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Vernissage & Buchvorstellung am 03. Februar um 18 Uhr

Eingeschüchterte Wesen, eingebettet in zerbrechliche Seelenräume einer surrealen Welt. So könnte man die künstlerische Handschrift Tesfaye Urgessas in nur wenigen Worten umschreiben. Kunsthistorische Bezüge zu Francis Bacon oder Lucien Freud lassen sich vermuten, führen aber nicht zum Kern seines künstlerischen Schaffens. Denn aufgrund intensiver biografischer Bezüge, stehen Urgessas Werke auf einem sehr viel komplexeren und vielschichtigeren Fundament.

In Äthiopien aufgewachsen, führt in sein Studium der Malerei nach Stuttgart. Fern von der Heimat wird der Künstler in Momente voller Ausgrenzung, Fremdheit und Ungleichbehandlung mit einem Gefühl der Ohnmacht konfrontiert. All diese persönlichen Gefühle und Ereignisse verarbeitet der Künstler in seinen großformatigen Werken in Öl auf Leinwand, die ohne Vorzeichnungen ganz intuitiv entstehen. Nicht immer muss es sich dabei um traumatische Erlebnisse handeln. Manchmal reichen schon eine beiläufige Bemerkung, eine kurzweilige Erinnerung, die den entscheidenden Impuls für eine neue Arbeit geben. Zu seinem künstlerischen Schaffen sagt Urgessa selbst: "Ich versuche so zu malen, wie ich zu einem Freund spreche, mit dem ich alles teilen kann. Als Maler lasse ich mich, wenn ich ins Atelier gehe, jeden Tag aufs Neue von dem überraschen, was während des Schaffensprozesses passiert. Es macht mir nichts aus, keine geordneten Gedanken oder Ideen zu haben, während ich arbeite - auch wenn ich sie bereitwillig annehme, wenn sie sich ergeben. Für mich basiert der ganze Prozess des Malens darauf, aus eigener Erfahrung zu wissen, dass es nichts gibt, was ich male, das nicht in irgendeiner Weise mit mir selbst und meinem Umfeld zu tun hat."

Die Protagonisten seiner Gemälde sind im wahrsten Sinne des Wortes "nackt". Nicht nur die tatsächliche, augenscheinliche Nacktheit lässt die mageren, blassen Figuren, die sich nur aus wenigen, groben Pinselstrichen bilden, verletzlich und ängstlich erscheinen. Auch die seelische Labilität der dargestellten Wesen betont der Künstler durch die Konstruktion von sensiblen Seelenräumen in surrealen Welten. Mittels farbiger Flächen, schriller Muster und starker Perspektivwechsel erschafft er die idealen Schauplätze seiner kantigen Figuren. Dem Betrachter kommt eine besondere Rolle zu. Ihm wird als Voyeur, dessen neugieriger Blick von oben in die sensiblen Seelenräume eindringt, das Innerste dieser verletzlichen Wesen offenbart. So wird der Betrachter als Akteur in den Rezeptionsprozess eines jeden Werkes mit eingebunden.

Neben dem starken narrativen Gehalt seiner Bilder ist es die Balance zwischen schwerer und leichter Formgebung, heller und dunkler Farbigkeit, konkreten Bildbestandteilen und abstrakten Form- und Farbelementen, welche eine unverwechselbare Komposition und einen einzigartigen Stil des Künstlers ergeben.

Elisa Hornacek