artist / participant

press release only in german

Wir widmen die Saisoneröffnung nach der Sommerpause einer jungen Fotografin, die wie keine Zweite das Gefühl einer Jugendkultur in Bilder übersetzt hat.

Sandra Mann ist weder Fotoreporterin noch Szenefotografin. Sie arbeitet in der Tradition von Larry Clark oder Nan Goldin. Der „Moment decisif“, im richtigen Augenblick den Auslöser zu drücken, ist nicht das Einzige, was die 1970 geborene Frankfurterin mit Henri Cartier-Bresson gemeinsam hat. Auch sie arbeitet mit einer Kleinbildkamera, sie schwärmt aus, beobachtet unaufdringlich, ihrem Blick entgeht nichts. Wie bei den genannten fotografischen Ahnen ist die Kamera ihr unauffälliger Begleiter, ihr Tastsinn und Geruchsorgan.

Die Fotos, stark vergrößert und auf Leinwand gedruckt, vermitteln uns den Blick der Sandra Mann. Sie erhascht obszöne Details, ohne diese schmutzig oder vulgär wirken zu lassen. Der gewählte Blickwinkel erschafft den provozierenden Schlüsselreiz überlanger Beine und tastet sich fast zärtlich durch dünnsten Chiffon.

Sandra Mann verzichtet, abgesehen von einem einfachen Kamerablitz, auf künstliche Lichtquellen – die festgehaltenen Augenblicke sind nicht inszeniert – es steckt in ihnen eine ungewohnte Ehrlichkeit.

Die beobachtete Peergroup sind größtenteils Raver, DJ’s, Nachtschwärmer, Teilnehmer am NIGHTLIFE eben. Diese Protagonisten definieren ihr Selbst als soziales Wesen als Teil dieser Gruppe über ihr Äußeres, über den Konsum der gleichen Musik oder der gleichen Drogen. In Sandra Manns Betrachtung bildet dies den Rahmen ihrer empirischen Erfahrung.

Sie arbeitet im Einklang mit drei verschiedenen Traditionen der Kunstgeschichte; Die erste ist die Italienreise der Künstler des 19. Jahrhunderts auf der Suche nach sinnlichen Eindrücken. Die zweite ist der Versuch der Surrealisten im 20. Jahrhundert mit wahrnehmungsverändernden Substanzen wie Haschisch oder Opium unterschiedliche Wirklichkeitsebenen zu eröffnen (die entsprechende Kategorie der heutigen Zeit könnte ‚Ecstasy’ sein). Die dritte schließlich ist der Trip zur Carnaby Street in London in den sechziger Jahren, wie er sich in Musik und Literatur niederschlug.

Im zweiten, kleineren Teil der Ausstellung im oberen Stockwerk der Galerie beschäftigt sich die Künstlerin mit den Eindrücken und Erfahrungen einer Mexiko-Reise. Sie zeigt die manchmal farblich lauten, eindrucksvollen Momente einer wilden anderen Kultur.

Die erlebte Lebensfreude und der Kontrast einer längst vergangenen Epoche mit heutiger, westlicher Überfrachtung durch Werbung aber auch deren Kommunikation wird durch Sandra Manns unprätentiösen Umgang mit diesen Gegensätzen besonders deutlich.

Andy Warhol: „Die Macht des Menschen hat in fast allen Bereichen zugenommen, außer in seinem eigenen! – Das wenigste, was von Kunst verlangt werden kann, ist eine Aktualitäten-Schau!“

Quellen: • Prof. Dr. Jean-Christophe Ammann, „Die wunderbare Neugier von Sandra Mann“, 2003 • Jeremy Gaines, „Sandra Mann – Nightlife - Fotografien“, 2003 • Rolf Dieter Brinkmann & Ralf-Rainer Rygulla, „ACID“, Rowohlt, Reinbek nr. Hamburg, 1983, S.387

Pressetext

only in german

Sandra Mann - Nightlife