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Mit der Ausstellung VENUSFALLE fragt das SCHAUWERK Sindelfingen ab 08.02.2015 nach dem männlichen Blick auf das Weibliche: 75 Arbeiten von mehr als 20 bedeutenden Künstlern verdeutlichen, wie unterschiedlich das Sujet „Frau“ in der zeitgenössischen Kunst behandelt wird. Die Schau ergänzt thematisch die große Sonderausstellung LADIES FIRST!, die seit Oktober 2014 im SCHAUWERK Sindelfingen zu sehen ist.

Seit Kunstgeschichte geschrieben wird, ist die Frau eines ihrer Hauptmotive. Antike Göttinnen setzten den Standard für weibliche Schönheit, die in der Folge immer wieder neu definiert wurde. Der weibliche Körper, ob üppig barock oder puppenhaft schlank, war den Künstlern schon immer ein Experimentierfeld für künstlerische Virtuosität. Zugleich ist der Körper in der Kunst bis heute ein Politikum: Was gezeigt wird und was gesehen werden darf, ist nicht nur ein Geschmacksurteil, sondern eine Aussage über Bildmacht und Geschlechterrollen.

Die Ausstellung VENUSFALLE zeigt anhand ausgewählter internationaler Künstler, wie unterschiedlich die Frau als Thema in der zeitgenössichen Kunst auftritt. Auf Sante D’Orazios Fotografien räkeln sich weltberühmte Models in geschulten Posen der Verführung und zeugen dabei vom Werbewert des weiblichen Sexappeals. Was bei D’Orazio die „femme fatale“ ist, kippt in den Arbeiten von Zhou Tiehai ins Humorvoll-Groteske, wenn von seinen Filmplakaten keine Leinwandgöttinnen blinzeln, sondern ein selbstbewusstes Kamel. Ähnlich spielerisch schildern Alex Katz, Russell Young und Dennis Hopper ihre Frauenfiguren, die vor allem durch Pop Art-Glamour und Unnahbarkeit fazinieren.

Marcin Maciejowski und Liu Jianhua hingegen zeigen kopf- oder gesichtslose Damen. Sowohl Jianhuas kokette Porzellanplastiken als auch Maciejowskis gemalte Hollywood-Schauspielerinnen fragen nach Identität – ist die Schauspielerin nicht schneller an ihrem Outfit auf dem roten Teppich erkennbar, als an Ihrem Gesicht? Und spielt das Individuelle, Einzigartige eine Rolle, wenn die Körper austauschbar werden?

Auch auf den Fotografien von Robert Mapplethorpe ist das Gesicht des Modells größtenteils verborgen. Trotzdem zeigt sich in seiner Serie ein anderes Bild von Weiblichkeit: Statt sich dem Blick des Betrachters auszusetzen, inszeniert sich Lady Lisa (1980) vor Mapplethorpes Kamera. Sie erwartet den Blick und erwidert ihn. Mit dem Betrachterblick spielen auch Ugo Rondinone und Yasumasu Morimura. Beide täuschen die Erwartungen von definierten Rollen. Sie brechen die Grenzen zwischen den Geschlechtern bildlich auf und zeigen so, dass die Zuschreibung „weiblich“ eine künstlich gesetze Größe ist.

Das Bild der Frau, so zeigt sich in der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Positionen, ist vor allem ein Entwurf des Künstlers. Das Thema Weiblichkeit dient dabei als Projektion für einen eigenen Ausdruck, der sinnlicher, geistiger, sogar religiöser Art sein kann. Der transzendente Ausdruck im Portrait (A. Piscantor) (2001) von Thomas Ruff erinnert so an eine moderene Madonna. Anselm Kiefer, dessen Frauenskultpuren erstmals als fünfteilige Gruppe ausgestellt werden, lässt die Körper von griechischer Mythologie und jüdischer Kabbalah erzählen.

In einzigartiger Bandbreite umfasst die Ausstellung Arbeiten von jüngsten Ankäufen bis zu Klassikern der Sammlung. Von gegenständlich bis abstrakt sind gattungsübergreifend Werke aus Malerei, Skulptur und Fotografie zu sehen. Im Dialog mit der Präsentation LADIES FIRST!, die noch bis 30.08.2015 bedeutende Künstlerinnen aus der Sammlung Schaufler zeigt, ergeben sich besonders spannende Bildbezüge und ungewohnte Betrachtungsperspektiven.