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Die in London lebende Künstlerin Sidsel Meineche Hansen präsentiert in ihrer Ausstellung Real Doll Theatre kollaborative Arbeiten mit der Filmemacherin Therese Henningsen und den Musikern Asger und Holger Hartvig sowie ein Live-Set von Ectopia, einem Londoner Musikprojekt von Adam Christensen, Jack Brennan und Viki Steiri.

Im Zentrum von Meineche Hansens Schaffen steht jener Pharma-, Porno- und technologischer Industriekomplex, der die Schnittstelle zwischen menschlicher Arbeit sowie virtuellen und roboterhaften Körpern bildet. In Real Doll Theatre wird die Auseinandersetzung mit diesen Themen fortgesetzt – im Fokus steht hier die Entwicklung von Sexrobotern und -puppen. Diese stellen für die Künstlerin eine Ableitung automatisierter, reproduktiver Arbeit dar, die eine Kluft im Eigentum geschlechtsspezifischer Produkte und darin enthaltener Geschlechter offenbart.

Die Ausstellung in den KW umfasst neue Sound- und Videoarbeiten, Lasercut-Zeichnungen und Skulpturen und entfaltet sich entlang des Verständnisses von reproduktiver Arbeit als Animation. Die Soundarbeit Neo-libertine (2018), welche an gregorianische Gesänge errinnert, ist in Zusammenarbeit mit Asger und Holger Hartvig entstanden und wird in regelmäßigen Abständen im Ausstellungsraum wiedergegeben. Der Ausstellungsraum wird von der doppelseitigen, szenografischen Latexarbeit Hellmouth (To Madame) (2018) in zwei Bereiche aufgeteilt. Dieses Element bezieht sich auf das magische Schauspiel des mittelalterlichen Theaters und fungiert zugleich als Bühnenbild für den Auftritt der Band Ectopia. Die Unterteilung zwingt die Besucher*innen gleichsam, sich der Ausstellung aus zwei unterschiedlichen Perspektiven zu nähern und thematisiert damit die immanenten Hierarchien des Künstlichen im Dienste menschlicher Sehnsüchte.

Auf der einen Seite reflektiert die Glasfaser-Skulptur Daddy Mould (2018) die industrielle Fertigung weiblicher Formen, die das Design von Sexrobotern und -puppen prägt. Auf der anderen befindet sich die Arbeit Untitled (Sex Robot) (2018), eine lebensgroße Holzpuppe mit Kugelgelenken sowie die Videoarbeit Maintenancer (2018), die in Zusammenarbeit mit Therese Henningsen entstanden ist. Das Video setzt sich mit Sexarbeit und der Pflege von Sexpuppen in einem deutschen (Puppen-) Bordell auseinander. Dokumentiert wird der beginnende Übergang zu posthumaner Prostitution, in der die eigentliche Sexarbeit nicht mehr von Sexarbeiter*innen, sondern von Sexpuppen oder -robotern übernommen wird. Als Teil des Kundenservices nehmen die Puppen eine Vermittlungsrolle ein, deren leblose Körper regelmäßig angehoben, desinfiziert und repariert werden müssen.

Einem anderen, parallelen Themenstrang folgend untersucht die Ausstellung zudem den Konsum von Kunst und hinterfragt die Implikationen der Rolle von Künstlerinnen als Produkt und Produzentinnen und ihren limitierten Einfluss auf ihren Marktwert. Die Präsentation von Sidsel Meineche Hansen in den KW ist Teil des sich fortentwickelnden Werkkomplexes PRE-ORDER I-III, der sich über drei Ausstellungshäuser erstreckt: die Kunsthal Aarhus, die National Gallery of Denmark – Statens Museum for Kunst und die KW. Für die drei Ausstellungen sind jeweils eigene Arbeiten entstanden, die jedoch über ihren konzeptuellen Rahmen und ihre Ökonomien miteinander verbunden sind und in denen jede Institutionen zur Entwicklung der Skulptur Untitled (Sex Robot) beiträgt. Für den Erwachsenenmarkt mit seinen glatten Silikonkörpern führt die Skulptur Untitled (Sex Robot) einen abjekten und institutionell finanzierten Prototyp vor, von dem auf Anfrage Repliken hergestellt werden. Die Assoziation zwischen Sex und Kunst als Ware wird hier jedoch nicht einfach als metaphorisch dargestellt; vielmehr wird das Kunstobjekt selbst – parallel zum Sexroboter – als Ergebnis von instrumentalisiertem Verlangen angesehen, welches eingebettet ist in Produktion, Distribution und Verkauf.

Kuratorin: Anna Gritz

Assistenzkuratorin: Maurin Dietrich