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Die SCHIRN präsentiert vom 5. September bis 27. Oktober erstmals in Deutschland die Vielfalt der brasilianischen Graffitikunst im Frankfurter Stadtraum und verändert damit den alltäglichen Blick auf die Stadt.

In Brasiliens Metropolen findet sich eine der weltweit lebendigsten und künstlerisch interessantesten Szenen in diesem Bereich. Diese bunte, dynamische und einzigarte Bewegung unterscheidet sich sowohl inhaltlich als auch ästhetisch wesentlich von der amerikanischen und europäischen Street-Art-Szene. Nicht nur das spezifische politisch-soziale Klima in einem von tiefgreifenden Umbrüchen gekennzeichneten Land, sondern auch eine ungeheure Vielfalt von Techniken und Stilen lassen die brasilianische Street-Art aus der globalisierten Graffitikultur hervortreten.

Elf Künstler und Künstlergruppen aus São Paulo und anderen Metropolen Brasiliens sind eingeladen, ihre Bilder ausgehend vom Gebäude der SCHIRN im gesamten Frankfurter Stadtraum zu realisieren und damit den alltäglichen Blick auf die Stadt zu verändern. Gezeigt werden figurative und abstrakte, heitere und gesellschaftskritische Bilder – von überdimensionalen Wandgemälden bis zu unscheinbaren ephemeren Zeichen. Bespielt werden unter anderem Frankfurter Bankentürme, Brückenpfeiler am Mainufer, die Bodenfläche der Frankfurter Hauptwache, die Matthäuskirche und das ehemalige Polizeipräsidium der Stadt. Ein zusätzliches Highlight ist ein bemalter U-Bahn-Zug – diese als „Wholetrain“ bekannte Form des Graffitis ist eine Königsdisziplin der Szene. Eine eigens zur Ausstellung entwickelte und mit zahlreichen Hintergrundinformationen und Künstlervideos bestückte App navigiert die Besucher auf ihrem Spaziergang durch die Frankfurter Innenstadt.

Die Graffitis sind anerkannter Teil der visuellen Kultur

Die Metropole São Paulo gilt neben Rio de Janeiro und Curitiba als herausragendes Zentrum der brasilianischen Street-Art. Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich die dortige Szene zu einer der weltweit vitalsten und künstlerisch interessantesten entwickelt. Sie zeichnet sich durch einen individuellen und äußerst vielfältigen Eingriff in den städtischen Raum aus und ist in São Paulo omnipräsent. Nach dem Ende der 20jährigen Militärdiktatur war der Wunsch nach öffentlicher Meinungsäußerung groß, und so entwickelte sich eine politisch motivierte Gegenkultur. Die Graffitis sind im Gegensatz zur weltweiten Szene heute in Brasiliens Städten nicht nur toleriert, sondern teilweise anerkannter Teil der visuellen Kultur. In Brasilien wird unterschieden zwischen Pixação, der brasilianischen Form des Tagging, und Graffitis, großformatigen figürlichen und abstrakten „Murals“ (Wandmalereien), wie sie die von der Schirn eingeladenen elf Künstler malen.

Zeitlich setzt „Street-Art Brazil“ mit Vertretern der ersten Generation der „Grafiteiros“ (Vitché, Speto und Tinho) ein. Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre geboren, begannen sie nach Ende der Militärdiktatur mit ihren Malereien auf die Straße zu drängen und so dem Willen zur öffentlichen Meinungsäußerung nach dem Schweigen während und nach der Zeit der Unterdrückung Ausdruck zu geben. Aus Mangel an künstlerischem Material verwendeten sie wie heute noch neben den teuren Spraydosen auch Fassadenfarbe und Farbrollen. Auch die jüngeren Protagonisten der Szene setzen sich mit den aktuellen sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemen ihrer Stadt auseinander und sind gleichzeitig von indigener Kultur inspiriert. Allen gemein ist die individuelle Positionierung durch eine singuläre Bildsprache. Der Künstler definiert sich über die Öffentlichkeit, die Sichtbarmachung und Verbreitung seiner Werke. Die Wiedererkennung seiner künstlerischen Handschrift – sein Branding – ist entscheidend.

KÜNSTLERLISTE: Herbert Baglione, Gais, Rimon Guimarães, Jana Joana & Vitché, Nunca, Onesto, Alexandre Orion, Speto, Fefe Talavera, Tinho, Zezão

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STREET-ART BRAZIL

Künstler:
Herbert Baglione, Gais, Rimon Guimaraes, Jana Joana & Vitche, Nunca, Onesto, Alexandre Orion, Speto, Fefe Talavera, Tinho, Zezao