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Mit Robert Lucander (geb. 1962 in Helsinki, lebt und arbeitet in Berlin) stellt das Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr einen Künstler vor, der in seinem Heimatland Finnland längst zu den Stars der Kunstszene zählt. Von Anfang an, seit seinem Studium an der Hochschule der Künste, Berlin (1989 - 1995), spielen in seinem Oeuvre Fragen nach dem Stellenwert von Original und Kopie, von Malerei und fotografischer Vorlage eine entscheidende Rolle. Lucanders frühe Abstraktionen etwa verstehen sich nicht als individuelle Entwürfe, sondern als eine Reflexion auf den Begriff der modernen Malerei. Er zitiert, stets mit gezielt gesetzten Irritationsmomenten, wegweisende Positionen der gegenstandslosen Malerei unter Verwendung von ungemischten Lackfarben. Erscheint zunächst der folgende Schritt seiner künstlerischen Entwicklung wie ein Bruch, so eröffnet ihm die Hinwendung zur Figuration ein neues Spielfeld, das es ihm erlaubt, sowohl die Geschichte der Malerei als auch die der Medien, mit einzubeziehen.

Seit Mitte der 1990er Jahre ist Robert Lucander international bekannt für seine Bilder auf großen Holztafeln, die in scherenschnittartigen Umrissen und schriller, plakativer Farbigkeit lachende Partymenschen und Personen des öffentlichen Lebens zeigen. Seine Motive und Titel findet er in Zeitschriften, Magazinen, Groschenromanen, Büchern oder auf Plattencovern. Neuerdings verwendet er auch eigene fotografische Schnappschüsse, die meist von Absurditäten des Alltags erzählen. Humorvoll entlarvt er mittels der Fokussierung auf Gesten und Mimik die Doppelbödigkeit medialen und gesellschaftlichen Terrains. Indem er die Personen seiner Vorlagen ohne Raum, Hintergrund und Bezugskontext agieren lässt, gerinnt das Moment der Kommunikation jedoch zur leeren Hülle, Sehnsüchte und Erwartungshaltungen scheinen im luftleeren Raum zu verpuffen. Mit dem banalen Ausgangsmaterial und seinen mitunter an filmische Montagen erinnernden Bildern unternimmt Robert Lucander Reisen in die Welt der Psychologie. Vergleichbar der Dramaturgie eines David Lynch, der stets zunächst schöne glatte Oberflächen präsentiert, um den Betrachter umso tiefer durch deren Risse in unentwirrbare Schatten- und Doppelwelten blicken zu lassen, konfrontiert der Künstler seine Protagonisten gerne mit sich selbst.

Das Motiv des Spiegelbildes, latent bereits in Robert Lucanders abstrakten Werken vorhanden, untersucht er in den letzten Jahren geradezu systematisch, wobei er die Helden seiner Darstellungen in Identitätsfragen involviert. In der Arbeit "Mensch ärgere Dich nicht. West und Ost" (2006) spielt ein einsamer Rentner, einmal im kleinkarierten und einmal im großkarierten Hemd, leidenschaftlich mit Figuren in den Farben der deutschen Flagge gegen sich selbst. Oder ein Mädchen, dessen Trägerkleid an ein Gemälde von Mondrian erinnert, ruft seinem Spiegelbild mit gerunzelten Stirnfalten und entsetztem Gesichtsausdruck die Worte "Das darf doch nicht wahr sein!" entgegen.

Robert Lucander bearbeitet seine Holztafeln explizit unmalerisch, die Figuren werden durch Bleistiftschraffuren und Zeichnungslinien angedeutet, bildnerische Tiefe entsteht durch den gekonnten Einbezug der Holzmaserung. Der Farbauftrag ist auf kontrastreiche Setzungen in Lack beschränkt. Der Künstler arbeitet stets an der Grenze, an der Malerei aufhört Malerei zu sein, ja er widersetzt sich all ihren Traditionen, indem er untypische Techniken verwendet und jeglichen authentischen Erzählfluss ad absurdum führt. Stets die Balance haltend zwischen malerischem Anliegen und gesellschaftsrelevanten Aussagen besetzt Robert Lucander innerhalb der zeitgenössischen Kunstlandschaft eine singuläre Position. Sie zeichnet sich durch Witz und Originalität aus und begibt sich auf die Suche nach der Grenze zwischen Schein und Wirklichkeit, Lüge und Wahrheit.

Die Ausstellung ist in Kooperation mit dem Museum Baden in Solingen entstanden. Sie ist nicht nur die erste Museumspräsentation Robert Lucanders in Deutschland, sondern gibt erstmals einen repräsentativen Überblick über sein Gesamtwerk. Er serviert seinen Cocktail International in Mülheim unter dem Motto Alles Original Remix, in Solingen wird die Version Instrumental zu sehen sein. Die Ausstellungstitel beziehen sich auf eine Schallplattenfolge mit Schlagerpotpourris der 1970er Jahre. Dabei greift Lucander, Sammler von Vinylplatten, auf Gepflogenheiten der Musikbranche zurück, wo ein Stück die Variation und das Surrogat des anderen ist und keiner mehr so genau weiß, wie das Original eigentlich klingt.

Im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr liegt der Fokus auf neuesten Holzgemälden und umfangreichen Aquarellfolgen. Sie werden in Form von eigens für das Museum entwickelten Rauminstallationen zu sehen sein.

Die Präsentation in Solingen (9.9. - 29.10.2006) ist dem Frühwerk von Robert Lucander gewidmet. Ausgewählte Werke auf Holz bilden die Schnittmenge der Präsentationen in beiden Häusern.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Pressetext

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Robert Lucander
Cocktail International – Alles Original Remix
Kooperation: Museum Baden, Solingen
Kuratorin: Beate Ermacora