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Viktoria Binschtok findet ihre Motive zumeist im öffentlichen Raum und verwendet gleichberechtigt sowohl eigenes als auch gefundenes Bildmaterial. Dabei findet sie Symmetrien kollektiver Verhaltensmuster im Alltag, deren Existenz sonst kaum bemerkenswert scheint. Erst durch die Aneinanderreihung einzelner Beobachtungen zu einer Serie und die Verschiebung des gewohnten Fokus werden Kontexte sichtbar, die scheinbar banalen Situationen plötzlich Bedeutung verleihen.

Im Mittelpunkt ihrer Ausstellung 'Suspicious Minds' stehen Männer, die in der Realität, ungeachtet ihrer Funktion, eine '"Randexistenz" führen. Viktoria Binschtok hat sich mit der medialen Flut der Abbildungen von Staatsempfängen, Ansprachen und öffentlichen Stellungnahmen auseinandergesetzt. Schaut man sich Pressebilder der Mächtigen dieser Welt genau an, so kann man eine bemerkenswerte Parallelität entdecken: hinter jedem Politiker steht mindestens ein Mann der ihn beschützt. Gerade in Zeiten von Terrorwarnung und verschärften Sicherheitsvorkehrungen ein zunehmend gewohntes Bild. Diese stets gut gekleideten Begleiter mit ernster Miene agieren unauffällig im Hintergrund. Dabei gleichen sie einander in ihrem Bemühen den vermeintlichen Fehler im System zu entdecken erstaunlich. Sie umgibt eine Aura von Abwesenheit und zugleich größter Anspannung und Konzentration. Der Gesichtsausdruck erscheint absolut gleichgültig und rückt umso mehr die Stereotypie ihrer Gesten und Haltungen in den Vordergrund.

Viktoria Binschtok löst in 'Suspicious Minds' die betreffenden Personen aus ihrem ursprünglichen Kontext des Pressebildes heraus. Dabei wählt sie Anschnitt, Blickwinkel und Bildaufbau so aus, dass deren Gesichter dem Betrachter lebensgroß entgegenblicken, aber unklar wird, wo und in welchem Zusammenhang die Aufnahme einmal entstanden ist. Lediglich aus dem kollektiven Bildgedächtnis vertraute Details weisen auf benennbare Persönlichkeiten oder Situationen hin. Diese neu entstandenen Bilder beleuchten zum einen sehr präzise den Aspekt der Authentizität fotografischer Abbildungen – worauf die stete Präsenz des Druckrasters verweist – und ermöglichen außerdem eine ungekannte Nähe zu den Subjekten. In der Realität würde dies unweigerlich das oben beschriebene System zum Einsturz bringen.

Mit dem Aspekt der Nähe ist eine weitere Facette von 'Suspicous Minds' verbunden. Indem Binschtok den Bildern Informationen entlockt, die zwar im Bild angelegt sind, aber erst durch ihren Eingriff wahrgenommen werden, stellt sich auch die Frage nach dem 'Was sehen wir auf Bildern und was geht darüber hinaus'? Hier verbindet sich die formale Besonderheit der Serie mit dem Inhalt; zu sehen sind die schon beschriebenen Gesichtsausdrücke der bodyguards, aber diese scheinen durch die Vertieftheit in ihre Aufgabe einen Blick in ihre Gedankenwelt zu offenbaren. Die Transzendenz der Bilder ist nicht durch 'Hinzuerzählen' oder 'Aufbauschen' bedingt, sondern ihre Wirkung ergibt sich aus der Entdeckung und verblüffenden Visualisierung vorhandener Sachverhalte.

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Viktoria Binschtok
Suspicious Minds