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1995 wurde die Villa Aurora, das ehemalige Heim von Marta und Lion Feuchtwanger in Los Angeles, als Residenz für bildende Künstler, Schriftsteller, Filmemacher und Komponisten eröffnet. Das 15. Jubiläum feiert die Villa Aurora in der Akademie der Künste Berlin mit der Ausstellung Transatlantische Impulse und einem breiten Rahmenprogramm. Die von Sabrina van der Ley und Markus Richter kuratierte Ausstellung eröffnet am Freitag, den 3. Dezember um 19 Uhr im Gebäude der Akademie am Hanseatenweg.

Zu sehen sind Arbeiten von Colin Ardley, Heike Baranowsky, Rosa Barba, Marcel Bühler, Jörg Bürkle, Peggy Buth, Eva Castringius, Simon Dybbroe Møller, Gerald Eckert, Frauke Eigen, Sabine Ercklentz & Anja Weber, Anna Faroqhi, Thomas Florschuetz, Gerhard Friedl, Eva Grubinger, Romeo Grünfelder, Carla Guagliardi, Laura Horelli, Sabine Hornig, Christian Keinstar, Veronika Kellndorfer, Dagmar Knöpfel, Thomas Körner, Takehito Koganezawa, Bettina Krieg, Via Lewandowsky, Wiebke Loeper, M+M, Isa Melsheimer, Agnes Meyer-Brandis, Andrea Neumann, Olaf Nicolai, Tilman Peschel, Kirsten Reese, Miguel Rothschild, Marc Sabat & Lorenzo Pompa, Albrecht Schäfer, Kai Schiemenz, Hans-Christian Schink, Andreas Schulze, Maya Schweizer und Albert Weis.

Aus europäischer Perspektive galt und gilt Los Angeles als städtebauliche Katastrophe ersten Ranges, als wild gewachsene Ansammlung von Städten und Orten, verbunden durch ein verwirrendes Netz von gigantischen Freeways, ein dystopischer Un-Ort, weit vom Ideal einer maßvollen, menschengerechten Stadt entfernt. Als der englische Architekturkritiker Reyner Banham 1965 nach L.A. kam, war er hingegen von der Stadt begeistert. Sein 1971 erschienenes Buch »Los Angeles: The Architecture of Four Ecologies« ist eine veritable Liebeserklärung, nicht nur an die herausragende Architektur von Schindler oder Neutra, sondern gerade auch an die anonymen Alltagsbauten, die Tankstellen und Drive-Ins, die Kultur der Surfboards und Muscle-Cars und nicht zuletzt an die Freeways. Hatte er bis dahin noch nie hinter dem Lenkrad eines Autos gesessen, so genießt er nun die Autobahnkreuze als ästhetisch-kinetische Erfahrung: The Santa Monica/San Diego intersection is a work of art, both as a pattern on a map, as a monument against the sky, and as a kinetic experience as one sweeps through it.

Banhams Los Angeles der späten 1960er und frühen 70er Jahre gibt es längst nicht mehr, die Stadt hat sich in den letzten 40 Jahren tiefgreifend verändert. Sein kontroverses Buch ist mittlerweile ein Klassiker, jüngst von der University of California Press erneut aufgelegt. Aber seine Faszination für das Phänomen L.A. ist nach wie vor aktuell und findet einen Wiederhall auch in vielen Werken der Künstler, die seit 1995 ein Stipendium in der Villa Aurora in Pacific Palisades absolviert haben. Die Erfahrung der Freeways gehört ebenso zu dieser – mitunter zwiespältigen – Faszination wie die beständige Konfrontation mit den Filmbildern, die für Los Angeles so bezeichnend ist. Auch hier hat Banham die europäische Wahrnehmung der Stadt bereits auf den Punkt gebracht: Visiting houses in Beverly Hills or Bel Air can be an hallucinating experience; an overwhelming sense of deja-vu mingles with an overwhelming desire to sidle along corridors with one's back to the wall and to kick doors wide open before passing through.

