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Sabine Groß - femme blanche
12.01.2018 - 24.02.2018
Eröffnung 12.01.2018 18:00 - 20:00 Uhr
Galerie M + R Fricke, Beusselstr. 66 in 10553 Berlin

Sabine Groß befragt die Rahmenbedingungen der Produktion von Kunstwerken und macht diese wiederum zu einem eigenen Werk. Es geht ihr nicht ausschließlich um eine Neuschöpfung einer eigenen Bilderzählung oder um künstlerisch originelle Objekterfindungen,sondern darum Gesten und Formeln der Kunstproduktion und -rezeption zum Einsatzzu bringen. Sie hinterfragt die Autorenschaft von Kunst, die sie unter anderem so formuliert: . „Ich hoffe Kunstwerke zu schaffen, die es vermögen eine universale Aussage über das Kunstwerk und die Kunst an sich zu vermitteln. Unter Formeln der Kunstproduktion und -rezeption verstehe ich u.a. Kubus, Sockel oder Leinwand“.

Der Diskurs in der Auseinandersetzung dieser von Groß in ,Formeln zusammen gefassten Kunstproduktionen’ konzentriert sich bei vielen ihrer Werke auf den Minimalismus von dem sie sagt, dass er insofern spannend ist, da er ein bedeutender Lieferant einiger dieser Kunstformeln ist, der sich unauslöschlich in unser kollektives Kunstrezeptionsgedächtnis implantiert hat und ihre Generation in der komfortablen Lage ist, uneingeschränkt darauf zurückgreifen zu können. In der Ausstellung femme blanche werden die neue Skulptur Nistplatz und Wandobjekte aus der Serie Masken zu sehen sein. Die zentral im Raum platzierte, hochglänzend weiß lackierte Skulptur Nistplatzzeigt einen 2,50 Meter hohen Turm ausfünf fest miteinander verbundener und übereinandergestapelter 50 x 50 x 50 Zentimeter großer Kuben. Der Stapel ist so angeordnet, dass er zwischen logischer Ordnung und Wahllosigkeit changiert.

Durch die makellos weiße Oberfläche verläuft an einigen Stellen ein Riss, der an einer der vier Seiten der Skulptur vollständig aufgerissen ist und den Blick auf das Innere freigibt. Dieser Riss ist nur aus einer Perspektive sichtbar und setzt naturhafte dunkle Vertiefungen, die bis weit in das Innere der Skulptur reichen, frei. Die wuchernde Oberfläche dieses Innenlebens wirkt wie eine von Wespen oder Termiten zerfressene und unterhöhlte Behausung, suggeriert aber auch eine weiblich-erotische Komponente, wie im Ausstellungstitel angedeutet. Die Wandobjekte aus der Serie Masken sind organisch anmutende Objekte. Als Zwitter zwischen Fundstück und fetischartigem Objekt bilden sie einen starken Kontrast zu der gestapelten, minimalistisch anmutenden Skulptur. Das betont „Unfertige“ der Masken erinnert entfernt an die ,Köpfe’ von Medardo Rosso. Ihre Oberflächen ähneln zwar dem Innenleben von Nistplatz, wirken aber eher wie versteinerte, zu Fratzen mutierte Momentaufnahmen. Die Skulptur Nistplatz bezieht sich direkt und unmissverständlich auf den Minimalismus der 1960er und 1970er Jahre, aber eben nur, wenn man sie von den drei polierten fast unberührten Seiten betrachtet. Mit dem Riss auf der vierten Seite konterkariert sie den Verzicht des Minimalismus auf überflüssige Effekte, formaler Strenge und Klarheit. In vielen ihrer Arbeiten konstruiert Sabine Groß mitunter einen Blick aus der Zukunft in eine noch nicht geschehene Vergangenheit, indem sie z.B. eine Bodenarbeit von Carl Andre so re-inszeniert als wäre sie im Jahre 3000 irgendwo ausgegraben worden. Oder wie hier in der Ausstellung femme blanche, in dersie einen Turm übereinandergestapelter Kuben zu einem Nistplatz einer fiktiven Insektenkolonie mutieren lässt.

Sabine Groß lebt und arbeitet in Berlin. Seit 2009 hatsie eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Mainz. Unter anderem hatte sie Einzelausstellungen im Kunstverein Schwäbisch-Hall; Georg-Kolbe-Museum, Berlin; Neuer Berliner Kunstverein; Folkwang Museum, Essen; Museum am Ostwall, Dortmund.