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Nachdem zum Jahresanfang mit der Mel-Ramos-Retrospektive der weibliche Akt Thema in der Kunsthalle Tübingen war, steht nun mit der großen Werkschau von Rainer Fetting sein Gegenstück im Mittelpunkt. Wie die Ausstellung an Hauptwerken belegt, hat Fetting das Thema der Männerbilder von 1974 an bis heute konsequent verfolgt. In Folge der Antikenrezeption galt der männliche Akt lange als Inbegriff der Schönheit. Erst im 20. Jahrhundert sind Männerbilder als Reaktion auf die politisch instrumentalisierten Heldendarstellungen totalitärer Regime ins Abseits geraten. In den 1970er Jahren beginnt, zeitgleich mit einer breiteren Akzeptanz homosexueller Lebenskultur, das Bild des schönen Mannes wieder Eingang in die Kunst zu finden. Einer der international profiliertesten Vertreter dieser Renaissance des Männlichen ist Rainer Fetting, der als Mitbegründer der Kreuzberger Galerie am Moritzplatz und Hauptvertreter der „Neuen Wilden" Ende der 1970er Jahre Berühmtheit erlangt. Seine intensiven Kontakte zu der amerikanischen Kunstszene und nach New York, wo er zwischen 1983 und 1994 lebt, sind in der Ausstellung durch ein Bild von Andy Warhol und eine Fotografie von Robert Mapplethorpe aus seinem Besitz belegt. Fettings teils sehr großformatigen, virtuosen Gemälde in der Kunsthalle Tübingen machen deutlich, dass der Künstler das Thema der Männerbilder von 1974 an bis heute konsequent verfolgt. Es ist sein Verdienst, die verschiedenen Facetten männlicher Erotik und Identität ins Bild gesetzt zu haben: das klassische Sujet des badenden Jünglings, die im antikischen Kontrapost stehende Figur, den tragischen Filmhelden, den sanften Mann mit Blumenstrauß, den gefährlichen Gangster, das küssende Paar oder Selbstbildnisse, mal in Cowboy-Manier, mal in Fummel. Immer wieder treten die Körper auch in die Kontexte von Stadt und Natur oder verwandeln sich mit ihren modellierten Muskelbergen gar selbst in eine Landschaft. Auch Frauen dürfen bei Fettings Männerbildern nicht fehlen, etwa Kate Moss an der Seite von Pete Doherty oder ein monumentales weibliches Kopfbild, das als Ruhepol zwischen kraftvollen Ganzkörperakten fungiert. Drei Bronzeplastiken, darunter eine aus der berühmten Willy-Brandt-Serie, dokumentieren überdies, dass Fetting sich auch als Bildhauer einen Namen gemacht hat. Das malerische Werk des heute 60-jährigen Künstlers ist gleichermaßen geprägt durch den amerikanischen, abstrakten wie durch den deutschen, figurativen Expressionismus: Aus den Spuren eines gestisch geführten Pinselschlages kristallisieren sich immer wieder präzise gesetzte malerische Illusionen heraus. Auch die pop-art-typische Verzahnung von hoher und niedriger Kunst ist in seinem Werk lebendig: Neben Alltagsszenen und massenmedialen Motiven finden sich Anklänge an Velázquez, Turner, Hopper, Rothko oder De Kooning. In jedem Fall zeugen Fettings Bilder von sinnlicher Appetenz, emotionaler Authentizität und einer hohen kompositorischen Reflektiertheit. MANSCAPES in der Kunsthalle Tübingen ist eine Themenausstellung, und zugleich viel mehr als das: ein spezifischer Querschnitt durch das überaus breite und freilich noch unvollendete Lebenswerk eines großen deutschen Malers der Gegenwart. Rainer Fetting wird am 31. Dezember 1949 in Wilhelmshaven geboren. Er studiert an der Hochschule der Künste in Berlin bei Hans Jaenisch Malerei. Berühmt wird er ab 1977 als Mitbegründer der legendären Galerie am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg. Sie bildet die Keimzelle der Bewegung der „Neuen Wilden", zu deren Hauptvertretern Fetting zählt. Ab 1983 lebt der Künstler hauptsächlich in New York. 1994 kehrt er zurück nach Berlin. 1996 gestaltet er für die SPD-Zentrale in Berlin eine Portraitplastik Willy Brandts, die Fetting auch als Bildhauer bekannt macht.

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Rainer Fetting
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