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In Lagos fasst die größte Pfingstkirche fünfmal mehr Gläubige als das weltgrößte Fußball-stadion; am Rande der Megastadt entsteht eine eigene City of God. In Beirut übernehmen islamistische Einrichtungen den Wiederaufbau der kriegszerstörten Viertel und kontrollieren die Wohnungsversorgung. In Rio de Janeiro konvertieren Kinos zu Kirchen, in Mumbai werden öffentliche Räume zeitweise zur Bühne für religiöse Spektakel. Über Lautsprecher und Plakate, in Motorradkolonnen oder Prozessionen, durch eigene Fernsehsender oder auf Friedhöfen – religiöse Gemeinschaften demonstrieren ihre Präsenz und besetzen urbane Räume.

Neue religiöse Bewegungen spielen in den Städten eine immer wichtigere Rolle. Sie verändern die urbane Topographie, sie treten als wirtschaftliche wie auch als politische Akteure auf und ersetzen nicht selten die Rolle des Staates – quer durch alle Weltregionen und Religionen. Zugleich werden die städtischen Kulturen durchdrungen von neuen religiösen Praktiken wie etwa Islamic Hip-Hop oder christlichen Nollywood-Filmen.

Die internationale Kunstausstellung the Urban Cultures of Global Prayers ermöglicht einen differenzierten Blick auf die Zusammenhänge zwischen urbaner Entwicklung und sakralen Praktiken, zwischen den Versprechen spiritueller Erlösung und sozialer Befreiung. Jenseits ideologischer Debatten um das „Wiedererstarken der Religionen“ wird in den Arbeiten von Künstler_innen aus zwölf Ländern deutlich, dass große Städte immer auch Orte religiöser Innovation sind. Die Schau thematisiert vor allem die kulturellen und städtischen Praktiken der weltweit agierenden, neuen religiösen Bewegungen. Erfahrbar werden urbane Settings, Strategien und Sinnproduktionen religiöser Akteure und Gemeinschaften in Metropolen des Globalen Südens wie Lagos, Mumbai oder Rio de Janeiro – aber auch in Istanbul und Berlin. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf visuellen und medialen Formaten der Fotografie, Videoinstallation und des Soundscape.

Die Ausstellung der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst findet im Rahmen des von metroZones initiierten transdisziplinären Kultur- und Forschungsprojekts Global Prayers – Erlösung und Befreiung in der Stadt statt. In enger Zusammenarbeit künstlerisch und wissenschaftlich Forschender lotet Global Prayers aus, wie die neuen Politiken, Ökonomien und Kulturen des Glaubens im städtischen Raum funktionieren, welche Bilder und Klänge, Räume und Praktiken das Religiöse im Zeichen der Globalisierung hervorbringt. Im Zentrum des Projekts steht die Frage, wie Religion städtische Räume produziert und verändert, aber auch wie das Städtische neue Religiositäten schafft. Erkundet werden Themen wie das Verhältnis zwischen neuen urbanen Religionsgemeinschaften, Stadtplanung und Staatlichkeit, Selbstorganisation, Medialität, Alltagskultur und die Lokalisierung transnational agierender Akteure. Darin verbinden sich wissenschaftliche, ethnographische und audiovisuelle Forschungen mit hierfür neu entwickelten dokumentarischen und künstlerischen Arbeiten.

KünstlerInnen: Gilles Aubry (CH), Sabine Bitter / Helmut Weber (AT/CA), Lía Dansker (AR), Aryo Danusiri (ID), Katja Eydel (DE), Frida Hartz (MX), Magdalena Kallenberger / Dorothea Nold (DE), Verónica Mastrosimone (AR), Rika Collective (KE), Sandra Schäfer (DE), Surabhi Sharma (IN), Sevgi Ortaç (TR), Jens Wenkel / Lagos Film Workshop (NG), Paola Yacoub (LB)

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The Urban Cultures of Global Prayers

Künstler: Gilles Aubry, Bitter / Weber, Lia Dansker, Aryo Danusiri, Katja Eydel, Frida Hartz, Magdalena Kallenberger / Dorothea Nold, Veronica Mastrosimone, Rika Collective , Sandra Schäfer, Surabhi Sharma, Sevgi Ortac, Jens Wenkel / Lagos Film Workshop , Paola Yacoub (Paola Yacoub & Michel Lasserre)

Stationen:
12.11.2011 - 08.01.2012 NGBK Berlin
28.01.2012 - 01.04.2012 Camera Austria, Graz