Cinematographie und Filmindustrie bilden für die Ausstellung »Transatlantische Impulse« einen wesentlichen Bezugspunkt. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung der Künstler mit Gegenwart und Geschichte, Mythos und Realität, Gesellschaft und urbanem Raum in Los Angeles und Kalifornien. Die Themen und Orte werden sowohl in ihrer Funktion als Filmikonen reflektiert, als auch unter gesellschaftlichen und ökologischen Fragestellungen untersucht. Strip mining oder die problematische Wasserversorgung von L.A. spielen eine ebenso wesentliche Rolle wie der Glamour Hollywoods. Anders als bei Banham, der noch gegen den blasiert-kulturpessimistischen Blick des intellektuellen Europa auf das beunruhigend fremde LA anschreiben musste, zeigen die Werke der Aurora Künstler eine deutliche Ambivalenz gegenüber der Stadt und dem umgebenden Land. Dabei fällt auf, dass viele der Künstler ihren Interessensfokus von der Metropole auf das nähere und weitere Umland verschoben haben. Die Künstler greifen weit über das mittelbare Einzugsgebiet von L.A. hinaus, beschäftigen sich mit der Mojave-Wüste, Zabriskie Point und Death-Valley und selbst dem Flugzeug-Friedhof in der Sonora Wüste Arizonas.

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung resultiert aus dem Interesse vieler Künstler an den architektonischen Ausprägungen des Projekts Moderne. Dieses Interesse trifft sich in L.A. mit der Geschichte der Emigration. Eine Reihe von deutschen und österreichischen Architekten waren zwischen 1920 und 1940 nach Kalifornien ausgewandert, u.a. Erich Mendelsohn, Richard Neutra und Rudolph Schindler. Von Neutra, der bereits 1923 zusammen mit Mendelsohn einige der frühesten Flachdachbauten in Berlin realisierte, gingen wesentliche Impulse für die Entwicklung der kalifornischen Case Study Houses aus. Diese ebenso strengen wie filigranen Bauten inspirieren bereits seit einiger Zeit die zeitgenössische Kunst. Mittlerweile hat sich das Interesse der Künstler von der ersten Moderne auf die Architektur der 1960er und 70er Jahre verschoben. Hier geht es weniger um prägende Bauten als um anonyme urbane und suburbane Strukturen, die so prägend für die Stadtlandschaft von Los Angeles sind. Auch dieser Paradigmenwechsel hat eine Entsprechung in der Geschichte der Emigration: 1964 veröffentlichte der aus Österreich gebürtige Bernard Rudofsky das epochemachende Werk »Architecture Without Architects«, begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im New Yorker MoMA. Ausstellung und Buch waren wesentlich für die kritische Revision der Moderne bis hin zu Reyner Banham und viele Künstler, die in den letzten Jahren in der Villa Aurora gearbeitet haben, befassen sich aufs Neue mit diesen Fragestellungen.

Sabrina van der Ley & Markus Richter EUROPEAN ART PROJECTS www.transatlantische-impulse.com

Die Ausstellung wird ermöglicht durch den Sparkassen Kulturfonds und das Auswärtige Amt. Eine Produktion des Villa Aurora Forums Berlin in Zusammenarbeit mit European Art Projects.

EUROPEAN ART PROJECTS PROJECT OFFICE GEIBELSTRASSE 1 / 10961 BERLIN PHONE: +49.30.69 81 94 13 / FAX +49.30.69 81 94 15

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TRANSATLANTISCHE IMPULSE
15 Jahre Villa Aurora
Ort: Akademie der Künste, Berlin, Hanseatenweg 10
Kuratoren: Sabrina van der Ley / Markus Richter

Künstler: Colin Ardley, Heike Baranowsky, Rosa Barba, Marcel Bühler, Jörg Bürkle, Peggy Buth, Eva Castringius, Simon Dybbroe Moller, Gerald Eckert, Frauke Eigen, Sabine Ercklentz & Anja Weber, Anna Faroqhi, Thomas Florschuetz, Gerhard Friedl, Eva Grubinger, Romeo Grünfelder, Carla Guagliardi, Laura Horelli, Sabine Hornig, Christian Keinstar, Veronika Kellndorfer, Dagmar Knöpfel, Thomas Körner, Takehito Koganezawa, Bettina Krieg, Via Lewandowsky, Wiebke Loeper, M+M München, Isa Melsheimer, Agnes Meyer-Brandis, Andrea Neumann, Olaf Nicolai, Tilman Peschel, Kirsten Reese, Miguel Rothschild, Marc Sabat & Lorenzo Pompa, Albrecht Schäfer, Kai Schiemenz, Hans-Christian Schink, Andreas Schulze, Maya Schweizer, Albert Weis.