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Rembrandts Strich
Eine Ausstellung des Kupferstich-Kabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
14.06.2019 - 15.09.2019

Ausstellungsort: Residenzschloss, Kupferstich-Kabinett

2019 jährt sich Rembrandts Todesjahr zum 350sten Mal. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), die eine der bedeutendsten Sammlungen seiner Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken bewahren, nehmen dieses Jubiläum zum Anlass, den Künstler in einer großen Ausstellung zu feiern. „Rembrandts Strich“ konzentriert sich auf den Grafiker und Zeichner und wirft einen Blick auf den Künstler, der wie kein zweiter bis heute andere Künstler*innen zur Auseinandersetzung anregt.

Die einzigartige Sammlung des Dresdner Kupferstich-Kabinetts bildet die Grundlage für die Ausstellung, die ihr besonderes Augenmerk auf Rembrandts erzählerische Kompositionen, seine radierten Selbstbildnisse und die Studien von seiner Ehefrau Saskia van Uylenburgh legt. Die Präsentation umfasst dabei rund 100 Werke aus allen Schaffensperioden des Künstlers und etwa 50 Radierungen und Zeichnungen von Schülern seiner Werkstatt sowie Werke von späteren Künstler*innen, die Rembrandt als Autorität und kreative Inspirationsquelle verstanden. Ergänzt durch wertvolle Leihgaben aus nationalen und internationalen Museen, darunter das Musée du Louvre in Paris, das Rijksmuseum in Amsterdam, die Courtauld Gallery in London, das Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, die Graphische Sammlung in München, das Städelmuseum in Frankfurt sowie aus der Schenkung Sammlung Hoffmann und weiteren Privatsammlungen öffnet die Schau den Blick auf einen der innovativsten und unkonventionellsten Künstler aller Zeiten.

Die Reihe derer, die ihr Selbstbildnis in Auseinandersetzung mit Rembrandt definierten, reicht von unmittelbaren Nachfolgern und Meistern des 18. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit. Dazu gehören Künstlerinnen wie Benedetto Castiglione (1609–1664), Jonathan Richardson (1667–1745), Christian W. E. Dietrich (1712–1774), Francisco de Goya (1746–1828), Lovis Corinth (1858–1925), Käthe Kollwitz (1867–1945), Max Beckmann (1884–1950), Pablo Picasso (1881–1973), A.R. Penck (1929–2017), Gerhard Altenbourg (1926–1989) sowie Marlene Dumas (1953) und William Kentridge (*1955).

Zeitlos fesselnd bleibt Rembrandt auch durch seine Radikalität in der Auswahl und der unkonventionellen Interpretation christlicher und profaner Bildthemen, nicht weniger durch seine Experimentierfreudigkeit – besonders im Gebrauch grafischer Techniken –, sowie durch seinen reflektierten und dabei oft humorvollen Intellekt. Mit leichter Hand, fast spielerisch, doch voller Energie, sprengte er sämtliche Konventionen. Sein dynamischer, unverkennbarer Strich schuf Bildwelten, aus denen ein schier unerschöpfliches Interesse an der Natur als Schöpfung deutlich wird. Der Strich steht dabei für Rembrandts markante Handschrift. Darüber hinaus ist er Synonym für die unverwechselbare Kreativität des Künstlers und damit für seine Persönlichkeit. Schließlich steht der Strich selbst auch für eine Markierung oder Spur, die sein künstlerisches Werk stets hinterlässt. Dies wird in der Ausstellung in fünf Kapiteln vorgestellt:

Rembrandts Selbst markiert dabei den Anfang. Hier wird er als Person, die das Publikum in seiner Signatur ebenso konkret fassen kann wie in den zahlreichen Selbstporträts, sichtbar. Die zusammengeführten Arbeiten zeigen den Künstler mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken und in verschiedenen Rollen – ob als Bettler oder orientalischen Edelmann. Sie erzählen von seiner Selbstbefragung und Selbstdarstellung. Mit der Radierung bediente sich Rembrandt eines Reproduktionsmediums, das ihm und späteren Künstler*innen zur Selbstinszenierung diente.

