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Ralf Witthaus (geb. 1973) zeichnet seit neun Jahren mit Mähern und Messern in öffentliche Rasenflächen. Mit engem Bezug auf den Ort des Geschehens schafft der in Köln lebende Künstler zeitlich begrenzte Kunstwerke, die sich schon vom Tag ihrer Entstehung an wieder verändern.

Im Rahmen des Sommerprogramms der Städtischen Galerie Nordhorn ist Ralf Witthaus seit Montag zu Gast in der Stadt, um sein Projekt »Lob der Berge« auf den Hängen des Povelbergs hinter der Alten Weberei zu realisieren. Dabei nimmt er – wie zumeist in seinen Projekten – den konkreten Ort als Ausgangspunkt seiner Arbeit. Der (natürlich künstlich aufgeschüttete) Berg hinter der ehemaligen Povel-Webereihalle ist eigentlich der verbliebene Rest einer aufwändigen Bodenentseuchung, die für die Neubebauung des riesigen Areals der früheren Textilfirma Povel unumgänglich war. Ziel dieser EU-geförderten Maßnahme war die nahezu vollständige Reinigung und Entsorgung der mit giftigen Chemikalien und Schwermetallen belasteten Böden vor Ort. Die letzten nicht weiter zu reinigenden Erdreste wurden schließlich zusammengeschoben und mit einer dicken, unverrottbaren Kunststofffolie vollständig gegen den Kontakt mit Außenluft und Grundwasser abgedichtet. Diesen riesigen »Plastiksack« bedeckt heute eine ca. einen Meter dicke begrünte Mutterbodenschicht, während der Hügel selbst als einer der höchsten begehbaren Punkte zur Aussicht hoch über die Dächer der Stadt genutzt werden kann. Mit Bezug auf die große hintere Glasfront des heutigen Kulturzentrums »Alten Weberei« beschreibt Ralf Witthaus diesen Berg nun mit dem Rasentrimmer: Der große Schriftzug »Lobnordhorn der Berge« ruft in Anspielung auch auf Luis Trenker alle Klischees und Sehnsüchte des Alpentourismus wach – mitten im norddeutschen Flachland. Gleichzeitig ist dieser Ausdruck aber auch ganz wörtlich gemeint: Der Povelberg erfreut sich örtlich großer Beliebtheit, als Kletterhang für Kinder, als Aussichtsplattform und Jugendtreff, als Zentrum der täglichen Gassi-Runde für Hundebesitzer. Auffällig aber ist, dass die Besteigung des Berges in den seltensten Fällen über die steile und mit allen sicherheitstechnisch geforderten Einrichtungen ausgestattete Betontreppe erfolgt, sondern meist über einen Trampelpfad auf dem Grat der Pyramidenflächen.

Ralf Witthaus unterstreicht diese eigengesetzliche Nutzung durch entland dieser Wege eingefräste Treppenstufen, die zugleich aber je nach Blickwinkel auch in ein dekoratives Mäandermuster kippen. Die Spannung zwischen streng überwachter Altlastenentsorgung, reglementiertem Freizeitbereich und der unkontrollierten öffentlichen Nutzung des Berges jenseits aller Verbote sind Ausgangspunkte von Witthaus’ augenzwinkernder Kommentierung: Bergsteigen als Spiel.

1973 in Bad Oeynhausen geboren, lebt Ralf Witthaus nach seinem Studium an den Hochschulen in Bielefeld, Enschede, Berlin und Hamburg heute in Köln. Neben mehreren Einzel- und Gruppenausstellungen realisierte er in jüngster Zeit u. a. Projekte für den Kunstverein Leipzig (2005) und das Goethe-Institut in Rotterdam (2006).

Anlässlich der Fertigstellung der neuen Rasenmäher-Zeichnung von Ralf Witthaus lädt die Städtische Galerie Nordhorn am Freitag, den 23. Juni 2006, um 20 Uhr am Fuße des Berges zu einem ungezwungenen Künstlergespräch bei Grillwürstchen und Getränken aus dem »Grafschafter Brauhaus« ein.

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Ralf Witthaus: Lob der Berge
Rasenmäherzeichnung am Nordhorner Povelberg hinter der Alten Weberei
Temporäre Installation
Einweihung: Freitag, 23.6.2006, um 20 Uhr
Ausstellungsleitung: Roland Nachtigäller