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Als Gustave Courbet 1853 seine Protestausstellung gegen den offiziellen Salon mit dem programmatischen Titel »Réalisme« überschrieb, eröffnete er der Kunst ein ganz neues Feld, das bis heute vielfältige künstlerische Möglichkeiten bietet. Die Frage nach der Realität und der Wahrnehmung der Wirklichkeit wurde seitdem zum wichtigsten Thema der Moderne, selbst wenn schon zuvor in der Kunstgeschichte Strategien entwickelt wurden, die äußere Erscheinung der Welt und der Dinge in höchster Präzision darzustellen. Seit jeher haben Künstler Vorstöße gemacht, diese Erscheinungen ins Bild zu transformieren, als sei es die Wirklichkeit selbst. Aber erst mit der Moderne werden die Vergeblichkeit dieses Bemühens und der Zweifel an der Darstellbarkeit der Realität zum eigentlichen Thema der Kunst. Objektivität wird zum Paradox. In gleicher Weise, wie diese Erkenntnis verunsichert, ist sie auch befreiend, zeigt sie doch das erfrischende Unvermögen, die Welt in einem Bild zu begreifen und festzuhalten.

In dieser umfangreichen Übersichtsausstellung, die sich mit dem komplexen wie faszinierenden Phänomen des Realismus beschäftigt, ist das verbindende Element der ausgewählten Kunstwerke die hochgradig glaubwürdige, objektive und detailgenaue Imagination der sichtbaren Wirklichkeit. Perspektive und Schatten, Anatomie und Raum, Oberfläche und Atmosphäre stimmen in hohem Maße mit den Erfahrungen der Wirklichkeit überein. In acht Kapiteln werden jeweils fünfzehn bis zwanzig Künstlerpositionen gezeigt. Diese sind: Stillleben: Die Welt der Dinge; Das Interieur: Aura und Magie des Raums; Die Stadt: Lebensraum und Bühne; Landschaftsdarstellungen: Raum und Zeit; Das moderne Historienbild: Konstrukt oder Zeugnis; Das Genrebild: Dokument oder Inszenierung? Das Porträt: Grenzen des Sichtbaren; Der Akt: Natürlichkeit oder Pose. Jedes Kunstwerk kann in den Dialogen seine Eigenart besonders gut zur Entfaltung bringen, ohne auf ein kulturhistorisches Dokument reduziert zu werden. Der Betrachter wird somit motiviert, über historische Grenzen hinweg Fragen nach der Darstellbarkeit von Wirklichkeit und der Funktion von Kunst bei der Konstruktion von Realität nachzugehen.

Die Ausstellung »Realismus – Das Abenteuer der Wirklichkeit« spannt einen weiten Bogen vom Realismus des 19. Jahrhunderts über die Neue Sachlichkeit, die Pop-Art und den Fotorealismus der 1960er Jahre bis zur Kunst der Gegenwart. Der Fokus der über 180 Kunstwerke ist auf präzise und detailgenaue Auseinandersetzungen mit der Wirklichkeit gerichtet. Von malerischen und expressiven Tendenzen des Realismus wird dagegen bewusst abgesehen. Kunstwerke aus allen Medien, Malerei, Fotografie, Skulptur, Videokunst und Grafik von über 120 internationalen Künstlern werden einander gegenübergestellt. Unter den Künstlern finden sich berühmte Klassiker wie Gustave Courbet, Edward Hopper, Christian Schad oder Duane Hanson sowie eine Reihe international renommierter Künstler der Gegenwart von Gerhard Richter bis Andreas Gursky, aber auch junge Positionen, die es zu entdecken gilt.

Die Ausstellung von Nils Ohlsen und Christiane Lange entstand in Zusammenarbeit der Kunsthalle Emden und der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München. In Emden ist sie seit 23. Januar und noch bis 24. Mai 2010 zu sehen. Im Anschluss an die Münchner Präsentation geht »Realismus – Das Abenteuer der Wirklichkeit« in leicht veränderter Form in die Kunsthal Rotterdam.

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Realismus. Das Abenteuer der Wirklichkeit

Künstler: Gustave Courbet, Edward Hopper, Christian Schad, Duane Hanson, Gerhard Richter, Andreas Gursky, ...