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Im Oktober und November vergangenen Jahres, 15 Jahre nach dem Mauerfall und im Jahr der EU-Osterweiterung, haben Falk Haberkorn und Sven Johne eine PKW-Rundreise durch Ostdeutschland unternommen. Es war ihr Ziel, die subjektive Interpretation des sozialen, mentalen und ökonomischen Zustandes vor Ort künstlerisch umzusetzen. Nicht gesucht, aber doch gefunden haben sie sowohl das Märchen der “blühenden Landschaften," als auch den “grauen Osten der Frustrierten."

Tropical Island skizziert mit den Mitteln einer neu verstandenen Reisefotografie das Bild eines in mehrfacher Hinsicht im Übergang befindlichen Landes. Die beobachtete Situation ist auch ein Beispiel für eine Entwicklung, die ganz Europa bevorsteht: ðGewinnerÐ- und ðVerliererÐ-Regionen, Inseln industrieller High-Tech-Produktion und entvölkerte Landstriche sind die neuen Parameter. Bleibt hier nur wohnen, wer nicht weggehen kann?

Die Folgen der allerorten als Gespenst an die Wand gemalten Polarisierung der Gesellschaft sind ein Thema in Sven Johnes Arbeit. Es geht weniger um Ost und West, sondern um das Leben der Angepassten und Zurückgebliebenen. Sven Johnes Arbeit nutzt das künstlerische storytelling, verschmilzt Wahrheit und Fiktion, Bildwirkung und die Kraft des geschriebenen Wortes. Dabei verliert er mit scharfem Blick und lakonischem Humor nie die echte Zuneigung zu seinen Figuren. Auf den ersten Blick sind seine Ostdeutschen Landschaften Fotografien unspektakulären Ackerlandes. Es wird in der zeitlichen Folge der Aufnahmen langsam Herbst und die beschworenen »blühenden Landschaften« sind nur noch mit viel goodwill zu erkennen. Dann fallen die kurzen Texte im Zeitungsjargon ins Auge; die Reise ins Absurde beginnt und vorbei ist es mit der fast wehmütigen Ruhe der Landschaften.

Scheinbar mit stoischer Ruhe hat Falk Haberkorn seine Motive während der gesamten Reise durch den Ausschnitt von Frontscheibe oder Seitenfenster und ausschließlich aus dem fahrenden Auto heraus fotografiert. Entstanden ist eine Arbeit, die 120 kleinformatige Bildtafeln zusammenbringt. Allesamt in schwarz-weiss und mit der archaischen Anmutung des Barytpapiers vereinigen die Fotografien überwältigende Präsenz und unterschwellige Emotionalität. Die Arbeit ist ein Monolith unbedingter künstlerischer Verausgabung.

Falk Haberkorns Art der ðStreet photographyÐ nimmt die Form der traditionellen street photography auf. Wie ein Flaneur des 19. Jahrhunderts erschließt er sich en passant die Umgebung. Der durch die Karosserie des Wagens vorgegebene Ausschnitt dient als Bild-rahmen und zementiert den Wahrheitsanspruch der Bilder als non-staged - was wir hier sehen ist die Wahrheit, jeder kann diese Orte selbst besuchen - auch wenn die Passage durch den Raum hier zur Durchreise wird.

Es ist ein Spiel von schwindender Distanz zu den Motiven und dem Zustand des Unterwegsseins. Am Ende steht die Suche nach Heimat, die ob der vorgefundenen Situation 15 Jahre “danach" eher zum Abgesang gerät.

Begleitet wird die Ausstellung durch eine subjektive Presseschau der beiden Künstler: in Form einer überdimensionierten Collage lässt ihre ðWandzeitungÐ, das während der Reise gesammelte Material - welches kommentarlos neben- und gegeneinander gestellt wird - für sich selbst sprechen.

Pressetext

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Sven Johne / Falk Haberkorn: Tropical Island