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Eröffnung: 19. Juni 2009, 19:00 bis 22:00 Uhr

„Der geometrische Geist ist nicht so eng mit der Geometrie verbunden, daß er nicht von ihr abgelöst und auf andere Kenntnisbereiche übertragen werden könnte [...].“ (Bernard Le Bovier de Fontanelle*)

Nach seinem erfolgreichen Auftritt in der Overbeck-Gesellschaft Lübeck im Frühjahr diesen Jahres, präsentiert Philip Loersch in der Galerie Jette Rudolph seine erste Einzelausstellung unter dem Titel Bedingungen schaffen, worin seine neuesten und z. T. installativ inszenierten Zeichnungen und Cut-Outs zu sehen sein werden.

Loersch' s Arbeiten stehen mit plastischem Schattenwurf und eingebunden in die scheinbar logische Struktur diagrammartiger Fadennetzwerke vor der Wand oder dehnen sich meterlang im Raum aus; eine visuelle Dreidimensionalität suggerierend, bleiben die Zeichnungen faktisch an der zweidimensionalen Ebene haften. Eines der Hauptmotive des Künstlers ist das Wasser, eingespannt in ein konstruktives Axial- und Radialsystem. Die gestalterischen Mittel Loersch' s reduzieren sich auf Bleistift und grüne Tusche sowie partiell eingesetzten weißen Spraylack auf Polystyrol. Die Festigkeit des Bildträgers erlaubt es dem Künstler, seine Motive entlang ihrer Konturen auszuschneiden, um der Zeichnung mehr Lebendigkeit, Körperlichkeit und Bewegung zu verleihen.

In seiner aufgewühlten Form erinnern die Zeichnungen an Turners phantastisch vibrierende und zerstäubende Licht- und Wellenreflexe. Doch nimmt man in Loersch` s irisierenden Oberflächen der sich kräuselnden Wellen nicht nur eine stimmungshafte Lichtbrechung wahr, vielmehr vermutet man in der Aufteilung des Motivs in filigrane Einzelbestandteile ein rationales Denkgerüst, das in der Tat auf philosophische wie auch naturwissenschaftliche Ansätze anspielt.

So referiert der Künstler u. a. auf die klassischen Ansätze Empedokles und Platos unter Einbeziehung der Geometrielehre Euklids, die alles Leben auf kleinste Ursubstanzen und Festkörper reduzieren, bspw. den Festkörper des Wassers (Ikosaeder), dessen kleinstes und zugrundeliegendes Wesen an winzige Kugeln erinnert. Es ist die Faszination des Forschens nach der Berechenbarkeit und Sichtbarmachung des für den Menschen Ungreifbaren, das in den Cut-Outs zersprengter Wasseroberflächen bei Loersch metaphorisch Form gewinnt.

Mittels der Technik des Cut-Outs verlässt Loersch die gewohnten Bedingungen des zweidimensionalen Bildes und generiert ein eigenes mediales wie assoziatives System. Das Interesse des Künstlers am Wesen der Natur, der Vielschichtigkeit der Prozesse in ihren Bedingungen von Rhythmus und Zeit wird versuchsweise in der statischen Formensprache der Zeichnung veranschaulicht. Die Technik des Cut-Outs macht die Arbeiten virtuell begehbar und evoziert beim Betrachter den Eindruck des Springens zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, Motiv und Abstraktion gleich dem Aspekt steter Zustandsveränderungen in einem instabilen System.

* Vorrede über den Nutzen der Mathematik & den Naturwissenschaften; aus: Technikphilosophie. Von der Antike bis zur Gegenwart; Hrsg: Peter Fischer, Reclam Verlag Leipzig 1996

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Philip Loersch / Bedingungen schaffen