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RAUM I: Rosemary Laing: weather

„weather“ ist die neue Serie der international bekannten australischen Künstlerin Rosemary Laing (*1959 in Brisbane). Der Titel „weather“/Wetter steht für Klima und Klimaveränderung, beides hat zunehmend problematische Auswirkung auf die Menschheit und manifestiert sich in gewaltigen, dramatischen Naturereignissen.

„weather“ steht aber auch für das sich wandelnde globale politische und soziale Klima, dem sich der Einzelne nicht entziehen kann und dem für ihn daraus resultierenden Zustand des „Geworfen- Seins“.

Laings Interesse an Schwerkraft und Bewegung als physikalisches Phänomen sowie als Metapher prägte schon frühere Serien ins Besondere „flight research“, 1999, und „bulletproofglass“, 2002, und bietet für den komplexen Zusammenhang eine ebenso dichte wie poetische Bildsprache.

In der bisher nur 6 Motive umfassenden Gruppe großformatiger Farbfotografien entstanden einige vorwiegend dokumentarische Landschaftsmotive von starker expressiver Kraft. Ihnen steht kontrapunktisch eine Reihe von vollständig inszenierten Fotografien mit Menschendarstellungen gegenüber, die Rosemary Laing im Windkanal eines Filmstudios aufgenommen hat. Zu den letzt genannten gehört weather #5, 2006 c-print, 124 x 168,5 cm. Es zeigt eine isolierte Frauengestalt vor hellem Hintergrund, die aufrecht stehend von einem Luftstrom in freier Schwebe gehalten wird, so als würde sie willenlos von den Elementen durch Zeit und Raum getragen.

Ist der Zustand der Schwerelosigkeit hier noch ambivalent, so steigert sich die Windkraft in den anderen Fotografien zu einem gewaltigen Wirbel, in dem die Frauengestalt in einem dichten Regen von Zeitungsfetzen durch die Luft geschleudert wird. Kraftlos und der Möglichkeit zur individuellen Einflussnahme beraubt, ist die menschliche Existenz einem immer stärkeren Strudel unterschiedlichster Einflüsse ausgesetzt, dem der einzelne sich so wenig entziehen kann wie dem Wetter. Der Gegenpart, die dokumentarischen Landschaftsaufnahmen, ist von beklemmender Schönheit. Sie zeigen, dass auch die Natur von schweren Stürmen gezeichnet ist. Alle Farbe scheint weggewaschen, die Vegetation gleicht von der Sonne gebleichten Gebeinen. Eine atmosphärische Verwandtschaft mit der metaphorischen Landschaftsdarstellung der Romantik (Turner, C.D. Friedrich) klingt an.

Bei der Wahl der Orte für diese Aufnahmen interessiert die Künstlerin, neben den spektakulären Landschaften, besonders die exemplarische Rolle, die die Historie und der kulturelle Wandel diesen Plätzen verleiht. Weather (Eden) #1 (cprint, 124 x 235 cm, Ed. 8) ist eines der drei Landschaftsbilder. Eden war einst eines der Walfangzentren in Australien. Ein prosperierendes Fischerdorf in paradiesischer Landschaft, dessen Bucht sich zu Zeiten der Walschlachtung rot färbte. Mit dem Verbot des Walfangs verfiel der Ort und sucht bis heute nach einer neuen wirtschaftlichen Grundlage wie so viele andere Regionen auf der Welt auch. Für „Eden #1“ hat Laing in das sturmzerzauste Gewirr des grauen Unterholzes im Hinterland ein leuchtend rotes Nylonfischernetz gewoben und so ein Bild von desolater Schönheit geschaffen, das das Zusammenspiel von Klima, Ökonomie und Zivilisation thematisiert.

RAUM II Malick sidib é Studio: Portraits und frühe vintages

1936 geboren in Soloba /franz.Sudan (heute Mali) gründete er 1956 ein eigenes Fotostudio in Bamako. Die dort entstandenen Portraitfotografien sind ein soziokulturelles Portrait der damaligen afrikanischen Gesellschaft. Die enge Verbindung traditioneller Strukturen mit den Attributen moderner westlicher Lebensformen wird in diesen Bildern besonders deutlich. In seinen Portraits schafft er vergleichbar mit August Sanders Fotografiezyklus >Antlitz der Zeit< eine über das Individuelle hinausgehende Menschendarstellung. Titel „Ready to take a flight“, 1972, weisen auf den sozialen Kontext hin.

Die Studiosituation mit den sich immer wiederholenden Requisiten und Hintergründen und die strenge Bildauffassung machen die Portraits unverwechselbar. So ist es letztlich weniger das Exotische des Motivs, sondern die überzeugende Art der Bildgestaltung, die Unmittelbarkeit des Ausdrucks und die meisterhafte Handhabung des Schwarz-Weiß, die an Sidibés Studiofotografien so faszinieren.

Wir freuen uns besonders, zu den Studioportraits eine Auswahl von frühen, bisher in Deutschland nicht ausgestellten Vintages zeigen zu können. Im Jahrzehnt des Twist und Cha Cha Cha fotografierte er die malische Jugend bei ihren Tanzfesten und Partys, beim Baden im Niger, auf Hochzeiten und bei Sportveranstaltungen. Mit unverwechselbarer Spontaneität, Frische und Direktheit fängt er die Atmosphäre der Teens und Twens nach der Unabhängigkeit Malis ein.

1995 wurde seine Fotografie in Paris in der Foundation Cartier erstmals einem größeren westlichen Publikum vorgestellt. Es folgten danach Ausstellungen im Guggenheim Museum NY und in vielen anderen Museen der Welt. 2003 erhielt er den renommierten Hasselblad Foundation International Award in Photography (Goeteborg, Schweden).

Sidibé lebt und arbeitet weiterhin in Bamako/Mali.

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