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Es gibt beinah unzählige Texte, Bücher und Ausstellungskataloge über Richard Prince (geb.1949) sowie von ihm selbst verfasste Essays für eigene und für Publikationen anderer Künstlerinnen und Künstler. Seine Ausstellungstätigkeit ist ebenfalls kaum überschaubar, und bereits zu Beginn seiner Karriere hatte er Einzelpräsentationen in wichtigen internationalen Museen. Bekannt ist er nicht zuletzt auch wegen der astronomischen Preise, die seine Arbeiten auf dem Kunstmarkt erzielen. Doch obwohl sein Werk diese große Verbreitung findet und viele glauben, es zu kennen, ist Richard Prince bis heute ein enigmatischer Künstler geblieben. Einmal gelegte Spuren weiß er konzeptuell überzeugend zu verwischen, indem er überraschend neue Pfade einschlägt. Dass er mitunter auf genau dieselben Wege zurückkehrt und beispielsweise die gleichen Titel, Themen und Motive aufgreift, die er zuvor für andere Serien verwendete, macht das Erfassen seines Gesamtwerks nicht einfacher. Es ist und bleibt ein Phänomen, dass, obwohl seine künstlerische Vorgehensweise letztendlich nicht zu durchschauen ist, seine Cowboys, Nurses und Jokes zum festen Bestandteil des Kanons zeitgenössischer Kunst zählen.

Erstes Aufsehen erregte Richard Prince Ende der 1970er Jahre durch abfotografierte Werbeanzeigen und Bilder aus Verkaufskatalogen, die weder Schrift noch Logos erkennen ließen. Schmuck und Accessoires gehobenen Lebensstils sowie edle Interieurs prägen die Atmosphäre dieser frühen Farbfotografien des Künstlers. Seine ein Jahrzehnt später auf der Grundlage von Marlboro-Zigaretten- Werbung entstandenen Cowboys erlangten rasch Kultstatus und zählten in Bregenz 2011 zu den Highlights der Gruppenausstellung So machen wir es. Aspekte der Populärkultur Amerikas und Porträts verschiedener sozialer Milieus tauchen in seinem Werk, das Gemälde, Fotografien, Skulpturen und Installationen umfasst, hauptmotivisch immer wieder auf. Hierzu zählen Gruppen unterschiedlicher Subkulturen wie Rocker und deren Girlfriends (so der Titel einer Werkserie von Prince). Zu seinen populärsten Gemälden gehören die sogenannten Jokes und Cartoons, auf denen Witze in Form von Schriftbildern beziehungsweise Zeichnungen mit Acryl im Siebdruckverfahren auf Leinwände übertragen werden. Auch wenn Prince sich mit vordergründig Banalem wie den Motorhauben von Autos beschäftigt, gelingt es ihm, diese in einen Schwebezustand zu überführen, der gleichermaßen dem Trivialen wie dem Auratischen verhaftet ist. Speziell für das Kunsthaus Bregenz hat Prince eine Ausstellung konzipiert, die den Titel It’s a Free Concert trägt. Ein Großteil seiner Arbeiten wird hier zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Dabei stellt der Titel eine Art Leitmotiv dar, das sich durch die gesamte Präsentation zieht, ohne dass die einzelnen Arbeiten hierauf zu reduzieren wären. Zum einen könnte der Verweis auf ein Konzert als Hommage an die Festspielstadt Bregenz und ihre Open-Air-Oper gedeutet werden, zum anderen die Vorstellung von einer hippiesken Jugendkultur hervorrufen. Es finden sich zahlreiche Anklänge an die Populär- und Subkultur, und Rockund Popstars wie Bob Dylan, Jimi Hendrix und Bands des sogenannten Doo-Wop-Stils aus den1950er Jahren, mit denen der Künstler aufwuchs, sind omnipräsent. Die häufig mit Rockkonzerten verbundene Entgrenzung und das Überschreiten von Konventionen blitzen auch in den kleinformatigen Arbeiten auf, in denen Prince Werbefotos für Pornofilme mit Aufklebern versieht, die als Beschriftungen für DVDs dienen. Neben Sex, Rock ’n’ Roll beziehungsweise anderen Formen populärer Musik ist das Auto — genauer amerikanische Straßenkreuzer der Marke Chevrolet El Camino und Buick Grand National — ein weiteres Projektionsfeld, das in der Ausstellung den (vermeintlich maskulinen) amerikanischen Traum von Freiheit ins Bild setzt. Dabei gelingt es Prince durch seinen gleichermaßen huldigenden wie auch kritischen Blick auf die eigene Kultur, deren komplexe verführerische Kraft lustvoll in Kunstwerke zu überführen. Und ganz nebenbei verbindet er in der Bregenzer Ausstellung allein über die Werktitel seiner schon jetzt legendären Auto-Arbeiten, die Namen wie Elvis oder The Doors tragen, den Kreislauf von Musik und Straßenkultur. In dieser ersten großen institutionellen Einzelausstellung von Richard Prince in Österreich wird nicht nur die Vielfältigkeit seiner Vorgehensweise deutlich, sondern auch deren beeindruckende konzeptionelle Stärke.