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wir laden Sie ganz herzlich in eine "Unechte Landschaft" ein. Der Begriff ist im Japanischen einer der Namen für den traditionellen Steingarten. In unserer Ausstellung aber dient er als Umschreibung für das Handgemachte und Konstruierte und für die Herausforderung an die Geduld. Unser Garten im Garten ist eine experimentelle Chimäre, ein Widerstandsnest gegen den übereilten Blick und die widerspruchsfreie Harmonie. Kunst unterbricht hier die Kommunikation und verlangt einen suchenden Blick.

Dem Vernehmen nach ist das Paradies, aus dem wir vertrieben wurden, ein Garten gewesen. Und weil vielen die Gegenwart nicht hinreichend paradiesisch erscheint, wünschen sie sich wenigstens eine von Hecken eingehegte Harmonie, unter der die Widersprüche verschwinden. Parterres, in denen Ordnung herrscht, und Bosketten, zwischen denen sich wandeln lässt. Je unruhiger und widersprüchlicher die Zeit, desto größer die Hoffnung auf eine kultivierte Behaglichkeit ohne Widerhaken.

Solche Gärten werden indes nicht nur von Gärtnern angelegt. Immer häufiger wird an Kunst die Erwartung herangetragen, sie sei ein besonders ertragreiches Nutzgewächs, eine Art Kombinationszüchtung mit vervielfachtem Fruchtertrag: Exotisch, authentisch und störungsfrei, schnell zu verzehren und hilfreich für ein kreatives Mikroklima.

"Unechte Landschaft" ist so gesehen die leise Formulierung eines stillen und entspannten Aufbegehrens. Unser künstlicher Garten versammelt Werke, in denen das Natürliche experimentell zusammengefügt ist. Die Ausstellung verlangt Aufmerksamkeit für das Gemachte, Einverständnis mit der Verzögerung statt schnell verfügbare Thesen zu liefern oder Kunst zum beiläufig abzuhakenden Hintergrund ästhetischer Naherholung zu machen. Aus diesem Hort merkwürdiger Rekombinationen vermittelt sich kein Wissen. Das Spiel hat keine Pointe und es gibt keinen Schlüsselbegriff für die pädagogisch angeleitete Decodierung.

Im Japanischen bezeichnet "Kasansui", die "Unechte Landschaft", ein Paradox. Der (bis auf Moos als eine Art symbolisches Medium) pflanzenlose Steingarten bildet die Natur nicht nach. Er symbolisiert sie nur und imitiert ihre inneren Verhältnisse. Authentizität und schnelles Behagen ist ihm nichts, Einsicht in das Unsichtbare alles. Zu sehen ist weder die lenkende Hand des Gärtners noch eine im Vorbeigehen abrufbare Harmonie.

So gesehen ist "Unechte Landschaft" ein Projekt kuratorischer Bescheidenheit. Am Ende geht es uns um die Unterbrechung schnell fließender Kommunikation, um die Auseinandersetzung mit dem Zusammengesetzten, um Maßstäbe und Maßstabsanpassungen und um den insistierenden, sich adjustierenden Blick.