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In einem aktuellen Werbeclip der deutschen Telekom wirbt eine junge dynamische (weisse) Mutter für On-Line Dienste und Telearbeit. Entspannt sitzt sie "Zuhause" vor dem Terminal , schickt so ganz nebenbei noch ein paar Messages an die Firma, sozusagen mit der Hand an der Wiege. "Wie schafft sie das nur" heisst es da: also Familie, Erziehungsarbeit und Beruf. Sie "schafft es"- so will uns der Werbespot sagen- durch den Einsatz neuer Technologien, Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen und der Aufhebung der Distanz zwischen Privatraum und Arbeitsort. Diese Koppelung ermöglicht ihr - so der Spot - das Problem der Mehrfachbelastung für sich, die Familie und die Firma problemlos und effizient zu lösen, da sie an den ihr traditionell zugewiesenen "Arbeitsplatz" zurückgekehrt ist.

Die am Projekt Sex&Space Beteiligten interessieren sich für geschlechtsspezifische Zuschreibungen im öffentlichem und privatem Raum genau in diesem Spannungsfeld. Entgegen der traditionellen Annahme von einem neutralen (demokratischen) Raum, der allen gleichermassen zur Verfügung stehen soll, gehen wir davon aus, dass die Geschlechterdifferenz bereits in der Vorstellung vom Raum eingeschrieben ist. Zum einen wollen wir dies anhand der Frage der Repräsentation dieses Verhältnisses in Film, Fernsehen und anderen medialen Formen bearbeiten, zum anderen aber auch über ökonomische Bedingungen - etwa der traditionellen Arbeitsteilung - von denen wir meinen, dass sie die gebaute Realität und ihr Verhältnis von Öffentlickeit und Privatheit ebenfalls bestimmt haben, thematisieren.

Architektur und Städtebau sind in dieser Annahme nicht mehr nur Ausdruck von gestalterisch- ästhetischem oder "künstlerischem" Willen - wie ArchitektInnen es von sich behaupten- sondern transportieren Wertsysteme, in denen Ausschlüsse produziert und gängige Klassen -, Rassen- und Geschlechterverhältnisse zementiert statt kritisiert werden. Vor diesem Hintergrund haben wir uns mit feministischen Planungs- und Architekturansätzen beschäftigt. Auffallend war, dass die Diskussion um "bedürfnisgerechte" Planung vor allem auf der Mikroebene stattfindet: Sicherheit für Frauen durch besser Beleuchtung der Strassen, transparentere Hausflure, grössere Küchen. Eine "frauenfreundliche und sichere Stadt" bedient damit wiederum die traditionellen geschlechtspezifischen Zuschreibungen. In der Analyse beziehen sich die Planerinnen auf den öffentlichen Raum als weiblichen Angstraum und schreiben so Frauen erneut einen Opferstatus zu, der sie in die private Stube zurückdrängt. Dass dies wie wir meinen bereits kulturell vorbereitetet oder durch gesellschaftliche Bedingungen unterstützt wird, soll nicht verschweigen, dass Frauen im öffentlichen Raum durchaus auch Opfer von Gewalttaten sind.

Es ist und daher ein Anliegen eine neue Diskussion zu beginnen, die über die Annahme der Geschlechterdifferenz hinaus geht und geschlechtsspezifische Zuschreibungen auch in Bezug zum Raum an soziale, kulturelle und ökonomische Bedingungen anknüpft.

Das Studio Wir begreifen das Projekt "Sex&Space" nicht als eine Präsentation von fertigen Positionen, sondern als einen Arbeitszusammenhang in dem diskutiert, konsumiert und produziert werden kann. Die Ergebnisse des Produktionsortes sollen in andere Projekte einfliessen und dort weiterdiskutiert werden können. Die Ausstellung in der Shedhalle beschreibt daher eher die Voraussetzungen eines inhaltlichen Arbeitens, eine Analyse kultureller Repräsenation und ist Ort für Film- und Videoproduktionen und informellen Austausch.

Der Raum als Fernsehstudio füllt sich stetig mit Filmproduktionen, Talkshows und Aktionen der Beteiligten. Dabei werden Formen des Fensehmachens nicht nur über das "Studio" angeeignet und persifliert. In den Produktionen selber sollen verschiedene Gengres des Fernsehenmachens (Nachrichten, Talkshow, Ratgeber, Ansagen, Webeclips, Musikvideo, Fernsehkochen, Soaps) übernommen und mit projektbezogenen Inhalten gefüllt und umgedeutet werden. Das Studio bleibt für die beteiligten KünstlerInnen, ArchitektInnen und TheoretikerInnen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland als Projektort genauso offen, wie für gesellschaftspolitische Gruppen und das Publikum.

Auf Sendung? Die FernsehmacherInnen von ,Vision Tele Vision', die noch bis vor einem halben Jahr jeweils eine Stunde Sendung für Züri 1 produzierten, begleiten das Projekt nicht nur als Dokumentaristen, sondern sind direkt am Produktionsprozess beteiligt. Dies ermöglicht ,Kulturfernsehen' nicht als Berichterstattung, sondern selbst als Projekt aufzufassen. Wir bemühen uns für das Projekt einen Sendeplatz im öffentlichen Fernsehen zu bekommen.

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Sex&Space
Produktionsstudio, Ausstellung und Veranstaltungsreihe

Das Projekt enstand in Zusammenarbeit und Gesprächen mit:
Fenja Abraham, Martine Anderfuhren, Gruppe AugenAuf, Susanne Bachmann, Simone Batschelet, Jochen Becker, Ruth Becker, Pauline Boudry, Car TV, Yvonne Doderer, Lukas Duwenhögger, Dominick Eichler, Julian Göthe, Ursina Heldstab, Andreas Hofer, Infoladen /Frauenkasama, Sylvia Kafhesy, Anke Kempkes, Lea Jaeklin, Brigitta Kuster, Rachel Mader, Mascha Madörin, Olympe, feministische Arbeitshefte zur Politik, Ariane Müller, Katja Reichard, Susanne Sauter, Cornelia Schmidt-Bleek, Pia Siegrist, Josef Strau, Vision Tele Vision , Michael Zinganel

Filmprogramm: Serab Berrakkarasu / Gisela Tuchtenhagen, Internationalen Baustellen,Daimler Benz, Stephan Dillemuth, Dog Film, Jean-Luc Godard, Fernsehköchen, Heike Föll, Innen, Katja Reichard, Martha Rosler, Übung am Phantom ...