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Eröffnung: 9. April, 19:00 Uhr

In der dritten Ausstellung zum 25jährigen Jubiläum der Ursula Blickle Stiftung im Kraichtal geht es um eine weitere Facette der Stiftung: das gleichnamige Videoarchiv. Mittlerweile kann dieses sein fast 10jähriges Bestehen feiern. Seit 2012 im Wiener Belvedere beheimatet, widmet es sich der Archivierung und Vermittlung zeitgenössischer Videokunst.

TANZ ES! zeigt Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Archiv, die sich Körpern in Bewegung widmen, wobei der Bezugsrahmen dabei bewusst offen gehalten wird: Tanz als soziales Phänomen wie Marker von Virtuosität, als Disziplinierungsform wie Möglichkeit zur Selbstbeobachtung sowie als unmittelbare künstlerische Ausdrucksform, für die sich immer schon die Frage nach ihrer Repräsentation gestellt hat. Die Geschichte der Darstellbarkeit von Bewegung ist eng mit jener des bewegten Bildes verbunden. Maya Deren etwa, eine der Wegbereiterinnen des Experimentalfilmes über Tanz, entwickelte ihr Konzept des „cinedance“ in den 1940er Jahren. Choreographierte Bewegung in Zeit und Raum sollte nicht nur von Tänzerinnen und Tänzern, sondern auch von der Kamera ausgeführt und später im Schnitt weiterentwickelt werden. Die Möglichkeiten eines Mediums sollten sich mit jenen des anderen verbinden und etwas Neues hervorbringen. Durch die Erfindung der portablen Videokamera Mitte der 1960er Jahre konnte Bewegung schnell und kostengünstig aufgezeichnet und vor allem in Echtzeit wiedergegeben werden. Oftmals wurde dadurch die Kamera wie ein Spiegel als zusätzliche Kontrollapparatur von Gesten und Bewegungen eingesetzt; ein selbst-reflexives Moment, das seitdem immer wieder thematisiert wurde. Zeitgenössische Videokunst, die sich tanzenden Körpern widmet, referenziert einerseits diese reiche Geschichte. Andererseits wird immer wieder aufs Neue versucht, Repräsentationsfragen aufzuwerfen und sich an bestehenden Darstellungsparadigmen zu reiben.

Tanz birgt immer auch die Möglichkeit der Grenzüberschreitung in sich: auf physische Weise durch Selbstdisziplinierung; auf psychischer Ebene durch Erreichen eines Trancezustandes; auf sozialer Ebene, indem der Körper als Träger von Identität als dynamisch und im Fluss begriffen werden kann und die Entsprechung dafür im Tanz findet. Dieses Potential lässt sich auf medialer Seite weiterverfolgen, indem die Ausstellung TANZ ES! auch die Frage nach dem Status des bewegten Bildes im Ausstellungsraum stellt. Gibt es in Zeiten digitalisierter Kinotechnik und oft fetischisiertem 16mm-Film im sogenannten White Cube eine Trennlinie zwischen Film- und Videokunst? Wo liegen die medienspezifischen Qualitäten dieser Formate und Dispositive? Und wie haben neue Möglichkeiten der Distribution den Blick auf und mit diesen Kunstformen verändert?

Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler: Theo Altenberg, Rachelle Beaudoin, Philip Bußmann, Anetta Mona Chişa & Lucia Tkáčová, Carola Dertnig, Nathalie Koger, Renate Kowanz-Kocer, Annja Krautgasser, Ulrike Lienbacher, Anja Manfredi, MASBEDO, Ella Raidel, Carly Short, Stefanie Seibold.