press release only in german

Das Kunstmuseum Basel widmet Hans Arp (1886–1966) und Kurt Schwitters (1887–1948) eine grosse Sonderausstellung. Mit ca. 140 Collagen, Reliefs, Skulpturen und Assemblagen aus internationalem Privat- und Museumsbesitz, u.a. aus dem Museum of Modern Art, dem Centre Pompidou und der Tate Modern, zeigt sie die beiden einfluss-reichen Künstler der Moderne jetzt erst-mals im direkten Dialog. Die Ausstellung versammelt zahlreiche Hauptwerke und Arbeiten, die nie zuvor öffentlich zu sehen waren, in neuen, überraschen-den Konstellationen. Schwitters und Arp verbindet seit 1918 eine enge Freundschaft und ein reger Ideen-aus-tausch. Arp vermittelt seinem Freund Schwitters die neue Technik der Collage, die er 1914 im Atelier von Picasso kennen gelernt hat. Sie bleibt für Schwitters’ gesamtes Werk ent-scheidend. Seit 1922 treten sie gemeinsam bei Dada-Veranstaltungen auf, 1923 arbeiten sie zusammen an Treibholz-Reliefs und schreiben den Roman Franz Müllers Draht-frühling. Im selben Jahr bringt Schwitters in seinem Merz-Verlag eine Mappe mit Litho-grafien von Arp heraus, die 7 Arpaden. Schwitters integriert drei Werke von Arp in sein Gesamtkunstwerk «Merzbau» in Hannover, und Arp erwirbt seinerseits mehrere Werke von Schwitters, darunter das grossartige Frühlingsbild, das sich heute im Kunstmuseum Basel befindet. Zahlreich sind die Zeugnisse ihres künstlerischen Austausches. Beide stehen in enger Verbindung mit der europäischen Avantgarde – mit den Künstlern des Expressionismus, der abstrakten Kunst, des Dadaismus, des Konstruktivismus, des Surrealismus – ohne sich von Ideologien je vereinnahmen zu lassen. Die Freundschaft dauert in den Jahren des Exils nach 1936 an, und selbst in dieser Zeit der unterbrochenen Kommunikation setzt sich die gegenseitige Anregung fort, in Schwitters späten Skulpturen z.B., oder in Arps Collagen. Für Schwitters bleibt Arp bis zum Schluss einer der grossen, entschei-denden Künstlers des Jahrhunderts. Und Arp hebt im Nachruf auf den Freund hervor, wie dessen Merzbilder «voller Geheimnis und Weisheit» ihn gelehrt hätten, «Leben und Schön-heit in den geringsten Dingen» zu erkennen Schwitters und Arp sind mit der Schweiz besonders verbunden. Arp gehört in Zürich 1916 zu den Begründern des Dadaismus. Auch nach seinem Umzug nach Paris 1925 hält er sich immer wieder in der Schweiz und vor allem in Basel auf und hat hier auch ein Atelier. Lebhaft befreundet sind Schwitters und Arp in Zürich mit dem Architekten und Theoretiker Sigfried Giedion und seiner Frau, der Kritikerin Carola Giedion-Welcker, die ihr Werk vertei-digt. Giedions zeigen Arbeiten beider Künstler in der von ihnen 1929 mitorganisierten Aus-stel-lung zeitgenössischer Kunst im Kunsthaus Zürich, in der Schwitters und Arp eigene litera-rische Werke vortragen. Eng befreundet sind beide Künstler seit den 30er Jahren in Basel auch mit den Sammlern Müller-Widmann. Bei den Giedions und bei den Müller-Widmanns veranstaltet Schwitters 1930 und 1935 denkwürdige Vortragsabende. Zu Arps frühen Sammlern in Basel gehört Maja Sacher, die den Künstler über viele Jahre fördert. Aufmerk-sam verfolgt Arp die Entwicklung des Kunstmuseums und unterstützt es mit Leih-gaben und, gemeinsam mit seiner zweiten Frau Marguerite Hagenbach, durch die Schenkung ihrer bedeutenden Sammlung 1968. Der Arp- und Schwitters-Bestand des Kunstmuseums Basel wird hervorragend ergänzt durch die bedeutenden Werke der Emanuel Hoffmann-Stiftung. Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel zeigt Schwitters und Arp jetzt erstmals im direkten Dialog und macht ihr Werk mit bedeutenden Leihgaben aus internationalen Privat- und Museumsbesitz in der wechselseitigen Beziehung aber auch in der genialen Eigen-stän-digkeit sichtbar. Sie legt den Akzent auf bedeutende Einzelwerke und Werkgruppen und ver-folgt Schwitters’ Weg von den Collagen und Merz-Assemblagen von 1918–1925, den mit Arp gemeinsam geschaffenen Holzreliefs von 1923, den konstruktivistischen Werken von 1923–1930, den Materialbildern der 30er und 40er Jahre bis zu den spä-ten Gemälden und Skulp-turen. Bei Arp verläuft der Weg parallel von den ersten Dada-Reliefs und den geometrischen Collagen zu den grossen Reliefs, Reliefplastiken und Zufallskonstellationen der 20er Jahre, den Skulpturen der Concrétions humaines aus den 30er Jahren zu den neuen plastischen Formen der Nachkriegszeit, begleitet von einer Auswahl der wichtigsten Arbeiten auf Papier. Arp und Schwitters haben die Kunst der Moderne neu definiert. Für Arp steht die Frage im Mittelpunkt, wie der Künstler die autoritäre Schöpferhand vom Kunstwerk nehmen kann, um es als «natürliches» Ding freizusetzen. Er führt den Zufall als neues Gestaltungsprinzip in die Kunst ein. Arp glaubt an die Natur und die natürlichen Kräfte des Menschen, aber erkennt auch seine zivilisatorische Zerstörungswut. Skeptisch der Moderne gegenüber, hat er dennoch ein hochmodernes, zugleich individuelles und überpersönliches Werk geschaffen (und ist gerade dadurch zu einem wichtigen Vorläufer der Minimal Art geworden). Schwitters fügt den Abfall der Zivilisation – Zeitungsfragmente, ausrangiertes Gerät, Abfall – seinen Werken ein und verleiht ihnen neue Bedeutung. Er versetzt das Material in einen unabschliessbaren, kreativen Prozess der Verwandlung und entwickelt, wie Arp, ein offenes Spiel von Formen und Bedeutungen im Kunstwerk. Sein Œuvre ist Zeugnis dafür, wie der Mensch sich schöpferisch behauptet in einer Welt, die von Waren und Werbung, Propa-ganda, Krieg und Kommerz beherrscht ist. Mit Witz, Spiel, Un-Sinn und Zufall setzen Schwitters und Arp sich über ästhetische Grenzen hinweg. Indem sie das Werk den Dingen annähern, haben sie die Kunst der Moderne neu – und kritisch – definiert und sind zu Schlüsselfiguren des 20. Jahrhunderts geworden. Zur Ausstellung erscheint ein reich illustrierter Katalog mit neuen Beiträgen namhafter Forscher und Forscherinnen im Verlag Hatje Cantz. Pressetext

only in german

Schwitters Arp
Kurt Schwitters, Hans Arp
Kurator: Hartwig Fischer

Parallelausstellungen:
Museum Jean Tinguely : Kurt Schwitters - Merz, ein Gesamtweltbild
Fondation Beyeler: Calder – Miro