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Das zeichnerische Werk von Marcel van Eeden (1965) wurde vor allem durch seine Teilnahme an der 4. Berlin Biennale (2006) und seiner Einzelausstellung „Celia“ im Kunstverein Hannover (2006) bekannt. Die Galerie Bob van Orsouw zeigt mehrere grössere und kleinere für diese Ausstellung entstandenen Werkzyklen sowie Einzelzeichnungen, im gesamten über 100 Werke.

Mit nahezu pedantischer Gründlichkeit, mit einer an die Konzeptkunst gemahnenden Strenge stellt Marcel van Eeden jeden Tag mindestens eine Zeichnung her. Einem emsigen, pflichtversessenen Arbeiter gleich, der jedes Blatt links oben beginnt und rechts unten beendet, hat er in den letzten 13 Jahren über 4000 Blätter gezeichnet. Die mit dem Negrostift (einer Art Kreide) ausgeführten hell-dunkel Zeichnungen weisen dasselbe Format (19x28 cm) auf und entstehen nach gefundenen fotografischen Bildern. Die Vorlagen aus Geschichts- und Kunstbüchern, Archiven, Atlanten, Illustrierten etc. stammen aus den zwanziger Jahren bis 1965, dem Geburtsjahr des Künstlers. Die Protagonisten, Situationen und Ereignisse aus dieser Epoche werden durch die künstlerische Rekonstruktion aus dem anonymen Zeitstrom gerissen, dem ursprünglichen Kontext entfremdet gehen sie in eine neue, vom Künstler entworfene Geschichte ein.

Dennoch versteht sich Marcel van Eeden nicht als Chronist. Vielmehr betitelt er sein immenses Zeichnungskonvolut als „Enzyklopädie meines Todes“ und stellt damit eine künstlerische Vorwegnahme dessen war, was jeder Existenz notwendigerweise eingeschrieben ist: Vergänglichkeit. „Halb Reporter, halb Archäologe“ eignet sich van Eeden eine nicht mehr einholbare Zeit an (vor der Geburt), die in ihrer Fremdheit gleichzeitig für eine Zukunft (nach seinem Tod) steht. Bei der Übersetzung der fotografischen Vorlagen in das Medium der Zeichnung werden Motive nur ausschnitthaft wiedergegeben, bestimmte Aspekte ausgeblendet oder formal überhöht. So werden Existenzen zu neuem Leben erweckt, indem ihnen der Künstler ein anderes, von ihm selbst erfundenes Dasein zuweist. So avanciert beispielsweise der unbekannte Botaniker Karl McKay Wiegand in den auf der Berlin Biennale gezeigten über 100 Zeichenblättern zu einem hyperaktiven Protagonisten (Literat, Künstler, Extrembergsteiger, Boxweltmeister, Ehemann von Liz Taylor, Schauspieler, Industrieller), dem der Künstler sämtliche Möglichkeiten eines aussergewöhnlichen Lebens zuschreibt.

Die Aneignung einer Wirklichkeit, die nur über Bilder verfügbar ist, ist bei Marcel van Eeden von Ironie, Skepsis und der Besessenheit durchsetzt, selbst täglich Bilder zu produzieren, um der Nichtigkeit des Daseins künstlerisch habhaft zu werden. Dabei erstaunt, wie bei aller Verschiedenheit der Motive, der häufigen Wechselwirkung von Bild und Text und der stilistischen Vielfalt die schwarz-weisse, fast altmeisterlich wirkende Kolorierung des Zeichenstiftes eine Art Homogenisierung bewirkt, die alle Zeichnungen gleichermassen zu Teilen eines unabgeschlossenen Ganzen macht.

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Marcel van Eeden
The Death of Matheus Boryna
Kuratoren: Birgid Uccia, Bob van Orsouw