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Mit der Ausstellung »Selbstbildnisse der 20er Jahre. Die Sammlung Feldberg«, die am 1. April 2004 im Jüdischen Museum Berlin eröffnet, wird die Sammlung Feldberg in Berlin, dem Ort ihres Entstehens, gezeigt. Den Kern der Sammlung, die in dem Jahrzehnt von 1923 bis 1933 zusammengetragen wurde, bilden 70 Selbstbildnisse von Künstlern, die in den 20er Jahren in Berlin lebten oder sich dort aufhielten - darunter so berühmte Künstler wie Oskar Kokoschka, Max Liebermann, Lesser Ury, Erich Heckel und Käthe Kollwitz. 1976 wurde die Sammlung Feldberg von der Berlinischen Galerie, dem Landesmuseum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur, erworben. Mit der Ausstellung präsentiert sich die Berlinische Galerie als Gast im Jüdischen Museum, von dem sie nur wenige Gehminuten entfernt im Herbst 2004 ihr neues Domizil eröffnet. Die beiden Häuser machen so auch auf ihre Nachbarschaft und das neu entstehende Museumsquartier in Kreuzberg aufmerksam.

Zur Ausstellung »Selbstbildnisse der 20er Jahre. Die Sammlung Feldberg« Kunst gegen Kleidung: Eine Sammlung entsteht Siegbert Feldberg, 1899 geboren, trat Anfang der 20er Jahre in das Stettiner Familienunternehmen ein, eine florierende Firma für Herrenkonfektion. Da diese in Berlin eine Verkaufsfiliale hatte, war er oft in der Hauptstadt tätig. Hier machte Feldberg, der kulturell vielseitig interessiert war, auch die Bekanntschaft von Künstlern. Um 1923, als das Geld immer mehr an Wert verlor und die Inflation die Preise ins Aberwitzige trieb, war der junge jüdische Unternehmer in der Lage und bereit, Kunst mit »harter Währung«, d.h. mit Anzügen und Mänteln, zu bezahlen. Kunst gegen Kleidung - diese ungewöhnliche Form des Kunsterwerbs behielt Feldberg auch in den folgenden Jahren bei. Er galt als generöser Tauschpartner und blieb es auch, als Künstler mit der Weltwirtschaftskrise erneut in Not gerieten und verstärkt auf Unterstützung angewiesen waren. So konnte er bis 1933 mehr als 150 Arbeiten auf Papier zusammen tragen, darunter die Selbstbildnisse von 65 Künstlern und vier Künstlerinnen. Diesen Selbstdarstellungen, ob als Zeichnung, Aquarell, Pastell oder Druckgrafik, galt sein besonderes Augenmerk. Sie geben der Sammlung Feldberg Profil und den Rang des Außergewöhnlichen. Ein beredtes Bild des Berliner Kunstlebens Es sind Selbstbildnisse sowohl von prominenten als auch von weniger bekannten und in Vergessenheit geratenen Künstlern. Zu den in den 20er Jahren berühmten Künstlern zählen Käthe Kollwitz, Max Liebermann und Lesser Ury. Auch die Expressionisten Erich Heckel und Oskar Kokoschka hatten damals bereits einen Namen und festen Platz in der deutschen Gegenwartskunst. Die Mehrzahl der in der Sammlung vertretenen Künstler jedoch gehörten, wie Feldberg selbst, einer jüngeren Generation an, die durch das Erlebnis des Ersten Weltkriegs desillusioniert war. Vielen der Selbstporträts haftet etwas Nachdenkliches und Melancholisches an, aus vielen spricht eine nüchterne Selbstreflexion und realistische Haltung, die, deutlich in der Formensprache, eher Anschluss sucht, als dass sie Irritation und Provokation auslösen will. So unterschiedlich sie im einzelnen auch sein mögen - die meisten Selbstdarstellungen der Sammlung sind Ausdruck eines »historischen Kompromisses« zwischen Tradition und Moderne. Sie sprechen für den gegenwartsorientierten und aufgeschlossenen Kunstgeschmack Feldbergs, aber auch davon, dass das noch Ungewohnte und für seine Zeit Gewagte seine Sache nicht war. Zugleich ergibt sich aus den Selbstporträts ein beredtes Bild vom Berliner Kunstleben zwischen 1923 und 1933. Bemerkenswert ist, wie viele Künstler die deutsche Hauptstadt zum Ort ihres Schaffens gewählt hatten. Nur zehn der Künstler aus der Sammlung Feldberg sind in Berlin geboren. Die anderen waren aus Königsberg, Danzig, Breslau, Dresden, Köln und Frankfurt gekommen oder aus Mittel- und Osteuropa (Russland, Litauen, Polen, Ungarn, Österreich und Rumänien). Auch der hohe jüdische Anteil von mehr als 20 Künstlern spiegelt die damaligen Berliner Verhältnisse wider. Ein Drittel der Künstler musste nach 1933 emigrieren. Drei sind in den Lagern von Dachau, Lodz und Riga umgekommen.

