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Tomas Schmit (1943-2006) gehört zu den Pionieren der Fluxus-Bewegung. Über Nam June Paik, den er 1961 traf, lernte er George Maciunas und die ersten Fluxus-Aktivitäten kennen. 1962 nahm er an der Aufführung Neo-Dada in der Musik, ausgerichtet von den Düsseldorfer Kammerspielen, sowie den Parallelen Aufführungen Neuester Musik in Amsterdam teil und entwickelte eigene Aktionen wie den „zyklus für wassereimer (oder flaschen)“. In der Folgezeit beteiligte er sich an den meisten europäischen Fluxusfestivals, die in Kopenhagen, Paris, Düsseldorf, London und Berlin stattfanden und organisierte 1964 das viel diskutierte Festival der neuen Kunst in der Technischen Hochschule in Aachen. Mit seinen Aktivitäten hat Tomas Schmit in dieser Zeit die Infragestellung der bürgerlichen Kunst und die Ansätze zu einer neuen Ästhetik wesentlich mitgeprägt. Sein Briefwechsel mit George Maciunas führte dazu, dass eine theoretische Auseinandersetzung mit den politischen und ästhetischen Vorstellungen der Fluxuszeit intensiv möglich geworden ist.

Neben den Aktionen beschäftigte sich Tomas Schmit auch mit Sprache und Text und begann Ende der 1960er Jahre zeichnerisch zu arbeiten. In rund vier Jahrzenten entstehen so neben einer Vielzahl von Einzelzeichnungen, Editionen, original vervielfältigte Zeichnungsserien, Bücher, Texte und ein Film mit dem Titel „e-constellations“. Inhaltlich behandelte er mit Fragen wie „woher weiß ein Chamäleon, welche Farbe es annehmen soll?“ oder „können menschen denken“ zumeist Beobachtungen und Phänomene aus der Evolution, der Gehirn- und Verhaltensforschung oder der Wahrnehmung und der Sprachlogik. Für seine künstlerischen Reflexionen erfuhr Tomas Schmit nicht nur in der Kunstwelt hohe Anerkennung durch Einzelausstellungen im Kunstverein Hamburg (1977), im Kölnischen Kunstverein (1978), in der Galerie Michael Werner, Köln und New York (1986 und 1994), in der DAAD Galerie Berlin und im Sprengel Museum Hannover (1987), in der Kunsthalle Portikus, Frankfurt am Main (1997) und posthum im Museum Ludwig, Köln und in der Sammlung Falckenberg, Hamburg (2007) sowie der Teilnahme an der documenta 6 in Kassel (1977). Auch renommierte Fachwissenschaftler zollten ihm Respekt. So empfahl etwa der Kybernetiker Prof. Dr. Braitenberg 1990 „Physikern und anderen Anfängern“ in einer Rezension in der Fachzeitschrift Spektrum der Wissenschaft Tomas Schmits Buch „erster entwurf (einer zentralen ästhetik)“ als „Einführung in die Gehirnwissenschaft“. Insofern zählt Tomas Schmit auch zu den profiliertesten Wegbereitern im Verhältnis zwischen der bildenden Kunst und den Wissenschaften, das zurzeit wieder Konjunktur hat.

Die letzte Einzelausstellung von Tomas Schmit fand zu seinen Lebzeiten 2005 im Kunstverein Bremerhaven statt. Zwölf Jahre später präsentiert der Kunstverein nochmals eine werkübergreifende Ausstellung, die anlässlich des zehnten Todestages des Künstlers von der Kunsthalle Lingen zusammengestellt worden ist und im Anschluss an die Präsentation in Bremerhaven zum Ludwig-Hack-Museum nach Ludwigshafen weiter wandert. Die Ausstellung in der Kunsthalle Bremerhaven wird um einen neuen Raum im Kunstmuseum Bremerhaven mit Werken von Tomas Schmit aus der Sammlung des Kunstvereins ergänzt.