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Der Leipziger Rüdiger Berlit (1883 – 1939) gehört zu den Künstlern, die weitgehend in Vergessenheit geraten sind – zu Unrecht. Um 1920 hat man seine außer-ordentliche Persönlichkeit und besondere Rolle in der Kunst durchaus gewürdigt. Max Schwimmer schrieb 1920: „Rüdiger Berlit, einsamer Asket, unbeirrbar geht sein steiniger Weg durch Farbwildnisse, Chaos und Abstraktion. Sein ganzes Werk ist von unerbittlichem Ernst, tiefer Wahrheitsliebe durchglüht. Berlit ist niemals oberflächlich, nie banal.“ Rüdiger Berlits in leuchtenden Farben gemalte Ölgemälde, Aquarelle und Gouachen erweisen ihn als einen besonders einprägsamen Vertreter des expressionistischen Kolorismus. Die Zeichnungen deuten auf seine zweite Meisterschaft hin: die als Grafiker, von der die Radierungen, vor allem aber seine Holz- und Linolschnitte, Zeugnis ablegen. Die Ausstellung und der begleitende Katalog versuchen erstmals, die bedeutende Rolle Rüdiger Berlits unter den Künstlern des deutschen Expressionismus hervorzuheben.

So vergessen heute Berlit, so vergessen ist der Leipziger Expressionismus. Mit der Ausstellung werden die wichtigsten Protagonisten, ihre künstlerischen Besonderheiten und ihre Streitbarkeit vorgestellt, mit denen sie sich nach dem Ersten Weltkrieg in Leipzig durchzusetzen versuchten. Rüdiger Berlit, Max Schwimmer, Eugen Hamm, Will Semm, Arnold Schmidt-Niechciol und andere reagierten auf Krieg, Not und Revolution, auf die mentalen Umbrüche mit eindrucksvollen expressiven Kunstwerken. Der Begriff Expressionismus unterstellt indessen eine Gemeinsamkeit, die weder in der Form noch im Inhalt existierte. Die Reaktionsweisen reichen vielmehr von sozialistischer Zukunftsemphase bis zu christlicher Heilsgewissheit, von lautstarkem Aktionismus bis zu stillem Rückzug. Die Zeitenwende wurde mit euphorischer Hoffnung aber auch voller Angst empfunden. In der Ausstellung sind Kunstwerke zu sehen, die der „Farbe den stärksten Ausdruck“ abringen (wie Otto Holtze die Gemälde von Rüdiger Berlit charakterisierte), aber auch Holzschnitte und Radierungen, die auf die Wirkungen der Linie setzen.

Die Holzschnitte, Radierungen, Lithografien und Linolschnitte spielten in Leipzig eine besondere Rolle – vor allem diejenigen, die mit der Literatur korrespondierten. In der Stadt, die Joseph Roth „die literarische Kornkammer der deutschen Länder“ nannte, boten die zahlreichen Verlage ein geradezu ideales Klima für Künstler, die sich der Dichtung öffneten. Gerade hier war die Verbindung zwischen bildender Kunst und Literatur eng, nirgendwo in Deutschland hat es eine so bedeutende expressionistische Literaturgrafik gegeben wie in Leipzig. Darin liegt vielleicht die besondere Qualität des Leipziger Expressionismus.

Die Künstler Rüdiger Berlit (1883 Leipzig – 1939 Leipzig) | Franz Oskar Behringer (1874 Leipzig – 1956 Leipzig) | Hildegard Domizlaff (1898 Erfurt – 1987 Köln) | Eugen Hamm (1885 Apolda – 1930 Berlin) | Julius Walter Hammer (1873 Dresden – 1922 Leipzig) | Curt Hoelloff (1887 Leipzig – 1987 Markkleeberg/Leipzig) | Wil Howard (1879 Leipzig – 1945 Mittenwald/Oberbayern) | Annemarie Jacob (1891 Leipzig – 1990 Frankfurt/ Main) | Robert Kohl (1891 Wien – 1944 KZ Blechhammer) | Hans Mágr (1889 Prag – 1918 im Ersten Weltkrieg) | Georg Alexander Mathéy (1884 Hermannstadt/ Siebenbürgen, heute Sibiu –1968 Buchendorf bei München) | Hans Alexander Müller (1888 Nordhausen – 1962 Meryall/Connecticut, USA) | Karl Arthur Müller (1892 Leipzig – 1987 Leipzig?) | Franz Nitsche-Nietzsche (1887 Berlin – 1952 Geislingen a. d. Steige) | Arnold Schmidt-Niechciol (1893 Klein-Schmograu/Schlesien – 1960 Nordholz) | Max Schwimmer (1895 Leipzig – 1960 Leipzig) | Will Semm (1888 Leipzig – 1964 Leipzig) | Karl Stratil (1894 Olmütz/Mähren – 1963 Leipzig) | Günter Vog(e)ler (Geburtsdatum unbekannt | gestorben 1945) | Richard Otto Voigt (1895 Leipzig – 1971 Leipzig) | Erwin Weiss (1899 Dresden-Klotzsche – 1979 Erfurt) | Fritz Zalisz (1893 Gera – 1971 Holzhausen/Leipzig)

Der Katalog „Rüdiger Berlit und der Expressionismus in Leipzig“, herausgegeben von Richard Hüttel und Hans-Werner Schmidt, mit Beiträgen von Renate Hartleb und Richard Hüttel , E. A. Seemann Verlag Leipzig. Er umfasst 192 Seiten mit zahl-reichen Abbildungen.

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Rüdiger Berlit und der Expressionismus in Leipzig

Künstler: Rüdiger Berlit, Franz Oskar Behringer, Hildegard Domizlaff, Eugen Hamm, Julius Walter Hammer, Curt Hoelloff, Wil Howard, Annemarie Jacob, Robert Kohl, Hans Magr, Georg Alexander Mathey, Hans Alexander Müller, Karl Arthur Müller, Franz Nitsche-Nietzsche, Arnold Schmidt-Niechciol, Max Schwimmer, Will Semm, Karl Stratil, Günter Vogler, Richard Otto Voigt, Erwin Weiss, Fritz Zalisz