des Whitney Museum of American Art. Seine Werke wurden bereits in Einzelausstellungen im Whitney Museum of American Art (2001) und im MIT List Visual Arts Center, Cambridge (2003), im Museum of Contemporary Art in Chicago (2003) und im Museum of Contemporary Art in Honolulu (2003) gezeigt. In Europa wurden ihm bisher nur in den Kunst-Werken in Berlin (2000) und im Kunsthaus Glarus (2001) kleinere Einzelausstellungen ausgerichtet, ansonsten waren einzelne Arbeiten ausschließlich in Gruppenausstellungen zu sehen. Pressetext

only in german

Paul Pfeiffer
Kuratorin: Valeria Liebermann