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Solitude ist die erste Ausstellung von upstairs berlin, die beide Ausstellungsräumen der Galerie gleichzeitig bespielt. In der von dem dänischen, in London lebenden Kurator Michael Bank Christoffersen konzipierten Ausstellung werden Arbeiten von zehn Künstlern gezeigt, die in London leben und arbeiten und die gängigen Vorstellungen von zeitgenössischer Kunst in Frage stellen.

Aufgrund des anhaltenden Erfolges der Londoner Kunstszene befindet sich die nächste Generation britischer Künstler im Zentrum der Aufmerksamkeit. Charakteristisch ist, dass die Einheitlichkeit einer Gruppe oder einer Schule durch leidenschaftliche Individualität und Selbsterforschung ersetzt wird. Die Künstler in solitude arbeiten auf allen kreativen Gebieten. Diese vielgestaltige Dynamik reflektiert und feiert den kulturellen melting pot, zu dem London geworden ist.

Subversivität, Imagination und Introspektion klingen durch und nehmen eine eigene Identität an. Der Betrachter wird mit einer berauschenden Mixtur urbaner Ambitionen, wilder Exotik, Aneignungen der Massenkultur und Geschichtsverdrehungen konfrontiert, die sowohl Dekadenz als auch Bescheidenheit miteinander kombiniert.

Auf der etwas dunkleren Seite von solitude stehen die Arbeiten der Videokünstlerin Loukia Alavanou (Griechenland, 1979), die sich mit dem Begriff der Sterblichkeit auseinandersetzen. Alavanou untergräbt Disneys Zeichentrickfilme, wobei sie bekannte Schlüsselszenen mit der finsteren Symbolik des Todes vereint. Ihre betörend schönen Arbeiten betonen die Absurdität der Originale und verleihen ihnen eine neu gewonnene Stärke und Düsternis.

Mauro Bonacina (Italien, 1977) verwischt die Grenzen zwischen Malerei und Skulptur, indem er abstrakte Elemente mit einem approximativen Realismus verbindet. Seine Arbeiten beruhen auf unverzichtbaren und ausdrucksfähigen Symbolen und bestehen aus archaischen Formen und Figuren, die in einem ständigen Bewegungsfluss zu sein scheinen. Bonacina erfindet überwältigende, unvorstellbare Landschaften und Räume in kräftigen Farben.

Nathan Coleys (Schottland, 1967) Arbeit überträgt eine weitere Dimension auf den Ausstellungsraum. Coley erkundet die sozialen, kulturellen und historischen Dimensionen moderner Bauten. Im Angesicht dessen wird man verleitet, über seinen eigenen Platz in der Architektur und die damit verbundenen individuellen und kollektiven Hoffnungen, Träume, Auffassungen und Ideologien nachzudenken.

Mit seiner dramatischen Fotoarbeit Punk Flowers setzt Mat Collishaw (England, 1966) seine subversive Untersuchung der ästhetischen und historischen Bewertung vergangener und gegenwärtiger Kulturen fort. Die Blumen, die hierbei als traditionelles Symbol der Vanitas dienen, werden mit der Aggressivität der Punkgeneration in Verbindung gebracht. Collishaw erreicht eine unbehagliche Ausgewogenheit, die anregt, über das Verhältnis der viktorianischen Zeit und der siebziger Jahren nachzudenken und eine alternative Verbindung herzustellen.

Shane Deegan (Haiti, 1973) stellt prägende Szenen aus seinem eigenen Leben nach. Seine Fotografien sind autobiografisch und funktionieren als Erforschung und Neugestaltung der eigenen Vergangenheit, betrachtet durch das Fernglas der konstruierten Erinnerung. Deegans Arbeit zeigt eine sehr viel dunklere Gegenwart mit Referenzen an kunsthistorische Symbolik und klassische Posen auf.

Hadassah Emmerichs (Niederlande, 1974) Zeichnungen, Bilder und Skulpturen künden von einer unmöglichen Vergangenheit idealisierter Schönheit, die niemals bestand, außer in den Köpfen einer längst vergangenen westlichen Welt. Emmerichs ornamentale Arbeiten beschwören ein koloniales Vermächtnis in verblüffenden Kompositionen herauf. Der Betrachter wird in einem sich unendlich ausdehnenden Universum aus vergänglichen Träumen und Leidenschaften gefangen.

Marisa Favrettos (Alaska, 1974) methodische Darstellung und Organisation von Tieren symbolisiert soziale, kulturelle und psychologische Beziehungen. Die vielseitigen und wechselhaften Anordnungen körperlichen Strukturen lassen das Bewusstsein von Identität und Bedeutung zu. Malerei wird hier zu einem Weg, um innere EleErfahrungen beziehen.

Die Bilder von Anna Genger (Deutschland, 1978) führen uns in eine einfühlsam anmutende Welt voller Träume und Leidenschaften, die jedoch aufgehen in einer dunklen Metaphorik der gebrochenen Versprechen und des Scheiterns. Zarte und erotische Blumen sind eingebettet in kräftige und wuchtige Felder und Spritzer dicker Farbe, so dass man sich fragt, wie Leben in diesem Raum überhaupt möglich war.

Von Barnaby Hoskings (England, 1976) Videoinstallation Snowpainting once removed umgeben zu sein, heißt, absorbiert zu sein in einem Raum, der gekennzeichnet wird durch eine schwere Dunkelheit, durchschnitten und gekreuzt nur von verschieden intensiven Lichtstärken. So wie Hosking sich seinen Weg durch die Schneestürme am Nordkap bahnt, so ist auch der Betrachter gefangen in diesem stummen Sturm: Bewusst der Tatsache, dass er auf ein Abenteuer blickt, dass zwar niemals sein eigenes sein wird, so ist er doch von dessen Präsenz eingenommen.

Duncan Marquiss (Schottland, 1979) arbeitet mit Versatzstücken der menschlichen Versuche, Frieden zu schließen mit etwas, das einerseits auf natürliche Art ein Teil von uns ist, das uns andererseits aber trotzdem so fremd ist. Seine einfühlsamen Zeichnungen beziehen ihren Einfluss sowohl aus der Symbolik überlieferter alter Märchen als auch aus den klassischen Themen von Vergänglichkeit, Sterblichkeit und Dasein.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Pressetext

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solitude - London Artists Today
kuratiert von Michael Bank Christoffersen

mit Loukia Alavanou, Mauro Bonacina, Nathan Coley, Mat Collishaw, Shane Deega, Hadassah Emmerich, Marisa Favretto, Anna Genger, Barnaby Hosking, Duncan Marquiss