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Vivencias, der dem Portugiesischen entnommene Titel der Ausstellung, versucht mit einem Wort die spezifische Verdichtung von Kunst und Leben in Werken von KünstlerInnen aus Lateinamerika in den 1960er und 1970er Jahren zu fassen. Diese standen in einem intensiven Austausch mit KollegInnen und Kunstbewegungen in Europa und Nordamerika. In den 1960er Jahren aber trat nach einer Phase der Verarbeitung der modernistischen Kunstauffassung der westlichen Metropolen die Auseinandersetzung mit den lokalen Lebensbedingungen ins Zentrum. Nicht die Rückwendung zu den eigenen Wurzeln im Sinne von Folklore, sondern die selbstbewusste, mit Aggression aber auch mit Lust vorgetragene Neudefinition der eigenen Kultur bildete die Triebfeder vieler künstlerischer Artikulationen in Film, Musik und Literatur und in der bildenden Kunst.

Die körperliche, taktile und visuelle Partizipation der BetrachterInnen, die Tendenz zu kollektiven Arbeitsformen und das Engagement für politische, soziale und ethnische Fragen waren Gemeinsamkeiten dieser neuen Kunst. Gängige und billige Materialien kamen zum Einsatz. Gleichzeitig wurden im internationalen Vergleich relativ früh die gerade neu aufgekommenen elektronischen Massenmedien verwendet und reflektiert. All dies hatte eine Demokratisierung und Rückführung der Kunst ins tägliche Leben zum Ziel. Die KünstlerInnen verstanden sich als VermittlerInnen und manchmal auch als ErzieherInnen oder gar als TherapeutInnen. Einige schlüpften in die Rolle von AnthropologInnen, andere wiederum zeigten mit ihrer künstlerischen Aktivität politische Missstände auf.

Wie ist es möglich, diese künstlerischen Vorschläge, zum Teil 20 oder 30 Jahre später, in einen gänzlich anderen gesellschaftlichen und politischen Kontext versetzt, erfahrbar zu machen? In"vivencias" wird besonders die unmittelbare körperliche Erfahrung und die aktive Teilnahme der BesucherInnen angeregt. Dafür werden eine Reihe von raumgreifenden Arbeiten rekonstruiert und neu installiert. Diese können jenseits einer Musealisierung von historischen Kunstobjekten aktiv benutzt werden. Die KünstlerInnen definierten ihre Arbeiten als Ausdruck ihrer eigenen Lebenserfahrung. Die BesucherInnen der Ausstellung werden angeleitet, die Verbindungen, aber auch die Brüche zu diesen Erfahrungen zu erleben. Pressetext

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vivencias / Lebenserfahrung
Kuratorin: Sabine Breitwieser

mit Luis Camnitzer, Lygia Clark, Alberto Greco, David Lamelas, Lea Lublin, Cildo Meireles, Ana Mendieta, Marta Minujin, Hélio Oiticica