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Sol Calero. Pica Pica
01.09.2018 - 28.10.2018

Eröffnung: Freitag, 31. August 2018, 19.30 Uhr
Begrüßung: Georg Kulenkampff, Vorsitzender
Einführung: Eva Birkenstock, Direktorin

Der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf freut sich, mit Pica Pica eine Einzelausstellung der in Venezuela geborenen und in Berlin lebenden Künstlerin Sol Calero zu präsentieren. Calero hat in den letzten Jahren eine vielförmige Arbeitsweise entwickelt, um kulturelle Codes, gemeinschaftliche Umgebungen und die Bildproduktion innerhalb Lateinamerikas – ebenso wie von in Migration lebenden lateinamerikanischen Gemeinschaften – zu untersuchen. Ausstellungsorte werden bei ihr zu lebendigen, immersiven Räumen des Austauschs und der sozialen Interaktion: Der Schönheitssalon, die Tanzstunde, die Schule oder auch das Setting einer Telenovela sind Szenarien, die sie nachbildet, um aufzuzeigen, dass die Konstruktion verbreiteter Paradigmen nicht nur durch gesellschaftliche ‚Stoffe‘ vermittelt wird und untrennbar mit ihnen verbunden ist, sondern aus diesen überhaupt erst ‚gewoben‘ wird.

Pica Pica, der Titel ihrer Ausstellung, nimmt Bezug auf eine Legende, die sich unter einem Lagunaria Patersonia Baum (umgangssprachlich als Pica-Pica-Baum bezeichnet, spanisch für ‚juckender Baum‘, aufgrund seiner Juckreiz auslösenden Samen) in Venezuela ereignet haben soll. Der Legende nach legte sich ein kranker Hirte namens José Zambrano zum Sterben in den Schatten unter eben einen solchen Baum. Ein anderer Hirte, der gerade sein Vieh verloren hatte, sah ihn und legte Zweige zum Schutz um seinen Körper. Er versprach dem Sterbenden eine angemessene Beerdigung, sofern er seine Herde finden sollte. Nachdem ihm dies gelungen war, kehrte er zurück, um sein Versprechen zu halten. Bis heute glaubt man, dass der Pica-Pica-Baum mit Zambranos ruhender Seele ein Ort ist, an dem Wunder geschehen. Pica Pica wird seither als heiligenähnliche Figur und der Baum als Wallfahrtsort verehrt, zu dem Menschen sogenannte Milagritos (spanisch für ‚kleines Wunder‘) als Dank für ihre in Erfüllung gegangenen Wünsche bringen: handgefertigte, objektförmige Nachbildungen dieser Wünsche in Form einer Hand, eines Hauses oder eines Autos.

In Düsseldorf lieferten persönliche Erinnerungen der Künstlerin an eine José Zambrano – El Ánima de Pica Pica gewidmete Kapelle den Ausgangspunkt für die Produktion einer neuen Gruppe an Arbeiten. Die über und über mit handgemachten Milagritos versehene Kapelle befindet sich auf dem Weg zu dem Haus ihrer Großmutter im ländlichen Venezuela. Um eine sichere Reise zu gewähren und Unheil zu vermeiden, war es üblich, einen Zwischenstopp einzulegen und Pica Pica seine Ehre zu erweisen. In Anlehnung an diese persönlichen Erinnerungen verwandelt Sol Calero den Kunstverein in ein utopisches, interaktives Pica-Pica-Haus und lädt die Besucher_innen ein, die Ausstellung anhand von Repräsentationen ihrer eigenen Wünsche zu ergänzen. Nicht zuletzt in Zeiten einer solch heftigen sozioökonomischen Krise, wie sie Venezuela derzeit erleidet, ist das transformative Potential derartiger Räume für die gesellschaftliche Verhandlung der aktuellen politischen Realität von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm aus Vorträgen, Führungen und einem Künstlerinnengespräch begleitet. Die Termine werden zeitnah gesondert bekannt gegeben.

Kuratiert von Eva Birkenstock
Kuratorische Assistenz: Gesa Hüwe