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Eröffnung: 12.12., 18.30

Philip Guston (1913-1980) zählt ohne Frage zu den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten Amerikas im 20. Jahrhundert. Bekannt sind seine Gemälde, die das Kunstmuseum Bonn 1999 erstmals umfassend in Deutschland vorstellte. Weniger bekannt sind dagegen seine Zeichnungen, die für das Verständnis seines Werkes von größter Bedeutung sind. Denn in den Zeichnungen, die sich als selbständig neben dem malerischen Oeuvre behaupten, zeigt sich stärker noch als in seiner Malerei der ‚unruhige’, der suchende Guston, der sich nie auf eine Handschrift, einen Stil festlegen lassen wollte.

Die Staatliche Graphische Sammlung München präsentiert knapp einhundert Zeichnungen und Gouachen des Künstlers, die nicht nur seine künstlerische Entwicklung der Jahre 1946 bis 1980 illustrieren, sondern auch Gustons gestalterisches Potential veranschaulichen. Die Zeichnung nimmt in seinem Werk eine spezifische Stellung ein. Alles andere als nur ein Hilfsmittel für die Malerei ist sie für ihn ein experimentelles Medium, über das er sich neue Ausdrucksmöglichkeiten erschließt, neue Werkphasen vorbereitet, gestalterische Probleme löst. So verleiht die zeichnerische Arbeit dem Gesamtwerk Struktur.

In den späten vierziger Jahren suchte Guston den Ausstieg aus der Gegenständlichkeit. Es entstanden abstrakte Tuschzeichnungen, die mal kraftvoll, mal ganz zart ausfielen. Lässt man dann die Arbeiten der fünfziger Jahre Revue passieren, spürt man förmlich den Energiefluss der Linie: gespannt, kraftgeladen, aber zugleich meditativ-beherrscht. „Es geht um die Verbindung der einzelnen Dinge untereinander, das Herstellen von Bezügen. Aber zugleich geht es darum, sozusagen die Zeichnung selber ihre Arbeit tun zu lassen.“ (Philip Guston).

In der Zeit um 1960 bereiten seine Papierarbeiten in vielen tastenden, sich selbst vergewissernden Schritten die Wiederkehr des Gegenständlichen vor. In dieser Ambivalenz zwischen Figuration und Abstraktion, in der die Formen metaphorisch mal in die eine und mal in die andere Richtung changieren können, liegt das gestalterische Prinzip der mittleren sechziger Jahre, das Guston mit einer fortschreitenden Reduktion des bildnerischen Inventars verbindet.

Schließlich prägen extrem reduzierte Zeichnungen, die sich semantisch oft nur durch den Titel erklären, die späten sechziger Jahre. Sie bewahren das Rätsel einer kryptisch-zeichenhaft zitierten Gegenständlichkeit und sind damit Wegbereiter für Gustons verschlüsseltes Spätwerk, das nach seiner ersten Präsentation 1970 vom überwiegenden Teil der amerikanischen Kunstwelt als Schock empfunden wurde. Für Guston gilt in besonderem Maße, was sein Freund Willem de Kooning einmal kongenial ausdrückte: „Man muß sich wandeln, um gleich zu bleiben“.

Die vom Kunstmuseum Bonn und der Staatlichen Graphischen Sammlung in München vorbereitete Ausstellung umfasst knapp einhundert Papierarbeiten von den mittleren vierziger Jahren bis zu Gustons Todesjahr 1980. Unterstützt wird diese Ausstellung, die Gustons zeichnerisches Werk erstmals in Mitteleuropa vorstellt, von dem Philip Guston Estate, der Familie Guston sowie der McKee Gallery, New York. Bedeutende Museen wie das Museum of Modern Art, New York, das Guggenheim Museum, New York und das Musée National d’Art Moderne, Centre Pompidou, Paris, sowie zahlreiche private Leihgeber haben ihre Werke für die Ausstellung zur Verfügung gestellt, die vorher im Kunstmuseum Bonn, im Louisiana Museum, Humlebaek sowie in der Albertina in Wien und nach München in der Morgan Library & Museum, New York gezeigt wird.

Zur Ausstellung erscheint ein umfassender, reich illustrierter Katalog, hrsg. von Christoph Schreier und Michael Semff, mit Essays von Isabelle Dervaux, Christoph Schreier, Michael Semff und Poul Erik Tøjner (Hatje Cantz Verlag, 216 Seiten, 116 Abb., davon 76 farbig).

Kurator: Michael Semff

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Philip Guston
Arbeiten auf Papier
Staatliche Graphische Sammlung in der Pinakothek der Moderne
Kurator: Michael Semff