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Wie sieht das Paradies aus? Vielleicht wie das purpurne Leuchten in einer Schlucht, ein gelber Weg, der „Vom Nichts ins Nirgends“ führt, über den zwei Augen im Gestein wachen. Vielleicht ist der Weg schon das schöne Ziel. Die Schlucht kann auch abstrakt sein, städtisch, technisch, modern, an deren Wänden sich das Licht in einen Fächer warmer aber bestimmter Farben bricht, wie zuvor bei Georgia O`Keeffe. Aber in ihren Stadtbildern war vom Abgrund mehr zu spüren, von Wegen des heiter Vergeblichen inmitten der stummen großen Freundlichkeit: „New York ist ein gutes Hotel“.

„There is no journey without meaning“, dieses ungewöhnliche neue Bild von Uwe Henneken von der abstrakten Schlucht in deren modernistische Formen sich ein spätimpressionistischer Himmel hinein schiebt, verbindet die Welt des Alten mit dem Neuen, oder eine alte Idee vom Neuen und einer neuen Variante des Alten. Von wo aus spricht die Vergangenheit und mit welcher Stimme? Tatsächlich ist es immer wieder dieses „Before and Beyond“ - wie ein Bild heißt, bei dem aus dem sinnlichen Frauenkörper ein Baum erwächst - ein Bild vom ewigen Kreis, von der Wiederkehr, die zugleich auf der malerischen Ebene in einer ganz bestimmten Weise stattfindet: todernst, ironisch, verspielt, dramatisch, retrospektiv und existentiell, substanziell im Sujet, aber banal in der Malweise. Der Pinsel berührt die Leinwand oft nur soweit es nötig ist, um zu komponieren und Farben wichtig zu machen. Aber das Banale ist eigentlich das Besondere, ist befreit und schwingt sich zu edlen Höhen. Das Unangemessene wird zum Juwel, die Wege treffen sich irgendwo zwischen Verfeinerung und Sensation.

Die Titel von Hennekens Bildern sprechen pseudo-philosophische Weisheiten aus. Oft handelt es sich um leicht veränderte Textfragmente von Songs. Sie führen eine eigene Bedeutungswelt an die Bilder heran, was das Delikate der Arbeiten unerwartet öffnet oder selbstvergessen entwertet. Da gibt es einen melancholischen Ton, der schnell wieder enthoben wird. Es könnte eine Drohung am Horizont auftauchen, die einen ständig begleitet wie die abstrakte Möglichkeit einer absurden Zerstörung, ein Zustand der Antizipation, der in dieses Weltbild hineingezogen ist, eine zweite Natur.

„Good Morning Great Moloch“ (Gemeinschaftsarbeit mit Stefan Rinck) ist die erste Skulptur, die Uwe Henneken entworfen hat. Der archaische Maskenkopf wirkt wie ein Relikt aus einer vergangenen oder untergegangenen Kultur, der auf mythische Weise wieder auftaucht.

Die Motive von ‚Wiederkehr’ und ,Reise scheinen sich auszuschließen: das eine hat den Charakter des Ewigen, das andere des Einmaligen. Oft steht im Hintergrund einer erzwungenen oder impulsiv beschlossenen Reise ein Verlust, der einer vertrauten Umgebung oder der eines besonderen Anderen. Aber gerade dieses Veränderung bringende Moment hat eine eigene zeitliche Logik: die des angehaltenen oder retroaktiven Zeitempfindens, denn die Zeit ist der natürliche Feind der besonderen Erlebnisse. Anke Kempkes