Das zweite Ausstellungskapitel Rembrandt und Saskia widmet sich Rembrandts bereits 1642 im Alter von 29 Jahren verstorbener Frau. Mit etwa zwölf Zeichnungen und Radierungen wird eine Werkgruppe in der Ausstellung zum ersten Mal so zu sehen sein. Dazu gehört nicht nur die Dresdner Pinselstudie von Saskia im Bett, sondern auch das berühmte mit dem Silberstift ausgeführte Berliner Verlobungsbildnis sowie das herausragende, etwa zeitgleich entstandene Ölgemälde der lachenden Saskia aus der Gemäldegalerie Alte Meister.

In Rembrandt lernt und Rembrandt lehrt weitet sich der Blick auf die Künstler aus, mit denen er unmittelbar zusammengearbeitet hat – sei es als Schüler oder später als Lehrer. Der Künstler wird fassbar, etwa wie er mit energischem Strich Schülerzeichnungen korrigiert oder wie er gemeinsam mit ihnen vor Aktmodellen sitzt.

Das zentrale Kapitel Werkprozess fragt nach der Bildfindung in Zeichnung und Druckgrafik. Die bei ihm relativ seltene Zeichnung als bildvorbereitendes Instrument wird in die Ausstellung einbezogen. Das Thema findet seinen Höhepunkt in dem berühmten Hundertguldenblatt von 1648, dessen Vorzeichnungen erstmals zusammen gezeigt werden. Hier werden auch drei Zustände der großen Kaltnadelarbeit Ecce Homo gezeigt, deren dramatische Komposition sich in mehreren Schritten entwickelte.

Das letzte Kapitel ist mit Licht und Schatten überschrieben, ein wichtiges Mittel im Œuvre des Niederländers. Mit diesem Gegensatzpaar gelang es Rembrandt, nicht nur die physische Welt wiederzugeben, sondern auch die Erkenntnisdimension der Darstellung zu verbildlichen. Seine unverstellten Beobachtungen aller körperlichen Bedürfnisse, auch der Sexualität, schufen darüber hinaus neue Bildthemen, die traditionelle Motive hinter sich ließen.

Durch die Einbeziehung von Künstler*innen, die Rembrandt bis heute mit großer Selbstverständlichkeit als lebendige Autorität und Quelle für Inspiration verstehen, soll weniger die Rezeption an sich gezeigt werden, sie dienen vielmehr als Kronzeugen für die über Jahrhunderte anhaltende, fulminante Strahlkraft des Künstlers.

In direkter Auseinandersetzung mit „Rembrandts Strich“ hat sich die in Prag arbeitende Künstlerin Adéla Součková (*1985) mit dem Kernthema „Selbst“ auseinandergesetzt und im Foyer des Kupferstich-Kabinetts eine raumgreifende Installation geschaffen, die nach der Relevanz Rembrandts in der Gegenwart fragt.

Im Studiolo, das im Renaissanceflügel des Residenzschlosses beheimatet ist, öffnet die Präsentation einer Videoarbeit mit dem Titel „Junks“ der niederländischen Künstler Jeroen de Rijke (1970–2006) und Willem de Rooij (*1969) den Blick in die Gegenwart. In Gegenüberstellung mit einer Gruppe von Gemälden aus Rembrandts Kreis wird deutlich, dass Fragen über den Habitus und die Individualität bis in die heutige Zeit in Bildern gestellt werden.

Die Ausstellung wird von einem vollständig illustrierten wissenschaftlichen Katalog in deutscher und englischer Sprache, publiziert von Paul Holberton Publishing, begleitet.

„Rembrandts Strich“ steht unter der Schirmherrschaft des Botschafters des Königreichs der Niederlande in Deutschland, seine Exzellenz Wepke Kingma.