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Rembrandt ruft. Vor dem Rijksmuseum stand der einen zerlumpten Kaftan und eine braune verschlissene Malermütze tragende Greis plötzlich nah vor mir. Er führte seinen Mund an mein Ohr, das er mit seiner schmutzigen Hand schützte, und flüsterte mir zu: "Hihi, jetzt stellen sie nicht nur ihre Toiletten, sondern auch ihre Exkremente aus." Der Greis strömte eine unangenehme Geruchsmischung von kaltem Schweiß, muffiger Kleidung und übermäßigem Genevergenuß aus, dass ich ihn schnell zurückließ und ins Museum flüchtete. Dort war im großen Saal eine mit Kot gefüllte Zinkbadewanne ausgestellt, deren ausströmender Gestank die Ausdünstungen des Greises noch als Parfum erschienen ließen. Um die Zinkwanne tanzten mit Leopardenfelltangas bekleidete Gnome, die schwarze Totenkopffahnen schwenkten unter dem Gelächter kirschmundiger, blasser Kokotten. Ein Hüne mit Hauptbekränzung aus Paradiesvogelfedern stolzierte durch die Menge. "Der Direktor, Sohn eines Wanderpredigers", raunte es aus der Besuchermenge, "er wird gleich seine göttliche Rede halten". Der Direktor sprach ohne die Reaktion der Menge abzuwarten mit lauter, klarer Stimme: "Laßt uns das neue Werk des großen Meisters preisen, aber es ist einer unter euch, der nicht an unsere Kunst glaubt" und dabei zeigte er mit einem silberköpfigen Spazierstock auf mich. Ich fühlte, wie mich hunderte lüsterne Augenpaare durchbohrten und ehe ich mich besann, war ich von zwei hünenhaften, Hellebarden tragenden Soldaten, mit Filzschlapphut, weitem Rocke und Lederkoller bekleidet, arrestiert und ward unter dem Gegröle der Menge in die stinkende Zinkwanne geworfen. Mir wurde schwarz vor Augen und ich fühlte mein nahes Ende kommen. Plötzlich wurde ich von starken Händen behände aus dem Trog gezogen und mit meinen verklebten Augen, kaum sehend, erkannte ich den alten Mann vom Museumsvorplatz. Er zog mein Ohr wiederholt an seinen Mund und begann Künstlernamen zu flüstern, die ich aber kaum verstand, weil der Lärm um uns herum zugenommen hatte. Ich wachte auf, ich mußte unter der Lektüre der umfangreichen Kunstzeitschrift eingeschlafen sein. Einschläferndes Kunstsoziologensuaheli, dachte ich, wie klar war doch die Sprache eines Wilhelm von Bode. Auf dem Schreibtisch lag eine von mir vorher nicht beachtete Einladung zu einer Gruppenausstellung mit dreißig Künstlern. Jemand hatte in kindlich naiver Schrift in schwarzer Tinte darauf geschrieben: "Rembrandt ruft".

Ralph Kleinsimlinghaus

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REMBRANDT RUFT / REMBRANDT CALLING

Künstler: Felix Baltzer, Ralf Berger, Arvid Boecker, Hede Bühl, Georg Cadora, Heinrich Campendonk, Charles Catteau, Maria Anna Dewes, Felix Droese, Uwe Esser, Lenz Geerk, Michael Growe, Sabine Hauptmanns, Gerhard Hoehme, Jack Holden, Samuel Imbach, Kazuo Katase- Mischa Kuball, Andrea Lehmann, Volker Lehnert, Vera Leutloff, Simone Lucas, Paul Maciejowski, Ariane von Mauerstetten, Jürgen Meyer, Wilhelm Mundt, Uwe Rachow, Christian Sery, Martin Streit, Manuela Wossowski.