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„Es gibt zwei Wege ins Wesen der Dinge, den über das Allgemeine und den über das Besondere.“ aus: Romano Guardini „Die Technik und der Mensch“

Stets auf der Suche nach neuen Formen für die Darstellung des Allgemeinen und des Besonderen führt Lüthis Weg über die Grenzen der Medien Fotografie, Videoinstallation, Malerei und Skulptur hinaus. Dient die Photographie vorrangig der Darstellung der Realität, so gewährt ihm die Malerei Ausflüge ins Utopische; in der Verbindung beider zeigt sich Lüthis Blick auf die Welt.

Erst 19 Jahre alt, verstand es Lüthi das Schweizer Publikum mit provokanten Selbstporträts zu schockieren. Dank dieser bedingungslosen Selbstbefragungen erlangte Lüthi schnell europaweite Aufmerksamkeit. Nach 40jähriger Künstlerkarriere kann er inzwischen auf zahlreiche internationale Museumsausstellungen und einen grossen Kreis von Sammlern blicken. Als vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere gestaltete er 2001 den Schweizer Pavillon auf der Biennale von Venedig. Heute zeigt er mit seinen neuen Werken in der Ausstellung der Galerie Lelong Zürich, anhand seiner wohl vertrauten Markenzeichen, inwieweit sich sein Blick auf die Welt gewandelt hat.

Der Betrachter wird anhand des ständig wiederkehrenden Abbildes des Künstlers, verwandelt über die Zeit vom schönen geschminkten Gesicht des Jünglings zum gelebten Porträt des heutigen Mittfünfzigers, in die Kunstwelt Lüthis geleitet. „Ich gehe mit mir selbst wie mit einer fremden Person um. Wenn ich aber trotzdem immer wieder meine eigene Person wähle, so deshalb weil ich zu ihr die meisten Beziehungen habe. Das Bild als Bild wird somit realer, denn ich versuche die vielschichtigen Aspekte, die mit meiner Person im Zusammenhang stehen, auszuleuchten.“ Komplementär zu den Portraits integriert Lüthi Fotos von Landschaften, Ornamente und Alltagsgegenstände in seine Bilder. Der mit der Kunst Lüthis vertraute Betrachter erkennt die androgynen Selbstportraits der 70er Jahre wieder, nun einer gemalten abstrakten Figuration der 80er Jahre gegenübergestellt, deren Ornament visionär die Atmosphäre des Porträts verändert. Tropfen, die wie Wasserlandschaften anmuten und Blicke in gewöhnliche Strassenzüge, in einfache Hotelzimmer oder auf belebte Strände bilden die Umgebung, in die Lüthi seine Porträts einbettet. Sie verdeutlichen einmal mehr den gleichen Ursprung aller Teile, die Eintönigkeit, aber auch Schönheit der Gegenstände und Elemente. Lüthi erkennt die erschreckende Ähnlichkeit der dem Mikro- und dem Makrokosmos entnommenen Sujets. Das Triviale sei in seiner Sehnsucht nach dem Grossen und Erhabenen das beste Äquivalent zur menschlichen Seele.

Lüthis besonderes Interesse gilt dem Zusammenspiel von Architektur und Kunst. Sein ausgeprägtes Gefühl für Raumsituationen spielt eine herausragende Rolle in der Präsentation seiner Kunstwerke. Lüthi konzipierte seine Ausstellung für die spezielle Architektur der Galerie. Einige seiner Skulpturen kommunizieren mit dem Betrachter. Sie lassen ihn bei sich selbst zurück vor der die Hände vors Gesicht haltenden Figur und leiten seinen Blick entlang einer Säule nach oben in den Züricher Himmel, von dem die auf der Säule stehende Skulptur die Erfüllung des Wunsches eine kubistische Figur zu sein, ersehnt. Idealität der Idee versus Realität der Existenz spiegeln in den Skulpturen wie auch in den Bildern den ironischen Blick Lüthis auf die Welt, gleichzeitig aber auch sein Interesse an der dahinter versteckten Schönheit des Widersprüchlichen.

Lüthi hat im Laufe seiner Künstlerlaufbahn eine Bildsprache entwickelt, deren „Sätze“ Bildern des Alltags und der klassischen Kunstgeschichte entnommen sind. Die egalitäre Zusammensetzung dieser Komponenten, die Enthierarchisierung der Gegenstände bilden die Sprache des Alltagsforschers und –ästheten Urs Lüthi. „Irgendwie sehe ich mich schon ein bisschen wie ein Regisseur, der die Dinge, die er für sein gesamtes Bild, das er in seinem Kopf oder in seinem Herzen trägt, umgestaltet, umverwendet, neu zusammensetzt.“