Aus Deutschland vertrieben Siegbert Feldberg selbst entschloss sich bald, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht kamen, Deutschland zu verlassen. 1934 ging er nach Bombay, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Anfang 1939 folgten ihm seine Frau und die beiden Söhne nach Indien. Hildegard Feldberg konnte bei der Ausreise rund 150 Zeichnungen und Aquarelle mitnehmen. Das sei »entartete« und mithin wertlose Kunst, erklärte sie denen, die darauf achteten, dass sie keine Wertsachen außer Landes brachte. Unbeschadet überstanden die Kunstwerke die langen Jahre der Emigration. 1963 kehrte das Ehepaar Feldberg nach Europa zurück. Sie wollten zunächst wieder nach Berlin, doch fühlten sie sich hier nicht mehr zu Hause und ließen sich 1965 schließlich im Schweizer Tessin nieder. Auf einer Reise nach Berlin, wo sie alljährlich alte Freunde, Theater und Konzerte besuchten, erlag Siegbert Feldberg 1971 einem Herzanfall.

Eine Sammlung kehrt nach Berlin zurück In seinen letzten Lebensjahren hatte Siegbert Feldberg mehrfach lockenden Kaufangeboten für einzelne Blätter seiner Sammlung widerstanden. Er hielt sie zusammen, weil er hoffte, sie eines Tages geschlossen an ein Berliner Museum verkaufen zu können. 1976, fünf Jahre nach seinem Tod, erfüllte sich sein Wunsch: Die Berlinische Galerie konnte die Sammlung mit Mitteln der Deutschen Klassenlotterie von den Erben erwerben und die Selbstporträts dorthin zurückholen, wo sie in den Jahren der Weimarer Republik entstanden waren. 2002 waren die Selbstbildnisse der Sammlung Feldberg in der Hart House Gallery der Universität von Toronto (Kanada) und im McMullen Museum in Boston (Massachusetts, USA) zu sehen. Im November 2003 wurden sie im Käthe Kollwitz Museum Köln gezeigt (bis 21. Januar 2004). Jetzt ist die Berlinische Galerie mit der Sammlung Feldberg zu Gast im Jüdischen Museum Berlin. Pressetext

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Selbstbildnisse der 20er Jahre. Die Sammlung Feldberg
Die Berlinische Galerie zu Gast im Jüdischen Museum Berlin

Werke von Oskar Kokoschka, Max Liebermann, Lesser Ury, Erich Heckel, Käthe Kollwitz, Gert Wollheim, Heinrich Maria Davringhausen, Conrad Felixmüller, Erich Heckel, Karl Hofer, Willy Jaeckel, Alexander Kanoldt, Paul Kleinschmidt, Ludwig Meidner, Carlo Mense, Rudolf Schlichter, Arthur Segal ...