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Heliod Spiekermann begegnete in 30 Jahren der Prominenz der Kunstszene um Köln und Düsseldorf nicht nur auf dem Behandlungsstuhl ihrer Zahnarztpraxis, sie war auch regelmäßige Besucherin in den Ateliers von Polke und Kippenberger, Herold und Knoebel, hat den Aufstieg der Kölner Kunstszene aus unmittelbarem Erleben verfolgt und über Jahrzehnte einen immer streitbaren, engagierten und lustvollen Austausch mit den einschlägigen Galerien ihres Umfelds gepflegt. Damit wird zugleich ein Bogen geschlagen zum Beginn unserer Reihe ›Private/Corporate‹, denn selbstverständlich stand auch und gerade die Kölner Galerie von Paul Maenz im Mittelpunkt solchen Austauschs

Heliod Spiekermann lebt mit ihrer Kunst, sei es in ihrem idyllischen Haus in Düsseldorf-Haan, umgeben von Teich, Schafen, Gänsen und Schweinen, sei es in der südlichen Ferienwohnung oder in ihrer früheren Praxis. Nichts verschwindet in Depots oder wird nur um des Sammelns willen akkumuliert, in der Hoffnung auf öffentliche ›Wiedergeburt‹ in einem Sammlermuseum oder ähnlichem. Da aber Wohnräume begrenzt sind, ist es auch die Sammlung, die seit Anfang der 1990er Jahre nur noch um einige ausgewählt Stücke junger Positionen erweitert wurde.

So fand sich bis zur Schließung der Praxis zum Ende des vergangenen Jahres der Patient mit einer dunkel-dramatischen Installation Jonathan Meeses konfrontiert. Die Angst besiegen halfen da schon eher das frühe Bild Musée d'Art Moderne (1984) von Jörg Immendorf oder Andreas Slominskis fröhliche Blaufarbmühle (1996), während man sich die Zeit im Wartezimmer statt mit Lesezirkel-Magazinen mit einem Blick in Arno Schmidts ›Zettels Traum‹ verkürzen konnte. Zu Hause in Haan sind Bilder von Kippenberger und Herold die geistigen Partner am Tisch (an welchem beide manche Flasche Wein und manch exzellente Gans genossen haben), um den Kamin herum unterhält man sich mit und über Oehlen, Baselitz, Knoebel und Penck, während die Töchter-Zimmer mit Warhol Graphik und Dokoupils Frottee-Bild (1984) glänzen. Ihre gelebten geistigen Dialoge mit der Kunst hat Heliod Spiekermann in gelegentlichen, höchst originellen Texten kondensiert, so in dem schönen kleinen Büchlein ›Frech und ungewöhnlich am Beispiel Kippenberger‹ (1994).

Die Schwerpunkte der Sammlung Spiekerman werden in unserer Ausstellung durch die Werkgruppen von Kippenberger, Knoebel, Polke und Baselitz nachvollzogen. Heliod Spiekermann hat mit sicherem Kennerblick Hauptwerke ›ihrer‹ Künstler zusammengetragen, hierzu zählen Baselitz' großer Kopf aus Lindenholz (1979/84), Albert Oehlens Collagebild Die Wahrheit liegt in der Wohnung (1984) oder Polkes Chinesisches Meer (1983). Kongenial zur Haltung und künstlerischen Praxis Martin Kippenbergers stellt die Sammlung Spiekermann sämtliche Medien des Künstlers - Leinwand, Plakat, Objekt, Skulptur - hierarchielos nebeneinander.

Damit in einen Dialog gebracht haben wir den überschaubaren und qualitätvollen Bestand an vor allem deutscher Kunst der 1980er Jahre aus der Sammlung DaimlerChrysler. Wir haben also bewusst darauf verzichtet, der Dominanz von Narration und Expression in der Sammlung Spiekermann den gewachsenen Akzent geometrisch-konstruktiver Tendenzen unserer Sammlung entgegenzusetzen. Stattdessen begegnen aus unserem Bestand selten öffentlich gezeigte Werke von Baselitz, Oehlen, Fetting, Kippenberger u.a. Ergänzend dazu sind im Haus Huth erstmals Andy Warhols monumentales Bild Friedrich der Große (1986) der Sammlung DaimlerChrysler sowie das neu erworbene, eindrucksvolle The Security Council von Langlands & Bell aus dem Jahr 1989 zu sehen.

Meese und Slominski aus der Sammlung Spiekermann stehen die jüngeren, noch wenig etablierten Positionen von Markus Huemer, Ina Weber und Simone Westerwinter aus der Sammlung DaimlerChrysler gegenüber. Den Westerwinter-Werkblock in unserer Sammlung konnten wir um ein neues Collagebild aus der Gruppe der JA-Arbeiten abrunden, ihre insgesamt sieben Werke in unserer Ausstellung finden sich in einen visuellen Dialog gebracht mit Kippenberger und Warhol, die beide in unterschiedlicher Weise für die Künstlerin wegweisend waren.

Markus Huemers 2002 erworbene, Blinky Palermo gewidmete Projektionsarbeit haben wir um eine Arbeit ergänzt, die sich in Form digitaler Projektion mit ästhetischen Prozessen in den Bildern Sigmar Polkes auseinandersetzt. Abschließend seien noch einige weitere markante Werke unseres privat-öffentlichen Austausches erwähnt. In beiden Sammlungen mit je einem großen Architekturfoto vertreten ist Günther Förg, zum einen aus dem Komplex von Förgs fotografischen Recherchen in Tel Aviv (Sammlung Spiekermann), zum anderen mit einem überraschenden Blick in die Stätte der antiken Sybille in Cumae, Italien (Sammlung DC).

Ein markantes Gegenstück dazu bildet das ähnlich einer panoramatischen Lehrtafel angelegte Bild Each Profile Can Be Composed, 1971, des Japaners Keiji Usami, das durch die Rassenunruhen in Los Angeles 1965 ausgelöst wurde. Von hier können unsere Besucher sich weiter leiten lassen zu den Bearbeitungen konstruktiver Utopien im Werk Imi Knoebels oder aber zu den anti-zivilisatorischen Weltentwürfen A.R. Pencks.

Pressetext

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Private/Corporate III
Ein Dialog der Sammlungen Heliod Spiekermann, Düsseldorf, und DaimlerChrysler

Georg Baselitz, Rainer Fetting, Günther Förg, Markus Huemer, Martin Kippenberger, Imi Knoebel, Jonathan Meese, Albert Oehlen, A. R. Pencks, Sigmar Polke, Andreas Slominski, Keiji Usami, Andy Warhol, Ina Weber, Simone Westerwinter, u.a.