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Vom 16. Juni – 3. September 2006 zeigt das Kunsthaus Zürich «The Expanded Eye», eine Ausstellung über den entgrenzten Blick des Auges im Zeitalter seiner physiologisch und technisch erweiterten Möglichkeiten. Zu sehen sind rund 120 kinetische Objekte, Gemälde, Film- und Videoinstallationen von den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts bis heute. Neben Arbeiten der Op-Art–Künstlerin Bridget Riley, des Surrealisten Salvador Dalí oder des Filmemachers Gary Hill stehen Künstler wie Pierre Huyghe und Sam Taylor-Wood, die neue Arbeiten präsentieren.

Die Ausstellung «The Expanded Eye» lenkt den Blick auf die abenteuerliche und forschende Seite der Kunst. Vier Jahrzehnte nach «The Responsive Eye», einer Ausstellung, die 1965 im Museum of Modern Art in New York stattgefunden hat und die Op Art vorstellte, drängt das Auge des Künstlers ungehemmt und lustvoll weiter vor. Es reicht in Höhen und Niederungen, in Mikro- und Makroreiche und erschliesst mit befreitem Blick Neues oder bekannt Geglaubtes. Der von Kuratorin Bice Curiger gewählte Titel erinnert auch an «The Expanded Cinema», eine Buchpublikation von 1970, die sich dem Aufbruch im Experimentalfilm, der strukturellen Analyse, dem Ausbrechen aus filmischen Klischees des Sehens und Erlebens widmet.

KINETISCHE OBJEKTE, FILM- UND VIDEOINSTALLATIONEN Jean-Pierre Yvaral und Julio Le Parc sind mit kinetischen Objekten vertreten, Filme von Maya Deren und Jud Yalkut laufen parallel zu Videoinstallationen von Ronald Nameth und Paul Pfeiffer. Neben Malerei von Josef Albers, Victor Vasarely oder Bridget Riley, Zeichnungen von Henri Michaux, Markus Raetz und Thomas Bayrle sowie Rauminstallationen von Gianni Colombo, Otto Piene und Olafur Eliasson haben extra für die Ausstellung geschaffene Arbeiten von Pierre Huyghe und Sam Taylor-Wood Premiere. In Werken wie «40'000 Quadrate» (1963) von François Morellet, das extra rekonstruiert wird, rückt jene Kunst in den Fokus, die statt idealistischer Kontemplation das rein physiologisch ausgelöste visuelle Erleben anbietet. Im Begleitprogramm zur Ausstellung zeigt das Kunsthaus 16mm-Filme von Stan Brakhage, Tony Conrad, Steina and Woody Vasulka, Peter Tscherkassky u.a.

DAS AUGE UND DER HERAUSGEFORDERTE REALITÄTSSINN Das Auge ist das dominierende Organ unserer Zeit, die Kultur eine Huldigung an die Sichtbarkeit: Ein permanent gesteigertes zugänglich Machen, eine visuelle Expansion in die verschiedensten Universen hinein – geographisch, physikalisch, astral, kulturell, sozial, physiologisch. Das Auge ist das Mass, mit dem wir die Welt auf den ersten – und oft letzten Blick – beurteilen. Satellitenbilder, Websites, Livecams, Mikro- und Teleskope: die Vehikel der Mobilität und Apparate des Sehens sind uns zur zweiten Natur geworden. Die Möglichkeiten virtueller und realer Verlängerungen unseres Körpers und unserer Wahrnehmungsorgane bewirken eine grundsätzliche und weit reichende Veränderung unseres Realitätsverständnisses.

VOM EXPANDED EYE ZUM COLLECTIVE I Begriffe wie aktiv/passiv, Subjekt/Objekt, öffentlich/privat, individuell/kollektiv verlieren ihre definitorische Abgrenzung. Die Moderne Kunst hat einen ähnlichen Prozess an der Wende zum 20. Jahrhundert erlebt: eine Parallel-Bewegung zu den damals neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen von der Physik (Kubismus) bis hin zur Psychoanalyse (Surrealismus), an die in der Ausstellung mit Werken von Marcel Duchamp und Josef Albers angeknüpft wird.

Es gab immer eine Kunst, die sich der geschärften Sicht der zeitgenössischen Wissenschaften widmete, die vorwärts drang und Fragen stellte. Das Kunsthaus Zürich nimmt eine Standortbestimmung vor. Denn dem Entgrenzen entspricht auch ein Rollenverständnis des Künstlers, der mit Empathie für den Adressaten operiert. Die Kunst wird selber von aussen betrachtet. Ihr Spiel ist der Austausch, der mit dem Perspektivenwechsel einhergehende Rollenwechsel: Das «expanded eye» wird zum «collective I» und entfaltet eine anziehende Wirkung auf den Betrachter.

KÜNSTLER-LISTE* Josef Albers, Thomas Bayrle, Monica Bonvicini, Gianni Colombo, Salvador Dalí, Marcel Duchamp, Olafur Eliasson, Karl Gerster, Ruprecht Geiger, Dan Graham, Hans Haacke, Birgit/Wilhelm Hein, Garry Hill, Pierre Huyghe, Carsten Höller, Peter Kubelka, David Lamelas, Malcolm Le Grice, Julio Le Parc, Max Matter, Christian Megert, Jonas Mekas, Henri Michaux, François Morellet, Ronald Nameth / Andy Warhols Exploding Plastic Inevitable, Bruce Nauman, Nam June Paik, Philippe Parreno, Markus Raetz, David Renggli, Pipilotti Rist, Gerry Schum, Robert Smithson, Jean Tinguely, James Turrell, Victor Vasarely, Jud Yalkut, Jean-Pierre Yvaral.

* Auswahl, Änderungen vorbehalten

PUBLIKATION Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Bice Curiger, Ina Blom, Diedrich Diederichsen, Kurt W. Forster, A.L. Rees und Rüdiger Wehner. Die auf deutsch und englisch erscheinende Publikation enthält eine Anthologie zur Reflexion über die Kunst und die Wahrnehmungsforschung mit Künstlerstatements von Lucio Fontana und Josef Albers, mit theoretischen Essays von Rudolf Anheim, Georg Kubler, Teilhard de Chardin u.a.m. 250 Seiten, davon 110 farbig, Verlag Hatje Cantz.

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